Die Selbstbestimmte: Nina Warken

Vier aus 230

Sie mag diese Perspektive: Alle Kollegen vor sich, das Geschehen im Blick. “Ein ehrfürchtiges Gefühl” habe sie “da oben”, als Schriftführerin im Plenarsaal des Deutschen Bundestages, rechts oder links vom Platz des Präsidenten, erzählt Nina Warken. Dann kann die CDU-Abgeordnete es manchmal gar nicht glauben, dass sie 2013 ins Parlament gewählt wurde.

Das mag auch daran liegen, dass die letzten zwölf Monate wie im Flug vergangen sind. “Wie durchgetaktet man hier ist, dass man lernt, in Viertel- und halben Stunden zu denken, und wie viel in so eine Woche reinpasst – davon hatte ich keine Vorstellung.” Manchmal kommt sie ins Büro, das Telefon klingelt und “ich renne schon wieder los zum nächsten Termin. Da ist man auch ein bisschen fremdbestimmt”, sagt die Anwältin aus Tauberbischofsheim mit einem Lächeln.

Alles andere als fremdbestimmt war ihr Weg in den Innenausschuss. Viele hätten die junge Mutter gerne im Familienausschuss gesehen, erinnert sich Nina Warken. Aber das wollte sie nicht. “Natürlich ist Familie für mich ein wichtiges Thema, zu dem ich viel zu sagen habe. Aber als Mutter von zwei kleinen Söhnen und Rechtsanwältin wollte ich bewusst etwas anderes machen, um breiter aufgestellt zu sein.” Dass es tatsächlich der Innenausschuss wird, damit hat die 35-Jährige nicht gerechnet.

Aber sie hat darum gekämpft und hatte auch die Unterstützung von Thomas Strobl. Der Landesvorsitzende der CDU in Baden-Württemberg sei zwar zunächst auch überrascht gewesen, dass sie nicht im Familienausschuss mitarbeiten wollte. Aber er habe sie auch ermutigt: “Er hat gesagt: ‘Du, ich finde das glaubwürdig, so eine junge Frau im Innenausschuss. Das ist das, was wir auch brauchen.‘” Heute ist Warken im Innenausschuss Berichterstatterin ihrer Fraktion für Asylrecht, das Technische Hilfswerk und den Katastrophenschutz sowie stellvertretende Berichterstatterin für IT-Sicherheit und IT-Strategie.

Und wenn man Strobl fragt, welchen Eindruck er von der jungen Kollegin hat, lobt er nicht nur ihre Arbeit im Ausschuss, sondern auch ihre Fähigkeit, “als junge Mutter Familie, Mandat und kommunales Engagement unter einen Hut zu bekommen.”

Und auch im Wahlkreis kann Nina Warken punkten. “Im Alltag vor Ort merkt man keinen Unterschied zwischen dem etablierten Direktkandidaten und der Newcomerin”, sagt etwa Oliver Bauer, Redaktionsleiter der Tauber Zeitung. “Dass sie den Spagat zwischen junger Familie und den Anforderungen des Abgeordnetenalltags meistert, da hatte ich ohnehin keinen Zweifel.”

Nicht alles easy

Was Strobl und Bauer bewundern, können andere – auch aus der Frauen Union Baden-Württemberg – nicht verstehen, berichtet Warken: “Viele haben gefragt: Warum kandidiert nicht der Sebastian und du bleibst bei den Kindern?” Sebastian – das ist ihr Mann. Kennengelernt haben sich die beiden Juristen in der Jungen Union, als es um die Wahl eines stellvertretenden Bundesvorsitzenden ging. Er wollte für das Saarland kandidieren, sie für Baden-Württemberg. Beide sollten sie nicht antreten und mussten sich einigen, wer ins Rennen geht. Er hat ihr den Vortritt gelassen, “obwohl er auch schon sehr mit Herzblut dabei ist”, sagt Warken.

Die Junge Union nennt sie eine “gute Schule. Da erlebt man schon nahezu alles, was es so gibt in der Partei: Freundschaften und Nicht-Freundschaften”, sagt sie diplomatisch. “Man muss Mehrheiten finden. Kompromisse schließen.” Genau deshalb empfehle sie auch Jugendlichen, sich politisch zu engagieren. “Das ist gut für die Persönlichkeit. Ich muss meine Meinung artikulieren, Argumente haben, ich muss überzeugen können.”

Dass das gerade für junge Menschen in der Politik nicht immer einfach ist, hat sie zum Beispiel in ihrem Ortsverband erfahren. “Als dort über das Elterngeld diskutiert wurde, habe ich zu hören bekomme: ,Mädle, das brauchen wir alles nicht.‘” Aber im Großen und Ganzen könne man auch als junge Frau auf die Partei einwirken – und das ist es, was sie auch in der Bundestagsfraktion erreichen will: Die Perspektive der jungen Generation einbringen.

Wenn sie in den Sitzungswochen in Berlin ist, kümmern sich ihr Mann, ihre Mutter und Schwiegermutter und eine Tante um die beiden kleinen Kinder. “Es wäre gelogen, zu sagen: Das ist alles easy, ich mache das ganz locker, es macht mir nix aus”, sagt Warken. “Natürlich hat man auch schon Heimweh. Aber die Kinder machen das gut mit. Und sie freuen sich, wenn ich komme und ihnen dann einen ganz bestimmten Lutscher aus Berlin mitbringe.” Davon sollte sie sich einen großen Vorrat anlegen, wenn Thomas Strobl Recht behält. Er ist sich sicher: “Sie zählt ohne Zweifel zu den jungen politischen Talente in denen die Zukunft gehört.”

Lesen Sie auch Teil zwei, drei und vier unserer Porträtreihe über Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen), Susanna Karawanskij (Die Linke) und Nina Scheer (SPD).

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Frauen und Macht. Das Heft können Sie hier bestellen.