Rhetorikcheck: Yasmin Fahimi

“Streitfall Homo-Ehe – Bekommen wir bald irische Verhältnisse?” SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi trifft bei Anne Will in der ARD zwar unter anderen auf Frauke Petry (AfD) und Thomas Goppel (CSU), dafür aber nicht immer den richtigen Ton. Doch der Reihe nach. Schließlich geht es um den Vorwurf der Diskriminierung.

Anne Will fragt: “Frau Fahimi, verhält sich die Bundesregierung diskriminierend, weil sie eingetragene Lebenspartnerschaften bislang immer noch nicht der Ehe gleichgestellt hat?” Fahimi antwortet: “Naja, es gibt einen Auftrag an die Politik, dass wir hier zu einer Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen und gemischtgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften beziehungsweise Ehen finden müssen. Der Auftrag, finde ich, ist sehr eindeutig…”

Noch wirkt Yasmin Fahimi ruhig und sachlich. Mal sehen, wie wir sie aus der Reserve locken, mag sich Anne Will gedacht haben, bevor sie ihre nächste Frage stellt: “Darf ich nochmal fragen? Verhält sich die Bundesregierung – zu der die SPD gehört – hier diskriminierend?” Antwort Fahimi: “Nein, wir verhalten uns nicht aktiv diskriminierend. Aber, es ist kein Geheimnis, dass wir als SPD uns wünschen würden, den letzten Schritt, um den es geht (gemeint ist das Adoptionsrecht), dass wir das einräumen sollten. Es gibt eine bestehende Benachteiligung, das sehe ich so!”

Es folgen Sätze, die zeigen sollen, dass die SPD in diesem Punkt moderner ist als die CDU: “Wir würden es begrüßen, wenn die Union diese Frage für sich klärt und wir den letzten Schritt, den es noch zu machen gilt, jetzt endlich geht, bevor wir auch in dieser Frage von den Gerichten eingeholt werden!” Seltsame Worte: “den letzten Schritt gehen, den es noch zu machen gilt”. Beim Nachhören bekomme ich Fracksausen! Möchte ich mich auf eine Reise, eine Wanderung mit Frau Fahimi begeben? Mit ihr gemeinsam laufen, einen Wettlauf vielleicht, bei dem uns die Gerichte einholen könnten? Redebilder und Metaphern sollten passen. Und hier frage ich mich: Wer gibt eigentlich die Richtung, das Ziel unserer Wanderung vor? Wer ist dieses “es”, das von mir den letzten Schritt verlangt, den es zu gehen gilt? – Frau Fahimi? Der Gesetzgeber? Die SPD?

Gesetz zur Antidiskriminierung = Ehe für alle?

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte vor einigen Tagen zu Forderungen nach der Öffnung der Ehe für Homosexuelle gesagt: “Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen.” In der Sendung wird ein Einspieler der Redaktion gezeigt. Wieder zurück im Studio, hakt Anne Will nach: “Sie haben gleich reagiert, Frau Fahimi, und haben gesagt, dass Sie keinerlei Verständnis dafür hätten, dass eine CDU-Ministerpräsidentin gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit Inzucht und Polygamie gleichsetzt. Wer überzieht da eigentlich, Sie oder Frau Kramp-Karrenbauer?” Und endlich, die Generalsekretärin legt jetzt los.

Fahimi: “Ich finde das eindeutig empörend! Sie hat damit ein Bild in die Welt gesetzt, das ich in der Tat empörend finde, weil niemand über Polygamie redet und Inzest steht unter dem Strafparagrafen…”

Will: “Stimmt, aber Sie sagen nicht Inzest. Sie sagen sicherlich geplant: Inzucht!”

Fahimi: “Nein…, also… Inzest… Inzucht… mir geht es um den Paragrafen.”

Will: “Haben Sie aber nicht gesagt! … Dann werden wir mit Ihnen gemeinsam anschauen, dass man durchaus auf den Inzestparagrafen gucken kann.”

Es folgt ein kurzer Beitrag über den Ethikrat der Bundesregierung und seine Empfehlung: “Die Bestrafung des einvernehmlichen Beischlafs unter erwachsenen Geschwistern sollte entfallen.” Will: “Daran hat Frau Kramp-Karrenbauer gedacht, als sie meinte, wenn wir die Ehe öffnen, dann folgt daraus in logischer Konsequenz, dass auch andere Menschen mit anderer Sexualität, die eine andere Partnerschaft leben wollen, die Ehe auch für sich einfordern.”

Wieviel Gleichheit verträgt eine Gesellschaft?

Anne Will: “Sie haben die ganze Sendung hindurch gesagt, Sie wollen eine Gleichbehandlung. Wollen Sie dann Geschwister, die heiraten wollen, auch gleich behandeln?”

Yasmin Fahimi wirkt zum ersten Mal unsicher: “Ich muss gestehen, dass ich mich mit dieser Frage nicht abschließend und ausreichend befasst habe, weil diese Frage für mich zumindest eine neue Frage ist.”

Thomas Goppel: “Ich freue mich ungemein, Frau Fahimi, dass Sie eben zugegeben haben, dass es diese Differenzierung geben muss. Ob wir mögen oder nicht. Nur an einer anderen Stelle. Und wir streiten nur über die Stelle und da sind Sie genauso nachdenklich, wie wir…”

Fazit: Yasmin Fahimi denkt und argumentiert schnell, schießt aber auch gern scharf. Ihre Stimme kommt aus der Tiefe und wirkt monoton. Das strahlt Abgeklärtheit aus. So entsteht ein Gefühl von Besserwisserei und Distanz, wo Nähe und Verbindung nötig wären – gerade bei schwierigen Themen. Auch Satzlänge, Wortwahl und die Herkunft der Argumente wirken ein wenig knöchern und lassen Esprit und Charme vermissen, die zum Brückenbauen und im Konflikt geeignet wären. Weniger Kontrolle, dafür mehr Mut zur Öffnung, Mut zu selbst erlebten Beispielen, Mut zur Empathie bitte!

 

Mimik, Gestik, Körpersprache:

Lebendiger Ausdruck:

Redeaufbau: