Herr Maderthaner, welche Mittel haben sich für Sie im Wahlkampf besonders bewährt?
Eine breite Palette. Zum einen haben wir durch die sozialen Medien wie Facebook und zunehmend auch Instagram gute Möglichkeiten, Menschen anzusprechen, mit denen wir bisher nicht in Kontakt waren. Zum anderen sind E-Mails nach wie vor der Mobilisierungstreiber schlechthin. Das Ziel von Kampagnen ist es, Menschen aus den sozialen Netzwerken in die eigenen E-Mail-Listen, Whatsapp- und sonstigen Verteiler zu konvertieren. Das sehen wir nach wie vor als Königsdisziplin im Online-Campaigning an.
Welche Vorteile haben E-Mails?
Sie ermöglichen eine hochgradige Individualisierung der Kommunikation. Diese Qualität haben soziale Netzwerke wie Facebook nicht. Dort können zwar spezifische Zielgruppen angesprochen werden, der Schlüssel in der politischen Mobilisierung ist aber die Eins-zu-eins-Beziehung. Und die gibt es nun einmal nur im persönlichen Gespräch über E-Mail, SMS oder Whatsapp.
Haben Sie im Wahlkampf von Sebastian Kurz auch besonders auf E-Mails gesetzt?
Ja, absolut. Wir haben auf der einen Seite eine breite Anhängerschaft auf Facebook mobilisiert. Unsere Kampagne hat sich aber von allen anderen darin unterschieden, dass wir 300.000 Menschen direkt als Unterstützer der Kampagne rekrutiert haben. Das heißt, wir hatten sie individuell ansprechbar in unserer Datenbank. Das bringt natürlich einen massiven Vorteil in der Mobilisierung.
Wie genau haben Sie diese Unterstützer gewonnen?
Wir haben über einen Zeitraum von fünf Monaten rund 200 Mikrokampagnen gefahren. Zum Beispiel haben wir es Menschen ermöglicht, uns mit wenigen Klicks zu sagen, was sie gerade in ihrem Leben bewegt. Im Gegenzug haben wir ihnen ein personalisiertes Wahlprogramm angeboten, das nur jene Dinge beinhaltet, die sie auch persönlich betreffen. Natürlich haben wir mit dieser Aktion auch Erkenntnisse darüber gewonnen, wofür die Menschen in unserer Kampagne wirklich brennen.
Welche Trends sehen Sie generell in der Kampagnenführung?
Soweit ich das sehe, gab es 2008 mit dem Grassroots-Ansatz von Barack Obama die letzte Disruption in der politischen Kampagnenführung. Wir haben starke Evolutionsschübe, keine Frage, gerade in den USA, wo die noch präzisere Ansprache von Wählerinnen und Wählern auf Datenbasis betrieben wird. Aber seit 2008 geht es vor allem um eine Sache: Wie sind wir in der Lage, One-to-one-Beziehungen zu den Menschen aufzubauen, die für unsere Sache wichtig sind? Und die Herausforderung, diese Eins-zu-eins-Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, wird immer komplexer, weil Menschen heute entscheiden können, ob sie lieber über Whatsapp, Facebook Messenger oder E-Mail kommunizieren. Dem müssen sich Kampagnen stellen.
Philipp Maderthaner gründete 2012 das österreichische Campaigning Büro, das auch eine Dependance in Berlin hat. Maderthaner gilt als Kanzlermacher hinter der Kampagne für Sebastian Kurz (ÖVP).
Mehr Infos zur Kampagne für Sebastian Kurz hier im ausführlichen Interview.
Das Political Campaign Festival, das die Quadriga Hochschule Berlin und politik&kommunikation gemeinsam veranstalten, findet am 30. Januar im Quadriga Forum in Berlin statt. Weitere Informationen finden Sie hier.