„Wir bleiben Letten“

p&k: Schuldenkrise, Sparzwänge, Streitereien: Derzeit sind die Euro-Staaten alles andere als ein Dream-Team. Wie wollen Sie die Letten ausgerechnet jetzt davon überzeugen, dass der zum 1. Januar 2014 geplante Beitritt zur Euro-Zone richtig ist?
Dace Kalsone: Indem wir mit ihnen darüber diskutieren und ihnen die Vorteile einer Euro-Einführung vor Augen führen. Im ganzen Land finden derzeit im Rahmen unserer Kampagne Informationsveranstaltungen statt. Dabei geht es darum, deutlich zu machen, welche Vorteile Lettland von der Euro-Einführung hat, zum Beispiel ein positives Investitionsklima für die heimische Wirtschaft.
Wie werden diese Veranstaltungen angenommen?
Das Interesse ist groß, vor allem bei lokalen Unternehmern, öffentlichen Einrichtungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Viele Bürger sind froh, über die Euro-Einführung diskutieren zu können. Aus unserer Sicht positiv verlaufen  die Diskussionen vor allem dann, wenn jemand dabei ist, der sich mit den Vorteilen des freien Zahlungsverkehrs auskennt.
Welche Einstellung haben die Teilnehmer solcher Info-Seminare mehrheitlich zur Euro-Einführung?
Das ist sehr unterschiedlich. Natürlich sehen manche die Euro-Einführung kritisch. Das hängt aber auch von der aktuellen Nachrichtenlage ab: Wenn es schlechte Neuigkeiten aus der Euro-Zone gibt, verunsichert das die Leute.
Die Einführung einer neuen Währung ist das eine, das Verschwinden der alten das andere. Gerade in Lettland dürften viele den Verlust der Landeswährung als sehr schmerzlich empfinden.
Das stimmt. Für viele ist der Lats ein Symbol für die Geburt unseres Landes. Schon zwischen den beiden Weltkriegen war der Lats ein Zeichen für die erste Unabhängigkeit Lettlands. Aber wir werden auch ohne Lats Letten bleiben, genauso wie die Deutschen ohne D-Mark Deutsche geblieben sind.
Wofür wird der Euro in Lettland stehen?
Für Meinungsführer wie die bekannte Popgruppe „Instrumenti“ ist der Euro ein Symbol für Solidarität: Die stärkeren Länder unterstützen die schwächeren. Und der berühmte lettische Komponist Pēteris Vasks sagt, Lettland müsse sich stärker in die Europäische Union integrieren und die Euro-Einführung sei ein logischer Schritt auf dem Weg dorthin.
Arbeiten Sie gezielt mit solchen prominenten Euro-Befürwortern zusammen?
Nein, diese Statements stehen nicht im Zusammenhang mit unserer Informationskampagne. Aber natürlich sind wir froh, dass es sie gibt. Denn die Leute vertrauen Prominenten, Freunden, Lehrern oder der Kirche eher als dem Finanzministerium oder der Zentralbank.
Ab Mai wollen Sie ihre Informationskampagne intensivieren. Was heißt das konkret?
Dass wir sie stärker auf bestimmte Zielgruppen wie etwa ältere Menschen fokussieren. Senioren haben andere Zahlungsgewohnheiten als jüngere Menschen: Sie zahlen häufiger bar und nutzen seltener Online-Banking. Ein Schwerpunkt wird auf der russischsprachigen und der Landbevölkerung sowie auf Analphabeten und Menschen mit Behinderung, also auf sozial benachteiligten Gruppen, liegen.
Wie wollen Sie diese erreichen?
Indem wir die Medien stärker einbinden und eng mit sozialen Einrichtungen und Organisationen zusammenarbeiten, deren Mitarbeiter dafür eigens geschult werden. Außerdem haben wir Info-Material in einfacher und in russischer Sprache sowie in audio- und visueller Form vorbereitet. Menschen ohne Internetzugang erhalten dieses Info-Material per Post. Wir schicken es auch an die Gefängnisse, um deren Insassen zu informieren.
Was haben Sie sich von der Euro-Einführung in Estland abgeschaut?
Dass es gut ist, die Informationskampagne so früh wie möglich zu starten und die Post als Kooperationspartner mit an Bord zu haben.
Wie erfolgreich war aus Ihrer Sicht die Info-Kampagne bisher?
Wir haben festgestellt, dass seit Ende des vergangenen Jahres positive Einstellungen dem Euro gegenüber zugenommen haben. Laut Umfragen sieht zurzeit mehr als ein Drittel der Bevölkerung die geplante Euro-Einführung als vorteilhaft an. Das ist auch ein Erfolg unserer Kampagne.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Im Auftrag des Herrn – wie die Kirche ihre Macht wahrt. Das Heft können Sie hier bestellen.