„Ich bin manchmal etwas neidisch“

p&k: Herr Schüler, was halten Sie von Barack Obamas Entscheidung, seine erneute Präsidentschaftskandidatur zunächst auf Youtube anzukündigen?
Klaus Schüler: Das ist ja längst nichts Neues mehr, sondern fast schon Standard. Barack Obama ist aktuell auch nicht der einzige Politiker, der dieses Mittel einsetzt. Auch die Republikaner – siehe jüngst Mitt Romney – agieren ähnlich.
Was erwarten Sie vom US-Wahlkampf 2012?
Hinsichtlich der Techniken sehe ich zurzeit keine revolutionären Neuerungen. Ich gehe davon aus, dass die Elemente, die den Präsidentschaftswahlkampf 2008 geprägt haben, auch im kommenden Jahr dominieren. Da werden weiterhin die sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter eine große Rolle spielen. Natürlich kann sich das ändern, denn noch ist die Wahl über anderthalb Jahre entfernt. Lassen wir uns überraschen.
Sind die USA immer noch Vorbild, was Kampagnentrends angeht?
Was moderne Wahlkämpfe im Medienzeitalter angeht, waren die USA in der Tat stets das Maß aller Dinge. Doch die digitale Revolution in den vergangenen 10, 15 Jahren hat die Distanz zwischen den USA und dem Rest der Welt verringert, was moderne Kampagnenführung betrifft. Die Kampagnenwelt ist enger zusammengerückt. Und einfach kopieren lassen sich Wahlkämpfe sowieso nicht.
Superwahljahr 2011: Binden die Parteien das Internet glaubwürdig in ihren Wahlkampf ein?
Eindeutig ja. Wir als CDU sind auch 2011 auf allen Plattformen präsent, die wir während des Bundestagswahlkampfs angeboten und genutzt haben. Natürlich ist ein solcher Wahlkampf eine Zeit besonderer Anstrengungen, aber längst haben wir auch in Deutschland so etwas wie „permanent campaigning“. Dazu kommt die Veränderung der Kommunikationsgewohnheiten in der Gesellschaft. Darauf müssen wir reagieren. Das Internet ist also ein wichtiges, unverzichtbares Instrument, wenn auch nicht das einzige.
Auf was kommt es noch an?
Auf die richtige Mischung. Politik ist keine Frage der Technik. Am Ende zählt das überzeugende politische Angebot, die richtige Botschaft. Stimmt die nicht, hilft auch die modernste Technik nicht.
Verhindern die strengen datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Deutschland eine Amerikanisierung des Wahlkampfs?
Ich gebe zu, dass ich manchmal etwas neidisch bin, wenn ich sehe, wie zielgruppengenau die US-Kampagnenmacher die Wähler ansprechen können. Das sind Möglichkeiten, über die wir in Deutschland so nicht verfügen. Trotzdem: Auch bei uns, mit den hier gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen, ist effektive politische Kommunikation möglich. Wir haben einen Rahmen, der dem Bürger Schutz bietet und den Parteien dennoch genügend Möglichkeiten für den Wahlkampf gibt. Aus meiner Sicht besteht hier kein Bedarf für Veränderungen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Obama schlagen – Geht das? Die US-Kampagnentrends. Das Heft können Sie hier bestellen.