LinkedIn besitzt viele einladende Faktoren, die das Netzwerk so attraktiv machen. Anders als auf Plattformen wie Facebook und Twitter, wo Hatespeech und Fake-Accounts als Nebenschauplätze zu beachten sind. Auch die vielfältigen Darstellungsmöglichkeiten auf LinkedIn liefern Pro-Argumente: kurze wie lange Beiträge, Grafiken, Bilder, Videos – der kommunikativen Form stehen viele Türen offen. Dort sind viele Multiplikatoren anzutreffen und für Public Relations heißt es „Bühne frei“. Die Liste der Pro-LinkedIn-Argumente ist lang. Umso ernüchternder das Ergebnis unseres ministerialen Polit-Checks. Weniger als die Hälfte der Minister hat einen eigenen Account aktiviert, obwohl starke Büro-Teams im Background redaktionellen Support leisten können. Und auch bei den Ministerien herrscht keine 100-prozentige aktive Präsenz. Das sind die Ergebnisse des LinkedIn-Checks von Web-Netz.
Nur sieben von 16 Bundesministern haben einen LinkedIn-Account
Auch bei den sieben existierenden Accounts kann nicht überall von aktiver Kommunikation die Rede sein. So hat beispielsweise der Chef des Bundeskanzleramts, Wolfgang Schmidt, als Minister für besondere Aufgaben, innerhalb der letzten fünf Monate nur einen Post abgesetzt. Wie amateurhaft er es als Spitzenpolitiker handhabt, macht sein Beitrag aus dem Oktober 2021 deutlich:
FDP-Politiker dominieren das Minister Ranking
Gleich drei FDP-Politiker beherrschen die Top fünf. Neben Marco Buschmann und Volker Wissing steht Bundesfinanzminister Christian Lindner an der Spitze des Rankings. Lindner kommuniziert am fleißigsten und erreicht auch die größte Followerschaft. Die SPD ist zweimal vertreten auf den Rängen drei und fünf. Minister aus den Reihen der Grünen auf LinkedIn? Fehlanzeige!
Drei Ministerien lassen LinkedIn ganz links liegen
Neben den Personen-Accounts der Minister haben wir zusätzlich die Accounts der Ministerien unter die Lupe genommen. Dass das Ministerium für Digitales auf dieser digitalen Plattform mit hoher Relevanz nur auf Platz fünf im Follower-Ranking rangiert, darf als Indiz für ein beträchtliches Wachstumspotenzial gewertet werden. Die Abwesenheit der drei Ministerien Inneres, Familie und Bauwesen ist in unserem digitalen Kommunikationszeitalter stark diskussionswürdig.
Groteske Züge nimmt der Blick auf das Profil von Bundesfamilienministerin Lisa Paus an, die ihr Ministerialamt auf ihrem Profil nicht gekennzeichnet hat – hingegen in ihrem letzten Beitrag Ende April den Vorschlag des Bundesvorstands der Grünen kommunizierte, sie als Ministerin zu positionieren.
Best Practice: So sollte LinkedIn bespielt werden
Klar, wer bereits zahlreiche Follower hat, hat auf LinkedIn leichtes Spiel. Der frisch vermählte Bundesfinanzminister Christian Lindner nutzt – entgegen aller LinkedIn-Handlungsempfehlungen – häufig externe Links wie Medienberichte, die seine jüngsten Aussagen wiedergeben. Bei hohen Reichweiten ist das kein Problem: Der Post wird mit einem erläuternden, kurzen Kommentar komplettiert, woraufhin die User die durchaus aneckenden politischen Ansichten diskutieren.
Wer jedoch gerade erst mit LinkedIn anfängt und noch keine große Followerzahl im Rücken hat, sollte auf Link-Beiträge verzichten: Der Algorithmus spielt diese weniger gut aus als solche Beiträge mit einem aussagekräftigen Foto. Schließlich ist LinkedIn daran interessiert, dass der User sich lange im Netzwerk aufhält. Wer regelmäßig auf die eigene Website oder andere externe Quellen verlinken will, sollte sein Profil auf den Creator-Modus umstellen. Dann stehen Funktionen wie der LinkedIn-Newsletter zur Verfügung: Dieser kann wie ein Artikel mit Verlinkungen und Bildern erstellt werden. Sobald er veröffentlicht wurde, erhalten alle Abonnenten eine Push-Benachrichtigung der LinkedIn-App sowie eine Info per E-Mail.
Empfehlung: Kernthemen entern und bespielen!
Da die weiteren Minister kaum Best Practices liefern beziehungsweise sich deren Content-Aufbereitung nicht großartig voneinander unterscheidet, empfiehlt es sich, Kernthemen von LinkedIn zu bespielen. Was bewegt die Menschen und worauf kann ein Politiker Antworten liefern? Die Hashtags Digitalisierung, Wirtschaft, Steuern, Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Deutschland oder Führung ergeben in der Suche teilweise deutlich über 1.000 Follower. Wer also zu diesen Themen etwas Relevantes zu sagen hat, sollte sie sich zu Eigen machen. Damit die Beiträge aber gelesen werden, ist der Aufbau eines eigenen, großen Netzwerks, das sich tendenziell für die eigenen Themen interessiert, ein Muss. Schließlich kann dies über das Interagieren mit den Beiträgen als Multiplikator für den eigenen Content dienen.
Des Weiteren zählen auf LinkedIn-Persönlichkeit und das Schaffen von Emotionen, damit andere User überhaupt auf den eigenen Content reagieren. Der persönliche Bezug wird über das Foto sowie erzählten Erfahrungen geschaffen. Die Emotionen können durch eine aussagekräftige Headline oder Fragestellung über dem Post ausgelöst werden. Fragen sollten schon so gestellt sein, dass sie zur Meinungsbildung beitragen. Denn: Soziale Netzwerke sind nicht dazu da, um Pressemitteilungen weiter zu verbreiten. „So stehe ich für Klimaschutz ein“ ist langweiliger als „Warum ich jede Strecke mit dem Rad fahre“, oder? Letztere Headline verleiht dem Beitrag Glaubwürdigkeit und Menschlichkeit – dort erzählt jemand aus der echten Lebenswelt. Wenn sich Politiker auf LinkedIn also menschlich zeigen, ist auch kleineren Profilen der Erfolg sicher.