Auslöser der Untersuchung war eine Aussage des stellvertretenden AfD-Landesvorsitzenden Maximilian Krah. Dieser hatte behauptet, in Chemnitz seien 60 Frauen vergewaltigt worden, davon 56 durch Migranten. Die Zahlen stellten sich als frei erfunden heraus.
Forscher haben daraufhin 242 Pressemitteilungen der AfD aus dem Jahr 2018 ausgewertet, die sich mit Straftaten befassen. Dabei untersuchten sie die beschriebenen Kriminalitätsphänomene, die Täter- und Opferbilder und auf welche Weise Kriminalität und Zuwanderung verknüpft wurden.
Die Analyse zeigt: Die AfD stellt Kriminalität von Ausländern unverhältnismäßig stark in den Mittelpunkt. 95 Prozent der beschriebenen Tatverdächtigen sind Nichtdeutsche. Bei den verbliebenen 5 Prozent an deutschen Tätern wird jeweils auf einen Migrationshintergrund oder eine geringe Tatbeteiligung verwiesen.
Grafik: siehe Analyse
Weitere Auffälligkeiten gibt es hinsichtlich der Nationalitäten der nichtdeutschen Tatverdächtigen. 47 Prozent der von der AfD thematisierten Straftaten gehen auf das Konto von Syrern, Afghanen und Irakern – also den Hauptherkunftsländern der Asylsuchenden seit 2015. Gemäß polizeilicher Kriminalstatistik kommen allerdings nur 5,2 Prozent der mutmaßlichen Straftäter tatsächlich aus diesen Ländern. Dagegen blieben fünf der zehn am häufigsten polizeilich registrierten Nationalitäten von der AfD gänzlich unerwähnt – Menschen aus Rumänien, Polen, Serbien, Italien und Russland.
Populistische Politik will bestimmte Stimmungen erzeugen sowie vorhandene Stimmungslagen zu politischen Zwecken ausnutzen und verstärken. Ein wesentliches Merkmal ist die Thematisierung eines Gegensatzes zwischen dem „Volk“ und einer „Elite“. Die Forscher schlussfolgern daher, dass die Fokussierung auf Syrer, Afghanen und Irakern bezweckt, das Narrativ eines Staatsversagens durch die angebliche „Grenzöffnung“ 2015 aufrechtzuerhalten. Dadurch könne die AfD die Regierungsparteien für die Straftaten der Asylsuchenden verantwortlich machen und den Graben zwischen „Volk“ und „Eliten“ vertiefen.
Über die Analyse
Die Analyse „Kriminalität in Deutschland im Spiegel von Pressemitteilungen der Alternative für Deutschland (AfD)“ wurde von Thomas Hestermann, Professor für Journalistik an der Hochschule Macromedia, und Elisa Hoven, Inhaberin des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht und Medienstrafrecht an der Universität Leipzig, durchgeführt. Untersuchungsgegenstand waren Stellungsnahmen und Pressemitteilungen der AfD zu Straftaten in Deutschland, die zwischen dem 1. Januar und dem 30. Oktober 2018 vom Bundesverband, den Landesverbänden sowie von der Bundesfraktion und den Landtagsfraktionen veröffentlicht wurden. Die komplette Analyse gibt es hier.