Da der Lockdown und die Kontaktbeschränkungen sehr plötzlich verhängt wurden, mussten sich die eingesetzten Systeme und Prozesse für das digitale Team- und Projektmanagement in der Public-Affairs-Arbeit unter den veränderten Bedingungen beweisen. Klappt die Abstimmung im Team und mit dem Kunden ganz ohne persönlichen Kontakt und komplett vom Homeoffice aus? Können alle auf die nötigen Unterlagen zugreifen? Funktioniert die Projektplanung?
Wer wie wir schon vor der Corona-Krise sehr mobil und in dezentralen Teams gearbeitet hat, konnte sich glücklich schätzen, weil so die Abläufe und Tools bereits erprobt waren. Besonders bewährt hat sich die im Team von Elfnullelf schon vor Corona eingesetzte agile Methode des Daily-Standup-Meetings. Jeden Morgen berichten darin alle Kolleginnen und Kollegen des Beraterteams kurz was sie am Vortrag erledigt haben, was für heute ansteht und wo es gegebenenfalls Probleme gibt. Da das Meeting auch per Videokonferenz im Stehen stattfindet, dauert es nur 15 Minuten. Hilfreich ist auch, ein digitales Wissens- und Datenmanagement zu implementieren.
Das Corona-Reframing
Mit den drastischen staatlichen Maßnahmen wurde Corona in nur wenigen Tagen zu dem beherrschenden Thema in den Medien und in der Politik. Für die Public-Affairs-Arbeit machte dies ein zügiges Reframing notwendig. Wie wirkt sich die Corona-Krise auf bisherige politische Anliegen aus? Verschärft sich dadurch die Situation? Wie könnte eine politische Lösung unter den neuen Bedingungen aussehen?
An diese Kriterien mussten alle bestehenden politischen Anliegen angepasst werden. Denn Themen ohne Bezug zur aktuellen Krise haben bis auf Weiteres so gut wie keine Chance politisches Gehör zu finden. Diese Probleme und Anliegen sind mit Corona allerdings nicht erledigt. Sie geraten lediglich in den Hintergrund und werden die politische Agenda voraussichtlich deutlich massiver treffen, sobald sich die Lage wieder normalisiert.
Interessenvertretung per Videokonferenz
Die Vertraulichkeit des persönlichen Gesprächs war im politischen Berlin das Maß aller Dinge. Mit Corona geriet dieses ungeschriebene Gesetz plötzlich ins Wanken. Selbst dort wo es im Deutschen Bundestag und in einigen Ministerien anfänglich noch technische Hürden oder Bedenken gab, wurden in kürzester Zeit Lösungen eingeführt, um den Austausch per Videokonferenz zu ermöglichen.
Christoph Nitz und Fabian Haun mit Andrea M. Schneider bei der Veranstaltung „Sitzungswoche Werkstatt“. Die „Sitzungswoche Werkstatt“ ist eine Plattform für die Suche nach neuen Methoden, digitalen Tools und Skills, die die Arbeit in Politik und Kommunikation erleichtern sollen (c) Christian von Polentz für meko factory
Inzwischen sind Gespräche von Unternehmens- oder Verbandsvertreter mit Politikern per Videokonferenz fast genauso normal, wie sie es in anderen Branchen bereits seit vielen Jahren sind. Die Sicherheit und Vertraulichkeit des Gesprächs müssen mit den richtigen Lösungen in keiner Weise darunter leiden. Ein überaus positiver Nebeneffekt ist vielmehr, dass dank der neuen Flexibilität Gespräche mit Bundestagsabgeordneten nicht nur in Sitzungswochen des Parlaments in Berlin stattfinden können.
Guter digitaler Content ist King
Durch die Kontaktbeschränkungen verlagert sich die Aufmerksamkeit verstärkt auf den digitalen Raum. Wir erleben deshalb aktuell eine Vielzahl von Webinaren, Podcasts, Blogs und Social Media Posts. Im Internet gilt jedoch der Grundsatz: Guter Content ist King. Wer mit politischen Themen seine Zielgruppe erreichen will, der braucht kreative Formate und vor allem gute und überzeugende Inhalte. Bei Elfnullelf haben wir deshalb einen Politikfeldmonitor zu verschiedenen Themenfeldern entwickelt und wir werden in Kürze einen interaktiven Online-Workshop für eine erfolgreiche Public-Affairs-Arbeit anbieten.
Events im politischen Raum: Bemerken, begegnen und berichten
„Tschüss, mach’s gut und see you!“ – der flapsige Gruß Angela Merkels an Markus Söder entwickelte sich zum Hit in den sozialen Netzwerken. Die Corona-Krise hat Events im politischen Raum grundlegend verändert. Man sieht sich seltener bei Empfängen, politischen Frühstücken oder Sommerfesten.
1. Digitalisierung geht auch bei politischen Events
Ein Event zahlt am besten für den Initiator ein, wenn es über das eigentliche Ereignis hinaus in soziale Medien und die Öffentlichkeit verlängert wird. Die Erhöhung der Wirksamkeit beginnt mit der Bewerbung und beinhaltet die gezielte Nachbereitung in den verschiedenen Kommunikationskanälen. Interessant ist auch, wenn man aktuelle Ereignisse mit Events verknüpfen kann. Hier kann mit künstlicher Intelligenz schon bald viel an Wirkung erzielt werden.
Über einzelne Events hinaus sollte die Zielgruppenansprache kontinuierlich erfolgen und aus Teilnehmern kann eine Community gebildet werden. Oft wurde in der Zeit vor der Corona-Krise viel Geld für ein Einzelevent budgetiert, dessen Wirkung sich aber nur kurzzeitig entfaltete. Live-Kommunikation wird Bestandteil nachhaltiger Kommunikationsstrategien und wird besonders bedeutsam an der Schnittstelle von Public Affairs und Public Relations.
Digitale Tools erweitern die Möglichkeiten, Events zu planen, durchzuführen und nachhaltig zu teilen und zu dokumentieren. Wir sollten diese digitalen Chancen auch künftig nutzen und nicht einfach zurück in die Zeit vor Corona kehren.
2. Eigene Flagge setzen vs. Präsenz auf dem Marktplatz
Die Ziele für Veranstaltungen wandeln sich schon seit einigen Jahren – dieser Trend setzt sich in der Corona-Krise fort. Weg vom Good-Old-Boys-Networking im Kaminzimmer mit Zigarren und Whisky hin zum inhaltlichen Austausch.
Zuerst gilt es zu analysieren, ob meine Botschaft am besten auf einem Marktplatz präsentiert werden sollte – Netzwerktreffen, Veranstaltungen von Verbänden, Präsentationen bei Konferenzen oder Messen – oder ob ich mit einem eigenen Event Flagge zeigen sollte.
Die digitalen Möglichkeiten von Tools wie dem altgedienten Adobe Content, über Webex und Gotomeeting bis hin zum allgegenwärtigen Zoom erweitern den inhaltlichen Austausch enorm. Und schnell trennt sich die Spreu vom Weizen: Never a dull moment – die alte Forderung an Kommunikatoren, nicht zu langweilen und die Aufmerksamkeit ihres Publikums nicht zu verschwenden – gilt hier mehr als bei analogen Events.
Eine alte Regel besagt, dass ein Meeting genauso viel Zeit für die Vorbereitung beanspruchen sollte wie seine geplante Dauer. Ein parlamentarischer Abend sollte also inhaltlich auf Top-Level-Ebene mindestens zwei Stunden intensiv vorbereitet werden. Über Steve Jobs, dessen Präsentationen bis heute als Beispiel gelungener Kommunikation gelten, wird berichtet, dass er jede Sekunde seiner Auftritte minutiös probte. Wir sollten auch im politischen Raum einem Event die gebührende Vorbereitung geben.
3. The debate should be televised
Seit rund zwei Jahren setzen wir bei größeren Events auf den Einsatz von Social-Media-Desks und bevorzugen Fotografen, die technisch in der Lage sind, die Fotos der Veranstaltung für das Desk nahezu in Echtzeit zu liefern. Fotos, die man zwei Tage nach der Veranstaltung in eine Bildergalerie stellt, vergeben viele Anlässe, Aufmerksamkeit zu bekommen. In der Corona-Krise wurden viele Events bis hin zu Konferenzen und Messen in digitale Formate gewandelt. Aber einfach ein Zoom-Meeting anzusetzen entspricht nicht den Ansprüchen unserer Zielgruppe im politischen Raum. Mit wenig Budget und Aufwand kann man schon heute das dreidimensionale Hybrid-Event bieten.
Man mischt auf der Bühne Gäste, die digital zugeschaltet werden mit den vor Ort anwesenden Gästen und Moderatoren. Das Geschehen auf der Bühne kann man nun aufzeichnen und als Livestream zur Verfügung stellen. Experten wie Sebastian Jabbusch von LivestreamBerlin bieten maßgeschneiderte Lösungen mit mehreren Kameras und professionellem Liveregie und -schnitt. Durch die Krise boomt dieser Markt. Allerdings sieht man einem professionell mitgeschnittenen Event deutlich an, wie viel Sorgfalt in die Vorbereitung investiert wurde. Das Streaming in den anonymen Raum von Facebook oder Youtube bietet nicht die Möglichkeiten, die wir uns für politische Netzwerkveranstaltungen wünschen.
Hier können Community-Plattformen wie Crowdcast helfen. Man zeigt hier den Livestream der Veranstaltung und die Gäste können miteinander auch ins direkte und private Gespräch kommen. So können die Vorteile einer Bühne und eines Auditoriums in den digitalen Rahmen übersetzt werden. Die Exklusivität durch eine Anmeldung bleibt gewahrt und wir können genau sehen, wer an dem Event teilnimmt. Mehr oder minder anonyme Ausstrahlungen auf Youtube oder Facebook-Kanälen bieten kein Community-Gefühl und werden von den potenziellen Adressaten nicht als wertiges Event wahrgenommen. Sie wirken wie breit gestreute Massenwerbung. Das widerspricht einer zielgerichteten Kommunikationsstrategie.
Mit dem Mediensalon „Medien in der Corona-Krise und danach“ konnten wir diese drei Dimensionen mit mehr als 200 Gästen für den digitalen Kanal Basecamp on Air testen. Auch Veranstaltungsprofis fiel es nicht auf, dass die Bühne nicht im Community-Tool lokalisiert war. Die verschiedenen technischen Ebenen fügten sich zu einem passenden Gesamteindruck zusammen.
Für die Zeit nach der Corona-Krise sind dreidimensionale Hybrid-Event die Benchmark. Man kann die Vorteile von Bühne, Auditorium und digitalem Raum kombinieren. Besonders in der Einwerbung von spannenden Speakern hat sich die Zuschaltmöglichkeit durchgesetzt. Wozu soll man einen Experten mit enormen Kosten an den Ort des Events bringen, wenn man den gleichen Effekt mit einer Zuschaltung erzielen kann.
Moderne TV-Technik kann für vergleichsweise geringes Budget zum Einsatz kommen und nach dem eigentlichen Event kann das Event on-demand in der Mediathek weiteres Interesse generieren. Mit dem Mediensalon konnten wir durch intensive Nachbereitung insgesamt eine Reichweite von 1,1 Millionen Kontakten in Social Media Kanälen erreichen. Welcher parlamentarische Abend der guten alten Zeit könnte da gleichziehen.
4. Public Affairs braucht Public Relations – wer im politischen Raum Erfolg haben will, sollte die mediale Wirkung im Auge behalten
Politsche Entscheidungen fallen oft nach öffentlichen Debatten und politische Ziele können nicht gegen die Öffentlichkeit durchgesetzt werden. Der alte Satz der Rundfunker „Das versendet sich“ gilt in der neuen digitalen Medienwelt nicht mehr.
Man sollte es nicht dem Zufall überlassen, wie über ein Event berichtet wird. Das Social Media Desk, das die sozialen Medien in Echtzeit mit den zentralen Botschaften der Veranstaltung versorgt, ist Pflicht. Den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt und wir können Reichweite generieren.
Sogar die G20-Regierungschefs lernten schnell, dass es nicht immer der Flug mit großem Gefolge sein muss, um eine Besprechung auf Top-Level-Ebene durchzuführen. Für viele Arbeitstreffen sind Videokonferenzen der geeignete Rahmen. Wir werden in Zukunft mit unserer Zeit ökonomischer umgehen und viele Prozesse und auch Ereignisse werden ins Netz verlagert. Events sollten immer in die sozialen Kanäle verlängert werden und ihre Vor- und Nachbereitung sollte Top-Level-Issue werden. Das persönliche Treffen wird in Public Affairs immer eine wichtige Rolle spielen, denn Beziehungen bauen auf persönliche Begegnungen. Wir werden aber die enormen Zeit- und Effizienzverluste durch An- und Abreise zu Routinemeetings einsparen und mehr Qualitity-Time in hochwertigen Fachdialogen und Netzwerkformaten erleben.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Public-Affairs-Arbeit durch die Corona-Krise einen Digitalisierungsschub erfahren hat – und das ist auch gut so. Die neuen Kanäle und Präsentationsformen gehen nicht mehr weg – ebenso wie das Internet nicht mehr verschwindet. Brechen wir auf und entdecken die Möglichkeiten von „Neuland“. Nutzen wir die Chancen, die uns Zukunft auch und gerade in Public Affairs bieten. Und zuletzt: „Stay hungry. Stay foolish.“