Als Ursula von der Leyen 2016 die Laudatio auf einen Award für die Employer-Branding-Kampagne „Mach, was wirklich zählt!“ der Bundeswehr hielt, hob sie die besondere Bedeutung von Kommunikationsdienstleistern für gute Regierungsarbeit hervor. Das war ungewöhnlich.
Leider – so denken viele Agenturen mit Blick auf die Vergabe von Kommunikationsdienstleistungen durch die öffentliche Hand oder den ein oder anderen Verband – hat sich das „Leyensche Gesetz“ à la „Gute Kommunikation, gute Regierungsarbeit“ noch nicht übergreifend durchgesetzt. Und so laufen dann auch die Auswahlverfahren für die Dienstleister: lieblos, anonym, unnötig formalisiert und kostenorientiert. So entgeht vielen Behörden die Chancen auf sehr gute Kommunikationsprojekte.
Die Kommunikation von Gesetzgebungsvorhaben, Aufklärungs- und Aktivierungskampagnen, digitale Bürgerkommunikation und Verwaltungsarbeit sind inhaltlich herausfordernd. Die Organisationen der Auftraggeber, die politischen Rahmenbedingungen und die hohe Dynamik bei den Kommunikationskanälen erfordern auf Seiten der Agenturen besondere Kompetenzen.
Die Suche nach den geeigneten Agenturpartnern gehört in die Hände derer, die mit den ausgewählten Dienstleistern zwei, drei oder vier Jahre arbeiten werden. Ein in Kommunikationsaufgaben erfahrener Haushälter im eigenen Team oder „ausgeliehen“ von einer anderen Behörde tut dem Verfahren in jedem Falle gut. Für relevante Budgets und langfristige Projekte können auch eine Kanzlei oder ein IT-Berater die richtigen Hilfestellungen geben. Die Zeit dafür sollte nicht zu knapp bemessen werden. Dieser Auswahlprozess braucht nicht nur die Zeit, die die Fristen der Vergabeordnung vorsieht.
Die Vergabeordnung ist ein Scheinriese. Sie sollte nicht dazu benutzt werden, sich hinter ihr zu verstecken und damit die schlechte Qualität des Auswahlverfahrens zu rechtfertigen. Im Gegenteil: Der richtige Umgang mit dem durch sie gesetzten Rahmen, lässt vieles, auch Innovatives zu – für das Verfahren und für die Beschreibung – und damit auch die Kalkulation der auszuschreibenden Leistung.
Früher was alles besser. Und klarer. Und einfacher. Die Vielfalt der Kanäle und technologischen Optionen für digitale Umsetzungsprojekte macht es zwar nicht unmöglich, das von der Agentur geforderte Endprodukt schon zu Beginn des Vergabefahrens final zu definieren. Aber es wird immer schwieriger. Vor dieser Herausforderung stehen nicht nur Behörden. In kaum einer Organisation sind noch alle Kompetenzen in der nötigen Tiefe vorhanden. Gerade deshalb braucht man die externen Partner und Umsetzer. Und die findet man nicht in einem möglichst anonymisierten, standardisierten Verfahren ohne Möglichkeiten für Austausch, Rückfragen und gegenseitiges Kennenlernen.
Das Kennenlernen beginnt schon vor der Veröffentlichung der Ausschreibung. Eine gründliche Markterkundung vom eigenen Schreibtisch aus, mit Besuchen in Agenturen und Gespräche mit Kollegen legt eine gute Basis. Für komplexere digitale Umsetzungsprojekte kann die Machbarkeitsstudie und damit die Grundlage für die nötige Ausschreibung zur Umsetzung schon ein eigener Auftrag an eine kleine Gruppe von Dienstleistern sein.
Als Informationsquellen können die Websites der einschlägigen Verbände (zum Beispiel GWA, BVDW, GPRA) dienen. Hier erfährt man, ob Mitgliedsagenturen über Erfahrung mit dem öffentlichen Sektor verfügen.
Relevante Agenturen zu identifizieren ist jedoch nicht einmal die halbe Miete auf dem Weg zum Agenturpartner. Da die Auswahlprozesse bei Auftraggebern der öffentlichen Hand per se aufwendiger als bei Unternehmen sind, überprüfen die Agenturen eine mögliche Teilnahme intensiv: In welchem Verhältnis steht der Aufwand der Teilnahme zum möglichen Ertrag?
Die Wahrscheinlichkeit eines zu kleinen Interessentenfeldes steigt weiter, wenn die Ausschreibung eine der folgenden typischen Mängel aufweist:
- Es ist nicht klar, worum es gehen soll. Aus der Qualität des Briefings beziehungsweise der Leistungsbeschreibung lassen sich aus Agentursicht Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit und die Attraktivität der Anfrage ziehen. Zudem kann eine Agentur nur auf Grundlage eines aussagekräftigen Briefings entscheiden, ob sie liefern kann, was der Kunde gerne hätte. Bleibt das Briefing dagegen hinsichtlich Aufgabe, Zielsetzung, Zielgruppe, Technologie, Budget und anderen wichtigen Faktoren schwammig, landet die Ausschreibung mit hoher Wahrscheinlichkeit im Agentur-Papierkorb.
- Es wird keine Aufwandsentschädigung für die Pitch-Teilnahme gezahlt. Es gibt aus Agentursicht kaum ein stärkeres Indiz dafür, dass sich die Teilnahme an einer Ausschreibung oder einem Pitch nicht lohnt, als die Verweigerung eines Honorars. Dabei ist die Erwartung nicht einmal, dass die entstehenden Kosten komplett ersetzt werden. Es geht vielmehr darum zu signalisieren, dass der Auftraggeber es mit der Auftragsvergabe ernst meint.
- Es werden zu viele Agenturen eingeladen. Leider kommt es in der Praxis häufig vor, dass bis zu zehn Agenturen eingeladen werden. Sinnvoll ist eine Shortlist mit drei Teilnehmern. Mehr Agenturen bringen kein besseres Ergebnis. Eine wichtige Voreinstellung: Teilnahmeantrag und Testaufgabe nicht in einem Verfahrensschritt zusammenfassen. Erst kennenlernen und auswählen, dann testen.
- Es wird ein unpassendes Auswahlverfahren verwendet. Ein Pitch für das Vorwort eines Jahresberichts? Damit weckt man sicherlich nicht das Interesse relevanter Dienstleister. Beim Pitch handelt sich um das aufwändigste Auswahlverfahren. Damit Agenturen hieran teilnehmen, muss das ausgeschriebene Budget eine gewisse Mindesthöhe (+200.000 EUR) und der Vertrag eines gewisse Mindestlaufzeit (+2 Jahre) erreichen. Aber auch wenn dies der Fall ist, muss der Pitch nicht unbedingt das beste Auswahlverfahren darstellen. Oft ist ein gemeinsamer Workshop besser geeignet, um die Arbeitsweise der Agentur und die beteiligten Mitarbeiter kennenzulernen. In jedem Falle sollte ein Auswahlverfahren nicht ohne ein persönliches Zusammentreffen der Mitarbeiter beider Seiten erfolgen.
- Es gibt keine klaren Zuschlagskriterien. Es sollte möglichst allen Beteiligten von Beginn an klar sein, worauf es bei der Ausschreibung letztlich ankommt und wie die Bewertung der Leistung tatsächlich erfolgt.
- Der Preis ist das entscheidende Kriterium für die Auswahl. Der Arbeitsmarkt für Agenturmitarbeiter ist beinahe leergefegt. Wer zu günstig einkaufen will, schließt all diejenigen Agenturen aus, die erfahrene und gut ausgebildete Mitarbeiter einsetzen. Die beste Qualität und höchste Umsetzungsgeschwindigkeit bei zugleich niedrigstem Preis gibt es schlicht nicht. „Wirtschaftlichstes Angebot“ mit „günstigstes Angebot“ zu verwechseln kann sich rächen.
Hilfestellung auf dem Weg zur richtigen Agentur bieten die Website www.die-richtige-Agentur.de, Berater für Auswahlprozesse sowie das Buch „Kommunikation für Behörden und Verwaltung“ von Thomas Altenburg.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe N° 136 – Thema: Die drei Fragezeichen – Wer wird die neue Merkel?. Das Heft können Sie hier bestellen.