Wie das BMJ sich an Internetwitze herantraut

Memes

Wir haben uns getraut! Seit Januar 2023 nutzen wir auf unserem Instagram-Kanal Memes – und das als Bundesjustizministerium. Klar ist: Für PR-Profis und die Werbeindustrie gehört das längst zum Alltag im Redaktionsplan, bei Ministerien ist diese Art des Storytellings allerdings noch wenig verbreitet. Auch viele Nutzerinnen und Nutzer waren überrascht. Ein typischer Kommentar lautete: „So etwas auf einer offiziellen Ministeriumsseite …“. Gemeint war das allerdings meist sehr positiv. Bis zu 2.200 organische Likes und verhältnismäßig große Reichweiten konnten wir bisher erzielen. Auch die Zahl der Followerinnen und Follower erhöht sich bei Meme-Postings überproportional.

 

Memes erfreuen sich großer Beliebtheit. Schon im Jahr 2020 wurden laut Meta alleine auf Facebook pro Tag mehr als eine Millionen Memes veröffentlicht. Sie sind vor allem bei jüngeren Followerinnen und Followern sehr beliebt und leicht verständlich. Warum? Weil ihre Vorbilder oftmals bereits viral gegangen sind. Viele User bringen deshalb das Vorwissen über Kontext, Emotionen und Bedeutung mit, an das die Memes anknüpfen können. Trotzdem sind sie gerade bei Behörden selten bis gar nicht in der Timeline zu finden, obwohl sie relativ unkompliziert zu erstellen sind. Das könnte vor allem einen Grund haben: Memes sind meist lustig und teilweise salopp – somit eher untypisch für die offizielle Kommunikation von Behörden. Wer sie postet, verlässt die sachliche Ebene der Kommunikation und spricht die Emotionen des Empfängers an.

Social Media ist Beziehungsarbeit

Genau darin liegt aber auch für die Kommunikation von Ministerien und Co. der Schlüssel zum Erfolg. Denn Social Media ist Beziehungs­arbeit, Sender und Empfänger müssen sich emotional begegnen, damit Inhalte wirken. Gerade wenn es um Gesetze und Verordnungen geht, ist das nicht einfach. Denn diese Kommunikation zeichnet sich vor allem durch Sachlichkeit aus. Komplexer und schwer verständlicher Content bekommt in der Regel wenig Aufmerksamkeit. Insbesondere jüngere Menschen werden so kaum abgeholt – auch die große Verbreitung von kurzen, meist leicht verständlichen Videos, zum Beispiel bei Instagram oder Tiktok, sind dafür ein Indiz.

 

Was also tun? Memes können helfen, gerade schwer verständliche Inhalte zu vermitteln – besonders wenn sich der Inhalt auf den Kern der Botschaft herunterbrechen lässt. Zudem beinhalten Memes oftmals Gedanken oder Situationen, die vielen Personen bekannt sind. Idealerweise identifizieren sich die Follower und Followerinnen damit. Dadurch wird das Zugehörigkeitsgefühl verstärkt – Beziehungsarbeit im besten Sinne.

Die Vorteile auf einen Blick:

  • Memes lassen sich schnell und einfach erstellen und haben bei guter Umsetzung eine große Wirkung. Dafür sind nur ein Bild und wenige prägnante Worte nötig, um das Bild in einen Kontext zu inte​grieren.
  • Insgesamt ergibt sich durch vergleichsweise wenig Aufwand eine äußerst positive Kosten-Nutzen-Beziehung.
  • Memes gehen leicht viral und erreichen oftmals eine jüngere Zielgruppe, die sich sonst eher weniger mit Behördeninhalten beschäftigt.
  • Es gibt eine große Bandbreite von Beispielen, die erfolgreich zeigt, wie man Memes zur Kommunikation bestimmter Themen einsetzen kann.

Zu beachten ist jedoch, dass man nicht jedes Thema mit einem Meme kommunizieren kann. Es ist deshalb wichtig, sich im Vorfeld genau zu überlegen, ob Memes bei diesem oder jenem Thema angebracht sind, den Zeitgeist treffen, eventuell verletzend wirken könnten oder schlichtweg unpassend sind.

Ein Erfahrungsbericht

Doch wie sind wir konkret vorgegangen? Wir haben uns für die Meme-Kommunikation vor allem bei Themen entschieden, die sonst eher weniger Aufmerksamkeit erfahren – wie zum Beispiel das Thema Bürokratieabbau. So wird ein teilweise schwer greifbares und komplexes Thema auf den Kern der Botschaft heruntergebrochen und mit Humor und Witz vermittelt. Mithilfe von Cat-Content haben wir zum damaligen Zeitpunkt den neusten Stand – das Ergebnis einer Verbändeabfrage zum Bürokratieabbau – kommuniziert. Wir haben damit verdeutlicht, dass wir das Ziel, einen bürgerfreundlichen und handlungsfähigen Staat, nur mit Unterstützung aus der Praxis erreichen. Das Meme kam gut an: Wir generierten organisch über 1.000 Likes und erreichten mehr als 20.000 Konten. Mit Ideenfindung, Gestaltung und Erstellung des Textes haben wir in circa zwei Stunden einen niedrigschwelligen Post veröffentlichen können, der insgesamt sehr gut gelaufen ist.

 

Und auch unser letztes Meme lässt sich als positives Beispiel hervorheben. Mit dem Beitrag haben wir auf unsere Videoreihe „Jetzt erst Recht: Buschmanns 60 Sekunden“ hingewiesen. Die Reichweite lag innerhalb weniger Tage während der Sommerpause bei über 32.000 und knapp 1.300 Likes. Die Mehrzahl der Interaktionen kam von bisherigen Nicht-Followern.

Es lässt sich kurz und knapp auf den Punkt bringen: Die Nutzung von Memes kann unter der Beachtung einiger Hinweise sehr hilfreich sein. Und dennoch: Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Behörden scheinen Bedenken zu haben, dass die Seriosität zum Opfer fallen könnte, wenn humoristische Formate zum Einsatz kommen. Unsere Erfahrungen bestätigen dies nicht. Im Gegenteil.

Hinzuweisen ist aber darauf, dass bei der Memegestaltung mit Fingerspitzengefühl gearbeitet werden muss. Manche Memes sind nur für eine kurze Zeit besonders relevant, so zum Beispiel, wenn sie an ein bestimmtes Event oder Ähnliches gebunden sind.

Unsere Faustregel ist: Wir blicken aus verschiedenen Perspektiven auf das geplante Posting. Hat eine Person im Team Bedenken, lassen wir die Idee fallen.
Bislang haben wir zehn Memes gepostet – mit dem Fazit: Es lohnt sich, den Mut aufzubringen.

Zu beachten:

  • Die Formate, die gewählte (Bild-)Sprache und alle weiteren Bestandteile, die zu einem erfolgreichen Video- oder Bildpost gehören, müssen zuvor aus Empfängersicht betrachtet werden.
  • Man sollte sich vor der Nutzung von Memes mit der Rechtslage auseinandersetzen.
  • Themenauswahl für Meme-Posting kritisch prüfen.
  • Sich selbst reflektieren und eingestehen, wenn das Meme nicht den eigenen zuvor gesetzten Standards entspricht. Dann lieber nicht posten!

Was sind Memes?

Internet-Memes sind Bilder, Videos oder Texte, die sich oft massenhaft im Internet verbreiten. Sie können humorvoll oder provokant sein und oft aktuelle Themen aufgreifen. Meist werden dazu bekannte Medien verändert, um eine bestimmte Botschaft oder einen Witz zu vermitteln. Der Begriff „Meme“ kommt vom griechischen Wort „mimema“, das „etwas Nachgeahmtes“ bedeutet.
Memes können unterhalten, informieren, kritisieren, kommentieren oder einfach nur absurd sein. Manche Memes gehen weltweit viral, andere bleiben Insider-­Witze bestimmter ­Gruppen. Das wohl bekannteste Internet­-Meme ist die sogenannte „Grumpy Cat“, eine Katze mit einem mürrischen Gesichtsausdruck. Sie wird auf verschiedene Situationen gemünzt, um Unzufriedenheit oder Sarkasmus auszudrücken.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe N° 144 – Thema: Interview mit Can Dündar. Das Heft können Sie hier bestellen.