„Wir müssen reden!“ – Paare im Wahlkampf

Konrad-Adenauer-Studie

Gegensätze ziehen sich an – für Pärchen und Politik gilt das wohl nicht. Das ist das Ergebnis einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung, die p&k exklusiv vorliegt. Demnach vermutet die weit überwiegende Zahl der Befragten, dass die bessere Hälfte bei der Bundestagswahl dieselbe Wahlentscheidung getroffen hat, wie sie selbst. Zwei Drittel der Wähler von Union, SPD, Grünen und AfD glauben das. Etwas individualistischer geht es bei Anhängern der FDP zu. Hier glaubt nur die Hälfte, dieselbe Partei gewählt zu haben wie der Partner. Bei Wählern der Linkspartei fällt der Wert mit 44 Prozent am geringsten aus.

Viele kennen die Erfahrung, dass der Haussegen schief hängt, wenn über Politik gesprochen wird. Wird das Thema Politik in der Partnerschaft deshalb gemieden? Laut KAS-Studie wurde im vergangenen Jahr zu Hause deutlich häufiger über Politik gesprochen als noch 2019. Immerhin wurde da auch ein neuer Bundestag gewählt. Besonders diskussionsfreudig zeigten sich Paare, in denen mindestens einer der beiden die Grünen wählt. 81 Prozent von ihnen gaben an, „sehr oft“ oder „oft“ über Politik zu sprechen. Auch vier von fünf Liberalen politisierten gerne zu Hause.

Die ehemals Ersten sind jetzt die Letzten. 65 Prozent der Paare mit mindestens einem AfD-Wähler sprachen zur Bundestagswahl 2021 über Politik. 2019 waren es noch 61 Prozent. Damals reichte das für den Spitzenplatz. Studienautor Dominik Hirndorf findet das spannend. „Die Diskussionshäufigkeit bei Paaren aller Parteianhängerschaften liegt in der Wahlkampfzeit deutlich höher“, sagt er zu p&k. „Außer bei der AfD-Anhängerschaft.“ Hirndorf schlussfolgert, dass die Anhänger der Rechtspopulisten eher permanent über Politik diskutieren. Der „Wahlkampfeffekt“, über den das Politik-Thema Einzug an bundesdeutsche Abendbrottische hielt, verpuffte bei AfD-Wählern eher.

Unions- und SPD-Wähler surfen unpolitischer

Das Internet ist nicht nur gut für Fotos von Katzenbabys und Essen. Hirndorf untersuchte in seiner Studie außerdem, inwiefern Deutsche das Internet nutzen, um sich politisch zu informieren. Demnach lesen drei von vier Wahlberechtigten politische Inhalte im Internet. Nur 15 Prozent gaben an, sich im Netz nicht mit Politik zu beschäftigen. Im Vergleich zu 2019 hat die Zahl der Leser politischer Inhalte um 26 Prozentpunkte zugenommen. Der Anteil der Nichtleser hat sich halbiert.

Besonders für Anhänger der FDP, Grünen, AfD und Linken ist das Internet eine wichtige Plattform, um sich mit Politik zu beschäftigen. Hier gaben jeweils mindestens acht von zehn Wählern an, das Internet zum Lesen politischer Inhalte zu nutzen. Demgegenüber surfen Unionswähler eher nicht politisch. 33 Prozent verbringen ihre Zeit vermutlich lieber mit Fotos von Katzenbabys und Kontaktpflege auf Facebook – oder nutzen das Internet gar nicht.

Häufig berichten Medien über Shitstorms und explodierende Kommentarspalten. Wie sinnvoll das ist, muss nach den Ergebnissen der KAS-Studie zumindest bezweifelt werden. Hier geben nur 13 Prozent der Befragten an, politische Inhalte online zu kommentieren. Die Meinung der weit überwiegenden Zahl der Nutzer lernen wir auf diesem Weg also nicht kennen. 23 Prozent der Online-Leser liken politische Beiträge, 22 Prozent teilen und verbreiten sie weiter.

Hier hat sich im Vergleich zu 2019 wenig verändert. Im direkten Parteivergleich interagieren AfD- und Linken-Anhänger überdurchschnittlich oft, am seltensten gibt es Reaktionen von Unions-Wählern. Die beliebtesten Plattformen sind hierbei Facebook und Instagram. „Die Anhängerschaften der Linken und der AfD nutzen die sozialen Netzwerke offenbar besonders stark, um sich hier mit Gleichgesinnten zusammenzuschließen“, sagt Studienautor Hirndorf zu p&k. Dies führt er darauf zurück, dass bei den beiden Anhängerschaften ein höheres Misstrauen gegenüber den etablierten Medien herrscht, sodass die Nutzung sozialer Medien attraktiver erscheint.

Wähl mich!

Ein Heimspiel haben AfD und Linkspartei auf den sozialen Plattformen trotzdem nicht. Am häufigsten sahen die Befragten hier die Wahlwerbung der Grünen, Union und SPD. Deutlich weniger wurde die Werbung von AfD und Linkspartei gesehen. Immerhin scheint Wahlwerbung auf sozialen Netzwerken mit ihren rund 12 Millionen registrierten Wahlberechtigten in Deutschland zu funktionieren: nur 19 Prozent der politikaffinen Nutzer sozialer Netzwerke gaben an, keine Wahlwerbung auf Online-Plattformen wahrgenommen zu haben.

Ob die erhöhte Wahrnehmung mit den Werbeausgaben der Parteien zu erklären ist, vermag Studienautor Hirndorf nicht eindeutig zu beurteilen. „Zumeist spiegeln sich diese unterschiedlichen Mittel auch in der wahrgenommenen Wahlkampfkommunikation der Parteien wider“, sagt er zu p&k. „Dies scheint auch für den Bereich der sozialen Netzwerke insgesamt zu gelten, wenngleich die genauen Ausgaben für diesen Teilbereich nicht bekannt sind.“

Im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung hat Infratest dimap zwischen dem 30. September und dem 20. November 2021 insgesamt 4.000 Personen telefonisch befragt (Umfrage 1030 der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.). Die Befragung fand im sogenannten Dual-Frame-Modus statt, bei dem 40 Prozent der Interviews über Mobilfunk und 60 Prozent über Festnetz durchgeführt wurden. Die Umfrage ist repräsentativ für die wahlberechtigte deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 18 Jahren.