Warum ich gegen die Quote bin

Essay

“Du lernst es auch noch!” ist einer meiner “Lieblingssätze”. Ich habe ihn oft gehört im Laufe des Erwachsenwerdens. Mit dieser altväterlichen Zurechtweisung zur Beendigung einer Debatte wird gern auf die vermeintliche Überlegenheit aufgrund des höheren Lebensalters verwiesen. Ein vermeintliches “Totschlagargument”. Doch handelt es sich dabei nicht einmal um ein Argument. Es überzeugt nicht.

Irgendwann war man dann irgendwie “erwachsen” – und hörte den Satz nicht mehr. Erst in der Politik bin ich wieder darüber gestolpert – bei der Debatte zur Frauenquote. Gut gemeinte Zwangsbeglückung im Interesse der jungen Frauen, die es mal leichter haben sollten mit dem Aufstieg in die Verantwortung als man (frau) selbst.

“Du lernst es auch noch!” – nämlich, dass die Frauenquote nötig sei, wegen der “gläsernen Decke”, an die Frauen während ihrer Karriere stießen. Diese sei perfide: Man sehe sie nicht, gleichwohl verwehre sie den Zugang nach oben.

Trotzdem: Meine Erfahrung blieb über die vergangenen Jahre, in denen ich begonnen habe, mich politisch zu engagieren, die gleiche: Junge Frauen lehnen die Quote zumeist ab, weil sie nicht mit dem Stempel “Quotenfrau” herumlaufen wollen. Sie wissen, dass sie es auch so schaffen.

Ich persönlich halte staatlich verordnete Frauenquoten in Betrieben für eine Einmischung in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit. Quoten, die Politiker formulieren, folgen der Logik der Politik. Sie sind das, was man eine “politische Entscheidung” nennt. Damit ist meist gemeint: Es ist zwar nicht pragmatisch, aber es muss so entschieden werden, damit man einen politischen Kompromiss hinbekommt und einem die öffentliche Meinung nicht entgegenschlägt.

Unternehmerisches Handeln muss aber einer anderen Logik folgen – der der Marktwirtschaft. Darum plädiere ich auch für eine marktwirtschaftliche Lösung, wenn es darum geht, den Frauenanteil in Entscheidungsgremien zu erhöhen.

Ein Unternehmen, das erfolgreich sein will, braucht einen ordentlichen Frauenanteil. Ich halte gemischte Entscheidungsgremien für langfristig denjenigen überlegen, die noch patriarchalisch organisiert sind. Mehr Frauen in Führungspositionen zu haben, liegt also im Interesse der Unternehmen – schon deshalb, weil sie sonst bald auf talentierten Nachwuchs verzichten müssen.

Denn wenn an der Führungsebene ablesbar ist, dass Frauen hier keine Aufstiegschancen haben, werden sich die High Potentials woanders bewerben. Deshalb brauchen Unternehmen gezielte Frauenförderprogramme. Und sie sollten sich auch selbst Ziele zum erwünschten Frauenanteil im Unternehmen und deren Leitung setzen – aber eben mit Blick auf die Situation in der eigenen Branche. In einem Tiefbauunternehmen werden die Verhältnisse anders sein als in einer Kommunikationsagentur.

Zudem muss es langfristig das Ziel sein, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowohl für Frauen als auch für Männer nachhaltig zu verbessern. Flexible Arbeitszeitmodelle, Job-Sharing und Homeoffice müssen zu respektierten Arbeitsformen werden und dürfen keine negativen Einflüsse auf die Karriere haben. Dies käme nicht nur den weiblichen Führungskräften zugute, sondern würde zudem dafür sorgen, dass es mehr Frauen bis in die Führungsetage schaffen.

“Du lernst es auch noch!” Wenn ich als junge Frau, also als Angehörige der auserkorenen Zielgruppe und künftig beglückte Nutznießerin der Frauenquote es mir erlaubte, gegen diese zu argumentieren, dann kam dieser Satz. Mein persönliches Resümee: Ich bin immer noch nicht überzeugt.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Frauen und Macht. Das Heft können Sie hier bestellen.