„Grüne Höllenwelt“

p&k: Herr Fornoff, für das ZDF haben Sie drei Jahre lang aus Washington berichtet – aus unmittelbarer Nähe zum Kapitol und zum Weißen Haus. Jetzt geht es auf den Mainzer Lerchenberg. Warum eigentlich?
Matthias Fornoff: Die drei Jahre, die ich in Washington verbracht habe, waren journalistisch gesehen eine sehr anspruchsvolle Zeit. Die Wahl des ersten schwarzen US-Präsidenten ist nur ein Beispiel dafür. Doch jetzt geht mit der Moderation der „Heute“-Nachrichten eine neue Tür auf. Ich wusste, dass ich irgendwann nach Deutschland zurückkommen würde. Außerdem habe ich bereits viele Jahre meines Lebens hier verbracht – der Mainzer Lerchenberg ist daher nichts Bedrohliches für mich.

Gilt das auch für das neue ZDF-Nachrichtenstudio, das aufgrund seiner Größe und seines Anstrichs innerhalb des Senders gern „Grüne Hölle“ genannt wird?
Gut, es ist riesig, und es ist grün – trotzdem fühle ich mich darin wohl. Ich weiß ja auch, dass es hinter der grünen Höllenwelt noch Leben gibt. Aus meiner Sicht ist das Studio einfach ein großer Fortschritt für den Sender, schließlich ist es das modernste Nachrichtenstudio Deutschlands.

In Washington waren Sie Leiter eines kleinen, rund 25 Personen umfassenden Studios. Jetzt die große Nachrichtenredaktion des ZDF: Müssen Sie sich umstellen?
Für mich ist der Lerchenberg oder das Arbeiten in einem solchen System nicht ungewohnt. Bevor ich nach Washington gegangen bin, war ich sieben Jahre lang Chef vom Dienst in der ZDF-Chefredaktion. Ich kenne die Strukturen und viele der handelnden Personen. Ich weiß also, was auf mich zukommt.

Welche US-typischen Eigenschaften nehmen Sie mit nach Deutschland?
Was ich mitnehme, ist dieser bedingungslose Optimismus. Auf Deutsche wirkt das oft ein bisschen naiv, aber es hat etwas sehr dynamisches und lebensbejahendes. Die miesepetrige Grundhaltung, wie sie in Deutschland oft zu entdecken ist, finden Sie in den USA kaum. Die Grundhaltung dort ist: Wir packen an und schaffen das. Inhaltlich nehme ich viel Wissen mit: über das politische System und vor allem über die Wirtschaft. Denn während meiner Zeit in den USA wurde das Land auch von der Finanz- und Wirtschaftkrise erschüttert.

Sie haben auch einen lebensgroßen Papp-Obama aus dem US-Büro mitgenommen.
Den habe ich mitgenommen, das stimmt. Ich bin mir sicher, dass die Kollegen ihn vermissen werden, aber sie sollten schnell einen Ersatz für ihn finden.

Unterscheidet sich der amerikanische vom deutschen Journalismus?
Die wertende Berichterstattung nimmt in den USA immer mehr zu. Fox News berichtet beispielsweise stark aus repu-blikanischer Sicht, während MSNBC demokratisch geprägt ist. Ich halte das für eine bedauerliche Entwicklung, die zurzeit aber erfolgreich ist: Je stärker sich ein Sender in den USA politisch ausrichtet, umso mehr Zuschauer erreicht er.

Claus Kleber, Tom Buhrow, Matthias Fornoff: drei Journalisten, die für ihre Sender aus den USA berichtet haben und dann als Moderatoren nach Deutschland geholt wurden. Wollen die Öffentlich-Rechtlichen ihre Nachrichtensendungen amerikanisieren?
Nein, das glaube ich nicht. Es gibt ein paar Dinge, die ein Journalist in den USA lernen kann. Genauso gut können amerikanische Journalisten aber auch etwas in Deutschland lernen. Amerikanisierung würde ich das also nicht nennen. Es stimmt aber, dass die Nachrichtensendungen in Deutschland durch ehemalige US-Korrespondenten an Gewicht zulegen können. Die politischen Entscheidungen, die in Washington getroffen werden, bestimmen an vielen Tagen die weltweite Berichterstattung – und der deutsche Korrespondent ist dementsprechend oft zu sehen. Glaubwürdigkeit und Weltoffenheit: Ich denke, darum geht es.

Steffen Seibert, Ihr Vorgänger bei den „Heute“-Nachrichten, ist seit August Regierungssprecher. Für Sie – aus journalistischer Sicht – ein problematischer Wechsel?
Aus ZDF-Sicht sicherlich ein schwieriger Wechsel. Er war jahrelang ein bekanntes Gesicht des Senders und ist jetzt in die Politik gewechselt. Es war aber eine ganz persönliche Entscheidung. Ich finde das nicht unehrenhaft und kann mich darüber auch nicht erregen. Mein Ziel ist ein solcher Wechsel nicht. Ich bin Journalist – und zwar mit Herz und Seele.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Lass uns Freunde sein. Das Heft können Sie hier bestellen.