Donald Trump war wütend. Sehr sogar. Anfang März, nach der sechsten Woche seiner Präsidentschaft, reiste der 70-Jährige gefrustet nach Florida. Dort, in seinem herrschaftlichen Anwesen Mar-a-Lago, war er König. Dort konnte er Golf spielen und musste sich nicht mit den Russlandproblemen seines Justizministers auseinandersetzen. Keine Leaks, keine Pressekonferenzen, keine Fake News.
Der „Washington Post“ zufolge hatte Trump zuvor im Oval Office seiner Wut freien Lauf gelassen. Der Republikaner wurde dabei so laut, dass zahlreiche Journalisten aus dem White House Press Corps aufmerksam wurden. Trump reiste aufgebracht in Richtung Florida ab und nahm lediglich Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner mit. Stabschef Reince Priebus und Berater Steve Bannon mussten in Washington bleiben und die Wogen glätten.
Der Vorfall zeigt: In Krisenzeiten vertraut Trump nur wenigen Personen. Wer sind sie? Wer hat den größten Einfluss? Und wer muss das Weiße Haus vielleicht wieder verlassen? Eine Übersicht.
Mike Pence: der Stellvertreter
Er weiß, wie die Netzwerke in der US-Hauptstadt funktionieren: Mike Pence ist Trumps Vize – und verfügt über viele Attribute, die seinem Chef fehlen. Der ehemalige Abgeordnete und Gouverneur von Indiana ist ein erfahrener Politiker, der auch mit Kompromissen leben kann. Als Trumps Brückenbauer soll Pence im Kongress um Unterstützung für die Agenda der Regierung werben.
Der 57-Jährige ist tief religiös, lehnt Abtreibungen und gleichgeschlechtliche Ehen ab. Viele Liberale stehen mit ihm auf Kriegsfuß und befürchten, worüber in Washington seit geraumer Zeit spekuliert wird: Sollte Trump über einen Skandal stürzen, stünde Pence auch als dauerhafter Nachfolger bereit.
Joe Biden, Amtsvorgänger von Pence, galt als Barack Obama mächtigster Einflüsterer. Biden hatte Obamas Zusicherung, bei jeder weitreichenden Entscheidung der letzte Mann im Raum zu sein. Über diesen Einfluss verfügt Pence nicht – noch nicht.
Reince Priebus: der Organisator
Reince Priebus hat eine der einflussreichsten Positionen, die es traditionell im Weißen Haus gibt. Als Stabschef verwaltet er die Termine des Staatschefs und entscheidet, wer ins Oval Office vorgelassen wird. Doch Priebus hat ein Problem: Steve Bannon steht als Chefstratege auf einer ähnlichen Stufe.
Der 44-jährige Priebus ist ein erfahrener Strippenzieher der Republikaner. In den vergangenen sechs Jahren konnte er als Vorsitzender des Republikanischen Nationalkomitees enge Verbindungen zu Abgeordneten, Senatoren, Geldgebern und Aktivisten aufbauen.
Wichtig für Trump: Priebus kann gut mit Paul Ryan, dem Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses. Beide Politiker wuchsen im Bundesstaat Wisconsin auf und sind eng befreundet. Droht dem Präsidenten Ärger im Kongress, kann Priebus rechtzeitig Alarm schlagen. Trotzdem gibt es immer wieder Gerüchte über seine baldige Ablösung.
Steve Bannon: der Chefstratege
Steve Bannon ist Trumps einflussreichster Berater, der Architekt seiner Regierungsagenda. Der 63-Jährige war von 2012 bis 2016 Chef der ultrakonservativen Webseite Breitbart News.
Für viele überraschend bekam Bannon auch einen Sitz im Nationalen Sicherheitsrat. Trumps Ex-Wahlkampfleiter ist deshalb mit einer großen Machtfülle ausgestattet. Zusätzlich zu allen politischen Entscheidungen wird Bannon auch über alle Fragen der nationalen Sicherheit informiert.
Trumps düstere Antrittsrede („America First, America First“) stammte in großen Teilen aus der Feder von Bannon. Dieser bezeichnete die Presse als Erster als „Oppositionspartei“, wenig später nutzte auch der Präsident den Begriff.
Immer wieder tauchen Gerüchte über eine Rivalität zwischen Bannon und Priebus auf. Fakt ist: Der Präsident vertraut seinem Chefstrategen bedingungslos. Seinen Stabschef sieht Trump lediglich als nützlichen Berater an.
Stephen Miller: der Aufsteiger
Mit seinen 31 Jahren hat es Stephen Miller in der US-Politik weit gebracht. Der Politikberater arbeitete einst für den heutigen Justizminister Jeff Sessions und schloss sich dann Trumps Wahlkampfteam an. Nach dem Sieg des Republikaners wurde Miller für seinen Einsatz mit dem Posten eines politischen Beraters belohnt.
Miller gilt als ähnlich radikal wie Chefberater Bannon. Beide verachten das Establishment, Liberale sind für sie Versager und naive Verfechter einer lähmenden Political Correctness. Als Trumps Redenschreiber kann Miller das öffentliche Bild seines Chefs maßgeblich mitbestimmen.
Das Dekret, mit dem die US-Regierung Ende Januar ein Einreiseverbot für Bürger aus mehrheitlich muslimischen Staaten verhängte, geht maßgeblich auf Bannon und Miller zurück.
Sean Spicer: der Erklärer
Er dürfte den schwierigsten Job in der US-Hauptstadt haben: Als Regierungssprecher muss Sean Spicer nicht nur die Politik von Trump erklären, sondern auch dessen Wutausbrüche auf Twitter. Der 45-Jährige steht seit seinem ersten offiziellen Auftritt massiv unter Druck.
Ende Januar lieferte er sich mit Journalisten im Weißen Haus ein weltweit beachtetes verbales Scharmützel über die Zuschauerzahlen bei Trumps Vereidigung vor dem Kapitol.
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Die Belohnung: eine ebenfalls weltweit beachtete Parodie bei „Saturday Night Live“ durch die Schauspielerin Melissa McCarthy.
Mit vielen Journalisten aus dem White House Press Corps steht Spicer auf Kriegsfuß – das gilt vor allem für Redakteure großer Verlage („New York Times“) und Medienhäuser (CNN).
Michael Dubke: der Neue
Immerhin kann sich Spicer nun ganz auf seine Aufgabe als Regierungssprecher konzentrieren. In den ersten Wochen der neuen Regierung war er auch Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses. Der Grund: Trump fand niemanden, der den Posten übernehmen wollte.
Mitte Februar endete die Suche. Michael Dubke, ein langjähriger republikanischer PR-Berater, soll Spicer nun entlasten und die Kommunikationsstrategie der Regierungszentrale entwerfen.
Der 46-Jährige ist seit Jahren mit Spicer befreundet und gilt als geschickter Organisator. Ob sie Erfolg haben werden, lässt sich schwer beurteilen. Noch immer sorgt Trump mit seinen Twitter-Tiraden für ein kaum zu kontrollierendes PR-Chaos.
Hope Hicks und Dan Scavino: die Quereinsteiger
Neben Spicer und Dubke kümmern sich vor allem Hope Hicks und Dan Scavino um die PR-Strategie des Weißen Hauses. Als Direktorin für strategische Kommunikation wirkt Hicks fast ausschließlich hinter den Kulissen, Scavino verantwortet die sozialen Medien.
Beide verfügen über kuriose Werdegänge: Hicks, die bereits als Model und Schauspielerin arbeitete, geriet 2014 über Tochter Ivanka ins Trump-Universum und kümmerte sich bald um die Öffentlichkeitsarbeit des Republikaners. Die 28-Jährige gilt als wortkarg, die „Washington Post“ nannte sie einst ein „fast unsichtbares Wesen“.
Und Scavino? Er war in den neuniziger Jahren Trumps Golf-Caddie. Mittlerweile verschickt der 40-jährige Kommunikationswissenschaftler für den Präsidenten Tweets auf dem von Vorgänger Barack Obama übernommenen @Potus-Account. Fast 16 Millionen Follower lesen die Nachrichten. Privat postet Scavino öfter Links zu kruden Inhalten des Verschwörungs-Portals InfoWars.
Kellyanne Conway: die Spin-Doktorin
In den ersten Tagen von Trumps Amtszeit agierte Kellyanne Conway oft als das Gesicht der neuen Regierung. Die 50-jährige Ex-Wahlkampfmanagerin trat in Talkshows auf und verteidigte wortgewandt und lächelnd die Entscheidungen des Staatschefs. Die Präsidentenberaterin wurde weltberühmt.
Lange Zeit hatte Conway Erfolg. Selbst ihr hanebüchener Ausdruck der „alternativen Fakten“, den sie in Bezug auf die offenbar übertriebene Zahl der Zuschauer bei Trumps Vereidigung prägte, ließ sie im Weißen Haus nicht in Ungnade fallen.
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Mittlerweile steht Conway massiv unter Druck. Durch das von ihr erfundene „Massaker in Bowling Green„, eine Intervention für Ivanka Trumps Modelinie („Kauft ihre Sachen!“) und offenbar nicht mit dem Weißen Haus abgestimmte Äußerungen kurz vor der Entlassung von Sicherheitsberater Michael Flynn geriet sie ins Abseits.
Noch steht Trump zu seiner Beraterin. Das könnte sich schnell ändern. Denn eines mag der Präsident gar nicht: mit Leuten zu arbeiten, die ihn schlecht aussehen lassen.
Jared Kushner und Ivanka Trump: die Familie
Er gilt als „Erster unter Gleichen“: Trump Schwiegersohn Jared Kushner hat, so wird in Washington gemunkelt, oft das letzte Wort, wenn der Präsident mit seinen Beratern tagt. Gleichzeitig verfügt Kushner als „Senior Advisor“ über nahezu ungehinderten Zugang in die privaten Räume des Staatschefs. Selten zuvor hatte ein politischer Berater mehr Macht.
Der Ehemann von Trumps Tochter Ivanka stand bereits an der Seite seines Schwiegervaters, als Beobachter dessen Präsidentschaftskandidatur noch milde belächelten. Der 36-Jährige gilt als seriöser Verhandler und besonnener Entscheider.
An Kushners Seite steht dessen Frau Ivanka, Trumps Tochter aus erster Ehe mit Ivana. Von keinem seiner Kinder spricht er so viel wie von ihr. Auftritte von Ehefrau Melania dürften auch in Zukunft eine Seltenheit bleiben – die 35-jährige Unternehmerin (Schmuck und Mode) füllt dieses Vakuum.
Neben Chefberater Bannon sind Jared Kushner und Ivanka Trump die Schlüsselfiguren im innersten Zirkel des Präsidenten.
Keith Schiller: der Bodyguard
In den vergangenen 17 Jahren war Keith Schiller für Donald Trumps Sicherheit verantwortlich. Der ehemalige New Yorker Polizist scheute dabei auch nicht vor Gewalt gegen Demonstranten zurück. Trump nahm seinen Ex-Bodyguard einfach mit ins Weiße Haus. Dort ist Schiller nun für die Sicherheit des Staatschefs zuständig – ein Affront gegenüber den sonst zuständigen Secret-Service-Agenten.
Wieder einmal zeigt sich, dass Trump vor allem eines belohnt: unbedingte Loyalität.