Musik von der Kassette und Curry 36 ohne Warteschlange

Medien

p&k: Herr Meyer, was ist der Bundesmedienball?

Lutz Meyer: Der Bundesmedienball ist eine private Initiative, die sich an diejenigen richtet, die am Bundepresseball nicht mehr teilnehmen können, weil die Kartenpreise auf 490 Euro erhöht wurden. 490 Euro kann sich keiner leisten, der einem ehrlichen Journalistenberuf nachgeht. Für den Bundespresseball zahlt man zurzeit mit allem Drum und Dran etwa 1.200 Euro, nur um an einem großen Netzwerkabend teilzunehmen. Das kann niemand – oder zumindest wir – nicht mehr bezahlen. Deswegen haben wir uns vor einigen Wochen Gedanken gemacht. Wir sind alle in den vorangegangenen Jahren wahnsinnig gerne zum Bundespresseball gegangen. Das war wie Weihnachten und Kindergeburtstag zusammen. Man traf alle, mit denen man zu tun hatte und auch diejenigen, die man lange nicht gesehen hatte. Das war ein bisschen das journalistisch-gesellschaftliche Klassentreffen. Aber jetzt ist mindestens die Hälfte der Leute durch den Preis ausgeschlossen. Wir machen ein alternatives Angebot: den Bundesmedienball. Wir möchten keinen Gewinn erzielen, aber wir wollen trotzdem einen schönen Abend miteinander haben, auch in Berlin und am gleichen Tag wie der Bundespresseball. Den hatten sich schon alle in ihren Kalender eingetragen, sich dann aber über den hohen Preis des Bundespresseballs geärgert. 

Claudia Bender: Zur Einordnung: 490 Euro ist der Nicht-Mitglieder-Preis beim Bundespresseball, der für selbstzahlende Gäste gilt und leider viele von uns, ehemalige Mitglieder der BPK und viele freie Journalisten betrifft. Vollmitglieder der Bundespressekonferenz bezahlen 135 Euro.

Wie konnte es Ihrer Meinung nach dazu kommen, dass die Ticket-Preise für den Bundespresseball so gestiegen sind?

Bender: Auf der Einladung des Bundespresseballs sind nur noch zwei Sponsoren. In den vergangenen Jahren gab es drei Sponsoren. Unsere Vermutung ist, dass Kosten nicht gedeckt sind. Die genauen Gründe kennen aber nur die Veranstalter des Bundespresseballs.

Planen Sie eine langfristige Alternative zum Bundespresseball oder würde es Ihnen ausreichen, wenn der Eintritt in der Zukunft wieder erschwinglicher wird?

Bender: Wir schauen einfach in diesem Jahr, dass wir etwas Schönes auf die Beine stellen für die Leute, die aufgrund des Preises nicht mehr zum Bundespresseball gehen können. Das heißt auch im Umkehrschluss, dass wir diesem nichts wegnehmen. Es gehen weiterhin Leute dorthin, die Vollmitglied der Bundespressekonferenz sind oder deren Firmen bereit sind zu zahlen. Zu uns kommen diejenigen, die genauso wie wir entsetzt über die Höhe des Preises sind. Daher schauen wir erst einmal in diesem Jahr, dass wir die Bude voll bekommen und ein tolles Fest feiern. Danach schauen wir weiter.

Meyer:  Erstens unterscheiden wir uns im Preis und zweitens sind wir auch ein bisschen weniger perfekt, etwas bodenständiger und auch etwas selbstironischer. Bei uns gibt es natürlich die Notwendigkeit, korrekt gekleidet mit Smoking, Fliege beziehungsweise langem Ballkleid zu erscheinen. Aber unsere Location ist sehr rockig, das Gegenteil von Austernessen und Champagnerschlürfen. Am Anfang des Abends haben wir ein Gespräch über Meinungsfreiheit und Journalismus in Kriegs- und Krisengebieten geplant, um ein Stück Journalismus in den Mittelpunkt des Bundesmedienballs zu rücken. Der ist ja beim Bundespresseball eine Randerscheinung geworden.

Meinen Sie das mit der Formulierung “Rückbesinnung auf den Journalismus” in Ihrer Werbung für den Bundesmedienball?

Meyer: Genau. Es geht auch mehr um die gemeinsame Beachtung und Betrachtung aktueller Themen im deutschen Journalismus. Damit meinen wir nicht den “Spiegel”. Den deutschen Journalisten geht es im Vergleich zu allen anderen in Europa und der Welt vergleichsweise gut. Auch wenn sie sich natürlich mit vielen Problemen herumzuschlagen haben. Aber Deutschland steht für Meinungsfreiheit. Es ist ein Musterland der Demokratie und Pressefreiheit und wir würden gerne mit dem Bundesmedienball dabei helfen, dass wir uns wieder darauf rückbesinnen und anderen Bloggern und Journalisten aus Krisen- und Kriegsregionen Unterstützung zukommen lassen. Wir wollen in diesem Jahr auch ein entsprechendes Programm aufsetzen. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen, aber es sieht ganz hoffnungsvoll aus, dass wir dazu auch Partner gewinnen, die das gemeinsam mit uns tragen.

Wie sehen bisher die Reaktionen auf Ihre Initiative aus? Haben Sie die nötigen 150 Anmeldungen schon erreicht?

Bender: Wir haben bereits nach wenigen Tagen etwa hundert Anmeldungen erhalten. Deswegen sind wir mehr als frohen Mutes, dass wir das Haus voll kriegen.

Wurden Sie auch schon dafür kritisiert, dass Sie eine Alternativveranstaltung zum Bundespresseball ins Leben rufen?

Meyer: Es hat sich noch keiner beschwert. Warum auch? Es gibt in Köln beispielsweise die Prunksitzung und die Stunksitzung, beides funktioniert wunderbar nebeneinander. Das zeigt, Dinge können auch nebeneinander existieren, ohne dass sie sich gegenseitig bekämpfen. Wir kriegen viel Unterstützung, auch von Unternehmen, die Interesse haben, sich zu beteiligen. Der Bundesmedienball wird einen Präsidenten haben, der ihn wie bei einem normalen Ball eröffnen wird. Es wird auch interessante Musik geben, live und von der Kassette. Aber so, dass es ein schönes Fest wird, ohne Austern, aber dafür mit Miesmuscheln, ohne Fünf-Sterne-Küche, dafür aber mit Gemüse-Döner und Curry 36, allerdings erstmals ohne Schlange.

Bender: Unser Slogan “#490istzuviel” kommt aus tiefstem Herzen. Ich habe mein Abendkleid schon im letzten Dezember gekauft und freue mich, es dann doch in diesem Jahr tragen zu können. Ein großer Dank gilt jetzt schon all denen, die uns unterstützen und mitmachen. Und wer vor 4 Uhr den Saal verlässt kriegt Ärger.