Politische (Social-Media-)Kommunikation 2024

Kolumne

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Jahr ist angelaufen und es ist schon wieder viel passiert. Und es wird – politisch und an Wahlkämpfen gemessen – auch noch viel passieren: drei Landtagswahlen in Deutschland, am 9. Juni die Europawahlen, die Wahlen in den USA und und und…

In diesem Zuge müssen sich politische Kommunikatorinnen und Kommunikatoren in Unternehmen, Verbänden, NGOs und Institutionen überlegen: Wie sollten wir kommunizieren? Wie politisch wollen/müssen wir sein? Worauf müssen wir achten?

Die aktuelle Gemengelage

Soziale Medien werden immer weniger „social“. Dazu habe ich in der „Zeit” einen spannenden Artikel gelesen, den ich euch gerne ans Herz legen möchte. Auf den digitalen Plattformen hat das Senden von Botschaften Einzug gefunden. Egal, ob ein Unternehmen oder ein Politiker kommuniziert: Es geht nicht mehr nur um die dialogische Kommunikation, die teilweise durch zu viel Hatespeech und Fake-Bots in den Kommentarspalten gar nicht mehr primär anvisiert werden kann, sondern eher darum, seine Botschaften zu platzieren.

Daher verlagert sich die „soziale“ Kommunikation immer stärker in geschlossene Chat-Gruppen bei WhatsApp, BeReal (im Privaten) oder in andere Messenger-Dienste. Zu groß ist die Gefahr für Institutionen, im digitalen öffentlichen Raum einen Fehler zu begehen, der sich direkt auf Umfragewerte, Aktienkurse oder Marktwerte auswirken kann.

Teilweise stellt sich eher der Trend ein, lieber weniger kommunizieren und dafür qualitativ hochwertiger.

Was 2024 wichtig wird

  • Die Entwicklung auf Instagram: Meta verkündete jüngst, dass auf den Plattformen Instagram und Threads organisch keine politischen Beiträge mehr an potentielle Follower ausgespielt werden, es sei denn man „erlaubt“ dies explizit in seinen Einstellungen. Im laufenden Superwahljahr wird das aus meiner Sicht den größten Effekt auf das haben, was noch kommen wird. Kommunikatoren in den Parteizentralen müssen umdenken, Werbebudgets umschichten und sich generell die Frage stellen, wie damit umzugehen ist. Meine Prognose: Andere Plattformen werden dadurch relevanter werden. Aus meiner Sicht ein großes Eigentor für Meta.
  • LinkedIn: Da Instagram (leider) immer uninteressanter für die politische Kommunikation zu werden scheint, ist LinkedIn nach wie vor die Plattform der Stunde, um politische Themen zu teilen und vor allem, um die politische Zielgruppe zu erreichen. Trotzdem schleicht sich dort aktuell das Gefühl von „Genervtheit“ ein: Teilweise besteht LinkedIn nur noch aus Erfolgsgeschichten, Selbstbeweihräucherung und Ratschlägen zur Work-Life-Balance. Ich bin gespannt, wie sich LinkedIn in diesem Jahr entwickeln wird.
  • TikTok auf dem Vormarsch: Gerade in Hinblick auf die Europawahlen und die US-Wahlen wird TikTok immer spannender. Wie auch im Wahlkampf in Indonesien zu sehen war, TikTok ist die Plattform der Stunde. Neulich hat das Wahlkampfteam von Joe Biden seinen offiziellen Account – „@bidenhq“ – gestartet und als Zuschauer befinde ich mich zwischen den Überlegungen: „Muss das so?”, „Das ist ja ganz schön cringe, oder?” und „Bin ich zu alt dafür?“ TikTok kann, wie man in anderen Ländern beobachten kann, einen immensen Einfluss auf Wahlkämpfe haben. Aber ob das auch so bei uns in Deutschland für die Bundestagswahlen gelten kann, steht meiner Meinung noch in den Sternen. Stichwort: Plattformregulierung. Jüngst hat die EU ein Verfahren wegen Jugendschutzbedenken gegenüber TikTok eröffnet. More to come…
  • Followerzahlen werden uninteressanter: Um den eigenen Erfolg auf Social Media zu messen, sollten künftig andere Indikatoren gewählt werden. Vor allem die Reichweite sowie das Erreichen der definierten Zielgruppe sind entscheidend. Oftmals möchte man als Unternehmen oder Verband ja gar nicht die ganze Bevölkerung erreichen. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich von der Fixierung auf Followerzahlen zu befreien.

Was können wir daraus ableiten?

Wir merken immer mehr, welchen Einfluss die politischen Entscheidungen der Plattformanbieter (siehe: Instagram wird unpolitischer) und die Plattformregulierungen (wie die von der EU) haben. Und wie viel Spielraum den Kommunikatorinnen und Kommunikatoren dann noch bleibt. Das generell einmal kritisch darüber gesprochen werden muss, steht fest. Jedoch sind uns an vielen Stellen die Hände gebunden und wir müssen uns mit diesen neuen Gegebenheiten abfinden und unsere Kommunikationsstrategien daran anpassen.

Zu guter Letzt möchte ich noch auf zwei tolle Netzwerk-Neugründungen im Bereich der politischen Kommunikation hinweisen:

1. Nina Weise und Anna Mohrs haben den „Young Political Communicators Club (YPCC)” gegründet, der zum parteiübergreifenden Austausch zwischen Young Professionals in der politischen Kommunikation einlädt. Teil des Angebots sind Netzwerk-Events, Fuck-up-Nights und Exkursionen.

2. Julia Black hat jüngst das „Polytics Network” gegründet. Ziel ist es, Menschen zusammenzubringen, die in der politischen Kommunikation arbeiten. Neben spannenden Events gibt es einen Marketplace.

Mit diesen tollen Initiativen kann man doch nur positiv ins Jahr starten. Egal, ob man im Verband, in einer Partei im Parlament oder in einem Unternehmen arbeitet: uns treibt alle die politische Kommunikation um, daher ist vor allem in den jetzigen Zeiten ein gemeinsamer Austausch umso bedeutender.

Best,

Theresa