ADAC muss Abschied nehmen von seinem Club-Gebaren

Die Debatte um die Manipulationen bei einer Mitgliederumfrage des ADAC zeigt nahezu beispielhaft den Ablauf einer Kommunikationskrise: 

  •  ein Vorwurf kommt auf (bei der Abstimmung über das „Lieblingsauto der Deutschen“ für den „Gelben Engel“ sollten die Teilnehmerzahlen manipuliert worden sein);
  • die betroffene Organisation (der ADAC) dementiert erst mal heftig und lässt sich gar zu Medienschelte hinreißen;
  • der Vorwurf konkretisiert und bewahrheitet sich;
  • der ADAC übt sich in später Reue;
  • nach den besonders harten Dementis wird diese Reue als nicht mehr ausreichend kommentiert;
  • sogenannte Experten melden sich zu Wort und stellen Grundsatzfragen;
  • um die Berichterstattung – und Kommentierung – weiter zu rechtfertigen, wird der „Fall“ verallgemeinert – der öffentlich-rechtliche Rundfunk macht aus einer einfachen Befragung gleich einen „Test“ und stellt dann „die anderen Test“ des ADAC schon mit auf den Prüfstand;
  • es werden gleich ALLE Preisauszeichnungen für Automobile in Frage gestellt;
  • die Politik bemächtigt sich des Themas – und fordert natürlich auch bedingungslose Aufklärung – letztlich wird dann die Glaubwürdigkeit des Autofahrerclubs insgesamt bezweifelt…

Wie konnte es zu dieser Krise kommen?

Wieder einmal zeigt sich in diesem Fall: Eine Kommunikationskrise ist umso schwerer beherrschbar, je länger man sie schwelen lässt. Es ist wie beim Autofahren: Ob es zu einem Unfall kommt, entscheidet sich meist am Anfang – bremsen muss man sofort, schnell und heftig.

Der ADAC hat – offenbar auf Basis unvollständiger Kenntnis der Fakten – zunächst  die Wahrheit geleugnet. Die Spitzen des Clubs haben sich dabei sehr exponiert. Erst dadurch konnte ein Einzelfall zu einer Krise des ganzen Clubs zu einem Versagen der Organisation hoch stilisiert werden. Die Medien – die von Anfang an keinen Zweifel haben mussten, dass die in der „Süddeutschen Zeitung“ zuerst erhobenen Vorwürfe der Manipulation stimmten – solidarisierten sich nicht nur mit den renommierten Kollegen, sie „drehten die Geschichte gleich auch weiter“. Da der eigentliche Vorwurf dementiert worden war, konnte in Kommentaren auch die Grundsatzfrage gestellt werden.

Die betroffene Organisation aber läuft seitdem der Kommentierung hinterher:

  • die schnelle Trennung von dem für den eigentlichen „Fall“ Verantwortlichen (und dessen Schuldeingeständnis sowie Entschuldigung) reichte am fünften Tag nach Ausbruch der Krise nun nicht mehr;
  • inzwischen wird die Frage nach der Kompetenz „grundsätzlich“ gestellt;
  • der ADAC wird aufgefordert „Konsequenzen“ zu ziehen (dabei bleibt offen welche…)

Hätte es direkt nach der Veröffentlichung in der „Süddeutschen Zeitung“ vielleicht noch gereicht, die Verfehlung zuzugeben, und Untersuchung und Offenlegung des „Falls“  verbunden mit einer Änderung des Procederes in der Zukunft zu versprechen, so muss jetzt der ADAC selbst um seine Glaubwürdigkeit kämpfen.

Was der ADAC jetzt dringend machen sollte

Der Club muss jetzt, in allen, wirklich allen, seinen Geschäftsfeldern größte Transparenz versprechen – und dann auch liefern. Der ADAC muss – als Folge dieser Kommunikationskrise – in der Kommunikation endgültig Abschied nehmen von seinem Gebaren als „Club“ und sich auf allen seinen Geschäftsfeldern verhalten wie eine börsennotierte Aktiengesellschaft: mit Quartalsberichten und Bilanzen, mit einer offenen Kommunikation,  mit schneller und ausführlicher Beantwortung aller Fragen, die gestellt werden. Er muss Einblick gewähren in all seine Aktivitäten, er muss sich in einer offenen Gesellschaft dieser Gesellschaft auch wirklich und ernsthaft öffnen.

Insoweit hätte das mangelhafte Krisenmanagement in diesem Einzelfall vielleicht sogar Gutes bewirkt.

Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Online-Portal unseres Partnermagazins “Pressesprecher”.