Der kometenhafte Aufstieg von Karl-Theodor zu Guttenberg ist zu einem guten Teil der medialen Wirkung des Ministers zuzuschreiben. Dass selbst die Kundus-Affäre seiner Popularität wenig geschadet hat, zeigt, wie hilfreich gutes Auftreten in der Öffentlichkeit für eine politische Karriere sein kann.
Mitwachsen
In der Regel wachsen Politiker in den Umgang mit den Medien hinein. „Ich habe auf Kreisebene begonnen. Da wird man von regionalen Zeitungen oder auch schon mal vom Radio interviewt“, berichtet Otto Fricke (FDP), der seit 1989 politisch aktiv ist. „Mit der Übernahme neuer Aufgaben und der Erweiterung des Aufgabenradius’ kommen nach und nach Anfragen von bedeutenderen Medien dazu“, sagt Fricke. Eine gewisse Medienkompetenz wird schon lange als selbstverständlich vorausgesetzt. „Man sollte frühzeitig in der Karriere damit beginnen, einen guten Umgang mit den Medien zu trainieren“, rät der Politikberater Axel Wallrabenstein. Dazu gehört auch, ein gewisses Verständnis für die Arbeitsweise der Medien zu entwickeln. Ein Praktikum bei einer Tageszeitung oder einer Zeitschrift kann für angehende Politiker hilfreich sein. „Gerade am Anfang einer Karriere ist es noch relativ einfach, so etwas unterzubringen“, so Wallrabenstein. Im weiteren Verlauf der Karriere kann das Training dann auf eine professionellere Ebene gehoben werden, beispielsweise durch Interview-, Kamera- oder Stimmtraining.
Angebote wahrnehmen
Die Parteien bieten ihren Mitgliedern eine breite Palette an Kursen an, ob Kameratraining, Körpersprache oder Rhetorik. „Gerade die Rhetorikkurse haben mir geholfen, ein sicheres Auftreten in der Öffentlichkeit zu erlangen“, berichtet die Jungpolitikerin Katja Dörner, die im September für die Grünen neu in den Bundestag eingezogen ist. Bei den Rhetorikkursen werden Argumentationsstrategien eingeübt, aber auch die eigene Meinung wird durch die Übungen geschärft.
Eine ganz andere Frage, die am Beginn einer Karriere stehen sollte, ist die nach der Bereitschaft, überhaupt in der Öffentlichkeit zu stehen und womöglich auch Privatsphäre preiszugeben. „Je nach persönlicher Neigung und Charakter ist mancher vielleicht besser dafür geeignet, in der zweiten Reihe ohne Rampenlicht Politik zu machen“, sagt Axel Wallrabenstein.
Persönlichkeit
Zu einem erfolgreichen Auftreten gehört ganz zentral die Persönlichkeit. „Die Persönlichkeit eines Politikers entwickelt sich im Normalfall im Laufe der Karriere“, so der Politiker-Coach Ulrich Sollmann. „Um eine gute Wirkung zu erzielen, darf man sich auf keinen Fall verbiegen“, sagt Sollmann, der bereits über zehn Jahre Coaching-Erfahrung mit Politikern verfügt. Veränderungen am Image oder bloß der Frisur sollten daher möglichst mittel- und langfristig vorgenommen werden. Ein Negativbeispiel für überstürzte Veränderungen ist Rudolf Scharping, der 2001 seine Imageveränderung zu schnell umsetzen wollte. Im Zusammenhang mit dem schlechten Timing der bekannten Swimmingpool-Bilder aus Mallorca hat die Öffentlichkeit ihm das nicht mehr verziehen, meint Sollmann.
Die Rückkopplung durch das Umfeld sei das wichtigste Korrektiv. „Ein kritisches Umfeld kann ein Politiker sich selbst schaffen und bewahren“, sagt Otto Fricke. „Dazu gehört es, Mitarbeiter zum Widerspruch zu ermuntern und anschließend nicht sauer zu sein, wenn die Kritik kommt. Zu guter Letzt sollte man berechtigte Kritik auch umsetzen“, so Fricke. Der Haushaltspolitiker begutachtet auch nach inzwischen über 60 Reden im Bundestag jeden Auftritt aufmerksam. Mit seinen Mitarbeitern diskutiert er Gestik, Rhetorik und Inhalte. Eine wichtige Richtschnur bei öffentlichen Auftritten sind auch Eltern und Kinder: Sie repräsentieren andere Generationen mit anderen Werten und Ideen. Bei allen gut gemeinten und professionellen Ratschlägen von außen sollte man aber auch auf das eigene Gespür vertrauen, wenn es um Veränderungen im Auftreten geht. „Bei den meisten Politikern ist das Gespür für die eigene Persönlichkeit gut ausgeprägt“, sagt Ulrich Sollmann.
Körpersprache
Zur Persönlichkeitsfindung gehört, sich über die eigene Ausdrucksweise klar zu werden. In einem Coaching zur Körpersprache geht es zunächst darum, positive Eigenschaften in den Vordergrund zu stellen. Störende Körpersprache abzustellen, ist zunächst zweitrangig: Sich zum Beispiel das Verschränken der Arme vor der Brust gezielt abgewöhnen zu wollen, hat wenig Sinn. „Es geht vielmehr darum, herauszufinden, wie ich beispielsweise ,Offenheit‘ ausdrücken kann“, sagt Sollmann. Sinnvoll sei es auch, Gefühlszustände mit Hilfe einer bestimmten Geste zu veranschaulichen; das bewirke einen Wiedererkennungseffekt bei den Zuschauern.
Aussprache
Einer der bekanntesten verpatzten Auftritte dürfte der Besuch von Edmund Stoiber bei Sabine Christiansen im Wahlkampf 2002 gewesen sein. Neben inhaltlichen Unstimmigkeiten und der Verwechslung Christiansens mit „Frau Merkel“ brachte Stoiber inflationär viele „Ähs“ über die Lippen. Doch schon beim nächsten großen Auftritt waren diese fast vollkommen verschwunden. Was war geschehen? Stoiber hatte zwischenzeitlich den ehemaligen Journalisten Michael Spreng engagiert, der ihm ein intensives Medientraining verordnete. So konnte der Ministerpräsident lernen, dass zu einer guten Aussprache ein gleichmäßiges ruhiges Sprechtempo gehört, eine klare Intonation auch der letzten Silbe und, wenn es sein muss, schon mal der Verzicht auf eine zu dialektgefärbte Sprache.
Sprache
Der öffentliche Auftritt soll eine Botschaft übermitteln. Ein wichtiges Mittel hierfür ist eine klare Sprache, die mit kurzen Sätzen auskommt. Fachwörter sollten nur vor Fachpublikum verwendet werden, doch auch hier sollte der Redner verständlichere Wörter komplizierten Begriffen vorziehen. Bilder und Vergleiche helfen, abstrakte Zusammenhänge im Gedächtnis des Zuhörers zu verankern. Diese Bilder müssen vor dem Auftritt erarbeitet und möglichst detailliert ausgemalt werden. „Ich nehme gerne Gleichnisse aus der Bibel – das sind sehr eingängige Bilder, die auch gut beim Zuhörer abzurufen sind, da viele sie kennen“, sagt Otto Fricke. „Für einen Haushaltspolitiker wie mich bieten sich Gleichnisse wie das von den sieben fetten und den sieben mageren Jahren an.“
Optik
Äußerlichkeiten machen rund 60 Prozent des ersten Eindrucks aus: Gesicht, Frisur, Kleidung. Mit etwas mehr als 30 Prozent stehen Stimme und Aussprache an zweiter Stelle. Der Inhalt einer Aussage bestimmt lediglich etwas mehr als 5 Prozent des ersten Eindrucks. Bei längeren Auftritten gewinnen die inhaltlichen Aspekte stärker an Gewicht.
Bei Männern ist das Thema Kleidung schnell abgehandelt: der dunkle, gedeckte Anzug und das idealerweise hellblaue Hemd sind obligatorisch, in der Regel auch die Krawatte. Bei Frauen sind Kostüme angeraten, hier hat Sabine Christiansen schon lange die Standards gesetzt. Die Details können entscheidend sein: Die bleichen Beine Otto Schilys bei einem Christiansen-Auftritt erinnerten daran, dass zum Anzug Kniestrümpfe zu tragen sind. Eine teure Uhr oder ein maßgefertigter Designer-Anzug konterkarieren jeden Aufruf zur Sparsamkeit.
Der TV-Auftritt
Vor jedem Auftritt in den Medien sollte zunächst die Frage beantwortet werden, ob das Format zum Image passt. Das eigene Alter, die Zielgruppe der Sendung und die Themen spielen hier eine Rolle. „Für eine positive Wirkung im Fernsehen ist es dabei grundsätzlich gut, offen und freundlich zu sein und möglichst nicht laut und agressiv zu werden“, fasst Berater Michael Spreng die wichtigsten Punkte zusammen. Bei aller Kontroverse sollte der Talkshow-Gast die politischen Gegner nicht zu konfrontativ angehen, stets auf das Gegenüber eingehen und sachlich bleiben. Zu guter Letzt zählen gerade bei Politik-Talkshows auch gute Argumente. Zur Vorbereitung ist es essentiell, die Sendung selbst einige Male angesehen zu haben. Pro Sendung oder pro behandeltes Thema sollte man sich vorher eine klare Botschaft überlegen.
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