"Frauen brauchen Verbündete im ­Publikum"

Interview

Was möchten Sie mit der Degepol W ­erreichen?

Maija Salvén: Wir haben uns als Netzwerk von Politikberaterinnen für Politikberaterinnen im Rahmen der bestehenden Degepol gegründet. Denn wir haben festgestellt: Obwohl die Branche an sich sehr ausgewogen ist, was Männer und Frauen angeht, ist innerhalb des Netzwerks eine rege Beteiligung der Männer festzustellen, und weniger der Frauen. Das wollen wir ändern.

Geraldine Schroeder: Letztlich ist unsere Arbeit durch Corona noch wichtiger geworden. Man hat gesehen, dass viele Panels zur Krise rein männlich besetzt waren. Offenbar gab es bei Organisatoren eine Scheu, sich paritätisch zu positionieren. Aber auch eine Scheu von weiblichen Teilnehmern, das Wort zu ergreifen.

Sie meinen, den Panels hat eine weibliche Sicht gefehlt?

Salvén: Ich glaube gar nicht, dass es diese spezifisch weibliche Sicht, etwa mitfühlende, empathische Qualitäten gibt, die da so anders sind. Sondern es geht darum: wenn man immer nur Männer befragt, die ja zur überrepräsentierten Gruppe gehören, die sich seit Hunderten von Jahren gegenseitig die Welt erklären, dann hat man immer nur diese eine Sicht. Frauen einzubeziehen ist einfach eine Frage der notwendigen Balance.

Schroeder: Genau. Ich halte es außerdem für demokratiestabilisierend und notwendig für die Pluralität jeder Debatte. Wenn wir mehr Frauen als Expertinnen und Politikerinnen sehen, gibt es natürlich für Frauen auch mehr Identifikationspotential.

Inga Karten: Dazu kommt das Phänomen des Bienen­königin-Syndroms. Den Begriff nannte eine Teilnehmerin einer unserer Veranstaltungen. Heißt: Solange Frauen in männerdominierten Kontexten auftreten, empfinden sie immer zusätzlich die Bürde, nicht nur für sich, sondern repräsentativ für das ganze Geschlecht zu sprechen.

Karoline Tippelt-Wohl: Das war auch einer der Gründe, warum wir Degepol W gegründet haben: Wir müssen einfach die Realität besser abbilden. In unserer Branche sind ungefähr genauso viele Männer wie Frauen tätig. Trotzdem liegt der Frauenanteil unter den Mitgliedern der Degepol bei nur 15 Prozent. Unabhängig von der Expertinnen- und Panelfrage wollen wir Frauen ermuntern, sich selbstverständlich in ihrem Branchenverband zu zeigen.

Inga Karten ist Politikwissenschaft­lerin und ist seit fast fünfzehn Jahren als Politik­beraterin tätig. ­Nachdem sie ­mehrere Jahre in ­Brüssel und ­Washington D.C. ­gearbeitet hat, ist sie seit 2017 Mitglied des Leadership-­Teams bei ­Miller & Meier Consulting und verantwortet dort den Bereich ­Mobilität, ­Infrastruktur und Industrie­politik. Inga Karten ist Mitglied des Advisory Board des FIPRA Network, einem globalen Netzwerk inhaber­geführter Politik­beratungen, bei Women in Leadership Europe, ­Mentorin bei MentorMe und Co-Gründerin von Degepol W. (c) Andreas Schwarz

Ist das auch eine Scheu von Frauen: sich zu organisieren oder zusammenzutun?

Sabine Schmidt: Politische Parteien haben ja dasselbe Problem. Viele Ortsvereine sind sehr männlich geprägt. Offensichtlich nehmen sich Frauen weniger Zeit, zusätzlich zu ihrem beruflichen und privaten Leben aktiv zu sein. Andererseits engagieren sie sich stark in der Freiwilligenarbeit. Vielleicht gibt es gerade in der Politik und unserer Branche ein Hindernis für Frauen, sich in Verbänden zu organisieren. Hier ist es wichtig, Vorbilder zu haben. Wenn ich mich als junge Frau frage, ob ich in einen Verein eintreten will, gehe ich doch eher hin, wenn ich da eine Kommilitonin oder Freundin kenne.

Mit welchen Veranstaltungen und Formaten versuchen Sie, Frauen gezielt anzusprechen?

Karten: Natürlich geht es bei unseren Veranstaltungen auch um den persönlichen Austausch; wir haben aber auch die Erfahrung gemacht, dass Frauen nicht nur um des Treffens Willen zu Treffen kommen. Sie fragen sich: Was bringt mir das?

Tippelt-Wohl: Aus meiner Erfahrung in der Nachwuchs­organisation der Degepol weiß ich, dass Frauen ein „Nettwerk“ nicht genügt. Es muss auch ein „Nutzwerk“ sein – die Mischung macht‘s. Eines unserer Degepol-W-Formate sieht deshalb vor, dass eine spezifische Frage in einer Stunde intensiv diskutiert wird. Die Rückmeldungen waren sehr positiv. Der klassische Stammtisch der Young Professionals-Community dagegen war zwar gut besucht, kam aber gerade bei den Kolleginnen in der Weise nicht an.

Durch Corona müssen viele Formate digital stattfinden. Ist das ein Nachteil?

Karten: Im Gegenteil. Die Digital-Formate kommen gut an. Man kann bequem von zu Hause aus am Schreibtisch diskutieren, ohne aufwendig irgendwohin zu fahren. Das spart Zeit und die Veranstaltung lässt sich leichter in den Tagesablauf integrieren, was gerade Frauen, die mit Familie und Job jonglieren, entgegenkommt. 

Schroeder: Wir haben das Netzwerk-Rad nicht neu erfunden. Aber wir nehmen einen wichtigen Erfahrungswert auf: Offenbar geben sich weniger Frauen als Männer damit zufrieden, sich einfach beim Bier auszutauschen. Vielleicht legen Frauen auch ein besonderes Augenmerk auf Effizienz. Dafür fehlt ihnen oft, wie ich finde, die spielerische Leichtigkeit der Männer. Die gestatten sich schon auch Formate, wo es nicht um Wissenserwerb geht. Bei Frauen gibt es das eher im Privaten.

Maija Salvén Haas ist seit 18 Jahren ­international als Politik­beraterin im ­Corporate Bereich (­Digital, Tech & Financial ­Services) tätig. Derzeit leitet sie die Interessen­vertretung eines führenden Unternehmens in der Tech Branche in Deutschland und der Nordischen Region. Als Philosophin und Politikwissenschaftlerin sowie als ausgebildete systemische Coachin interessiert sie sich vor allem auch für die Strukturen und Prinzipien individueller gesellschaftlicher Mitgestaltung. (c) privat

Haben Sie alle eine gemeinsame Vision für Ihre gemeinsame Arbeit?

Salvén: Was uns verbindet, ist der Beruf. Es ist keinesfalls so, dass wir bei allen Themen einer Meinung sind, etwa was die Gendersprache betrifft. 

Karten: Uns eint die Einsicht, dass Netzwerke wichtig für den beruflichen Erfolg sind. Viele Frauen wollen sich beweisen, dass sie es ganz allein schaffen und halten Netzwerken für Klüngel. Ein Netzwerk ist aber vor allem eines: hilfreich. Wir wollen einen Beitrag leisten, dass Netzwerken bei Frauen einen höheren Stellenwert bekommt, damit die vielen tollen Frauen der Branche sichtbarer werden und ihre Arbeit nicht nur im Verborgenen machen.

Tippelt-Wohl: Was uns ausmacht ist unsere Vielseitigkeit und dass wir aus unterschiedlichen beruflichen Erfahrungen unsere Perspektiven beitragen können.

Was halten Sie denn von ­Quoten?

Schroeder: Hier sind wir uns tatsächlich einig. Repräsentanz ist wichtig, auch als Signal für junge Frauen: „If you see them, you can be them“.

Salvén: Man kann über die philosophische Herleitung der Quote diskutieren – doch solange wir darüber diskutieren, und sich sonst nichts verändert, verlieren wir einfach Zeit.

Karten: Wir haben nicht die Legitimation als Degepol W, politische Forderungen zu stellen. Das wollen wir auch nicht. Es geht uns darum, Normalität in unsere Branche zu bringen. Hoffentlich ist es bald überflüssig, über solche Instrumente reden zu müssen.

Hat sich in Ihrer Branche denn in den ­vergangenen Jahren etwas verbessert?

Salvén: Viele Themen sind männlich besetzt. Man hat das gesehen, als Ursula von der Leyen Verteidigungsministerin wurde. Ein häufig gehörtes Argument gegen sie lautete, sie habe nicht gedient, also eine relevante Erfahrung nicht selbst gemacht. Bei den Gynäkologen schien das allerdings nie jemanden zu stören.

Schroeder: Ja, natürlich hat sich etwas bewegt, aber klar ist doch auch: Wir stehen nicht auf einer Rolltreppe, die automatisch nach oben fährt. Wir müssen uns konkret fragen: Wie können wir zu weiterem Fortschritt beitragen? Dazu wollen wir Vorbilder sein.

Schmidt: Wenn ich an meinen ersten parlamentarischen Abend als Mitarbeiterin eines Bundestagsabgeordneten zurückdenke, finde ich, es hat sich in den letzten 20 Jahren doch einiges getan. Früher waren da fast ausschließlich Männer im Anzug. Ich fiel aus der Reihe. Dieses Bild hat sich gewandelt: man trifft jetzt auch Leute ohne Krawatte. Es ist lockerer geworden, bunter, diverser. Aber wir sind noch lange nicht an einem Punkt, wo es fifty-fifty ist. Auch People of Color sind unterrepräsentiert.

Tippelt-Wohl: Ich bin noch nicht so lange in der Branche wie die anderen. Aber auch ich habe schon mal die Erfahrung gemacht, nicht ernst genommen zu werden. Da wird der zwei Meter große Praktikant neben mir nach seiner Visitenkarte gefragt, obwohl ich das ganze Gespräch geführt habe.

Schmidt: Ja, das passiert vielleicht auch mal einem Mann. Aber es gibt wohl keine Frau im Geschäft, der das noch nicht passiert ist. 

Salvén: Wir wollen gemeinsam Erfolge verstärken. Auch Misserfolge und Attacken wollen wir miteinander teilen. Hatespeech in Social Media ist ein riesiges Thema für Frauen im politischen Bereich. Jede Frau, die sich exponiert, geht ein Risiko ein. Diese Bedrohung ist systemisch. Trotzdem müssen viele Frauen alleine damit zurechtkommen, das kann nicht richtig sein.

Sabine Schmidt arbeitete nach ihrem Jurastudium für einen Bundestags­abgeordneten und bei einer Partei­zentrale im Bundestagswahlkampf 2002. Sie war als Angestellte einer Beratungs­gesellschaft für das BMFSFJ tätig, arbeitete anschließend einige Jahre erneut als Mitarbeiterin von Bundestags­abgeordneten und entschied sich 2011 für einen Wechsel auf die Seite der Wirtschaft. Nach mehreren Jahren Verbands­arbeit ist sie seit 2017 für ein ­internationales Medien­unternehmen tätig. Berufs­begleitend promovierte Sabine Schmidt zur Dr. rer. pol. (c) privat

Das heißt, Sie bewältigen solche unschönen Erfahrungen zusammen?

Karten: Das klingt nach einer Selbsthilfegruppe (alle lachen). Wir veranstalten keine Therapiestunden. Das Ziel ist es eher, bei einer Veranstaltung eine Verbündete im Publikum zu haben, die bei bescheuerten Fragen auch mal aufsteht und darum bittet, dass die kompetente Kollegin zu ihrem Fachgebiet gefragt wird und nicht nach ihren Schuhen.

Schroeder: Es bleibt trotzdem wahr, dass Frauen da durchmüssen. Es ist eine Übergangsphase, Etablierte verlieren Macht. Da werden wütende Rückzugsgefechte geführt.

Salvén: Wir können auch Formate anbieten, die zum Beispiel Schlagfertigkeit oder den Umgang mit sexistischen Sprüchen trainieren.

Schroeder: Es bleibt trotzdem wahr, dass Frauen da durchmüssen. Wir sind in einer Übergangsphase, Etablierte verlieren Macht. Da werden wütende Rückzugsgefechte geführt. Gerade jetzt werden große Organisations- und Arbeitsprozesse wegen der Corona-Krise umgestaltet. Unser Netzwerk will einen kleinen Beitrag leisten, dass die Hälfte der Menschheit, nämlich die Frauen, hier Umfelder zukunftsfähig mitgestalten wollen und werden.

Viele von Ihnen haben auch im ­Ausland ­gearbeitet. Sind andere Länder weiter als ­Deutschland? 

Salvén: Ich komme aus Skandinavien und habe in verschiedenen Ländern gearbeitet. Es gibt tatsächlich Unterschiede. In Deutschland kommt mir die Rollenverteilung noch sehr traditionell vor.

Karten: Es gibt bei Frauen in Deutschland eine größere Zurückhaltung, sich in Frauen-Netzwerken zu engagieren aus Sorge, dass man den Stempel „Quotenfrau“ aufgedrückt bekommt. In Ländern wie Frankreich und den USA ist das Netzwerken völlig normal. Und: Einer berufstätigen Frau wird in Deutschland oft die Frage gestellt, wer sich zu Hause jetzt um die Kinder kümmert. In Frankreich, Skandinavien oder den USA ist das gar kein Thema.

Wie ist die Situation in der Politik ­insbesondere?

Schmidt: In unserer Branche sind vor allem Abendveranstaltungen nicht besonders familienfreundlich. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf  sollte aber kein Frauenthema sein, sondern ein gesamtgesell­schaftliches.

Geraldine Schroeder kam nach ersten ­Stationen in Kultur­management und Fernseh­journalismus zur Kommunikation. Sie arbeitete etliche Jahre in Unternehmen der­ ­Energie- und Maschinenbaubranche und wechselte vor vier Jahren auf die Beratungsseite. Heute ist sie Geschäftsführerin der Kommunikationsagentur Grayling Deutschland, die zur internationalen ­Grayling-Gruppe gehört. (c) Mike Auerbach

Welche Bereiche haben Sie identifiziert, wo Sie als Degepol W aktiv sein können?

Schmidt: Als große Schlagworte würde ich sagen: Vernetzen, sichtbarer werden, voneinander lernen.

Schroeder: Und: Nachwuchs ermuntern, zeigen: Es gibt uns, kommt in unseren Bereich, traut euch! Ich treffe Frauen, die sind erst 26 und ganz verzagt. Und andere, die sagen: Wir müssen nichts tun, der Fortschritt kommt von allein. Das stimmt aber nicht, siehe oben.

Tippelt-Wohl: Wir legen Wert auf Einbindung und Vielfalt. Die mittlere Ebene wird häufig ausgespart und sich selbst überlassen. Wir sprechen deshalb auch die Middle Professionals an, etwa über Angebote zum Austausch zwischen den beruflichen Ebenen.

Wie wichtig ist das ­Auftreten und die ­Erscheinung für Frauen in der Politik?

Salvén: Es ist frappierend, wie viel man sich als Frau mit der eigenen Erscheinung beschäftigen muss, um professionell wahrgenommen zu werden, nicht „als Frau“. Und das in einer Branche, wo man gar nicht unsichtbar sein kann.

Karten: Angela Merkel hat das elegant gelöst und mit ihren Jacketts die Effizienz zu Mode gemacht. Sie trägt quasi Uniform. Damit hat sie das Thema für sich abgehakt. Ich frage mich, ob es ein Zeichen der Gleichberechtigung ist, dass auch mehr über die Outfits von Männern gesprochen wird.

Schmidt: Bei Heide Simonis, der ersten Frau an der Spitze einer Landesregierung, wurden meiner Erinnerung nach häufig die Kleidung und speziell ihre Hüte kommentiert. In dieser Hinsicht war die Merkel-Uniform sicher hilfreich, um von der Kleiderfrage abzulenken und Merkel hat so ihr Bild als Kanzlerin geprägt.

Salvén: Trotz Merkel stellt sich für viele Frauen die Frage, wie sie sich verhalten sollen. Sollen sie als Einzelne herausstechen oder sich der Männerwelt anpassen? Frauen sind in ihrer Ausdrucksfähigkeit immer noch nicht frei. 

Karten: Ich habe während meiner vier Jahre in den USA meinen Kleidungsstil geändert, trage jetzt häufiger Kleider zur Arbeit. In Deutschland hatte ich immer Hosenanzüge getragen, um seriös zu wirken und nicht aufzufallen. In den USA kleiden sich die Frauen in Politik und Unternehmen viel weiblicher – und werden trotzdem ernst genommen.

Karoline ­Tippelt-Wohl hat neben dem Politikstudium in Deutschland und Frankreich Station in Abgeordneten­büros auf Landes-, Bundes- sowie EU-Ebene gemacht. Seit vier Jahren ist sie in ­Berlin im Bereich ­Public Affairs tätig, zunächst als ­Referentin des Berufsverbands Degepol. Im Maschinenraum der Politik­beratung verantwortete sie die ­Verbandsarbeit in den ­Themen Ethik,­Transparenz, Nachwuchsförderung und Branchen­entwicklung. Heute ­arbeitet sie als Consultant bei Miller & Meier ­Consulting im Bereich Mobilität und­ ­Infrastruktur. (c) Andreas Schwarz

Aber hat Merkel das überhaupt revolutioniert? Sie hat sich dem doch durch ihre Uniform ­entzogen.

Karten: In gewisser Weise hat sie damit das Männerspiel mitgespielt. Sie hat das Äquivalent zum Anzug gefunden.

Schmidt: Merkel war doch noch nie ein Typ, der sich um Klamotten geschert hat. So eine Frau dazu zu bringen, einen ganz anderen Typ aus sich zu machen, hätte nicht funktioniert und das wäre auch nicht authentisch. Dass man authentisch bleibt, finde ich auch für unsere Branche wichtig.

Salvén: Ich finde den Begriff Authentizität irreführend. Er kann auch zu Misserfolg führen. Unsere Gegenüber begegnen uns mit gewissen Erwartungen. Wenn wir die nicht erfüllen und anecken, stolpern sie erst einmal, anstatt inhaltlich zuzuhören.

Schmidt: Ich gebe Dir recht, wir müssen uns im Job natürlich entsprechend kleiden. Männer haben es da einfacher, die ziehen sich ihren Anzug an und fertig. 

Tippelt-Wohl: Dafür sind einige Kollegen neidisch auf die Frauen, denn die Individualität der Männer endet meist bei den Socken. Einer modebewussten Frau wird jedoch eher die Kompetenz abgesprochen; bei einem Mann mit Schuhsammlung ist Stil „authentisch“. Eigenschaften und Rollen werden unterschiedlich bewertet: Er ist führungsstark, sie ist verbissen. Er ist kompetent, sie ist besserwisserisch. Er ist Familienvater, sie ist Karrierefrau. Diese Doppelstandards wollen wir thematisieren.

Wie lernen Frauen, sich besser durchzusetzen? Oder gehört Durchsetzungsfähigkeit nicht in die neue Arbeitswelt der flachen Hierarchien?

Karten: Da sind wir wieder beim Thema Sichtbarkeit. Mädchen werden häufig immer noch mehr zu Bescheidenheit erzogen. Aber es reicht nicht, gut zu sein. Es müssen andere eben auch wissen, dass man gut ist. Das ist ein wesentlicher Punkt, wo wir ansetzen wollen.

Schroeder: Natürlich brauchen wir Durchsetzungsfähigkeit. Und das Allerwichtigste ist: Wir müssen diese Eigenschaft positiv besetzen – zumal als Politikberaterinnen. Natürlich muss ich die Interessen meiner Kunden glaubhaft vertreten und durchsetzungsorientiert sein. 

Salvén: Ich denke dennoch, dass es da zusätzlich noch eine systemische Komponente gibt. Die Spielregeln für Männer und Frauen sind nicht gleich. Frauen arbeiten immer zusätzlich auch gegen das System an und tragen eine zusätzliche Last.

Karten: Deshalb ist es uns so wichtig, mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass Frauen keine Frauen fördern. Geraldine, du sagtest einmal, du wärst von Kolleginnen angesprochen worden, ob sie sich jetzt sorgen müssten, als du ihre Chefin wurdest. Aber Madeleine Albright sagte: „There’s a special place in hell for women, who don’t support other women.“

Schroeder: Besser kann man es nicht sagen. Das ist eine Verpflichtung für uns.

Danke für das Gespräch.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe N° 132 – Thema: Warten auf grünes Licht. Das Heft können Sie hier bestellen.