p&k: Herr Welke, die FDP zerlegt sich im Moment selbst, und die Grünen schicken sich an, die Republik zu übernehmen. Ihre „Heute-Show“ kann zurzeit aus dem Vollen schöpfen, oder?
Oliver Welke: Klar, wobei ich mich in den vergangenen zwei Jahren an fast keine Zeit erinnern kann, in der wir keine Sendung zusammenbekommen hätten. Bis jetzt war die Politik gut zu uns.
Wie schwierig ist es, lustig zu sein, während in Japan ein AKW-Gau droht und in Libyen Krieg herrscht?
Gerade bei unmittelbaren Katastrophen ist das problematisch. An dem Freitag, als in Japan die Erde bebte, haben wir dazu nichts gemacht. In der darauffolgenden Woche haben wir uns dann dem Atomthema gestellt, aber bewusst der innenpolitischen Dimension in Deutschland.
Gibt es für Sie Tabu-Themen?
So gehen wir nicht an die Sendung heran. Wir entscheiden das von Woche zu Woche. Eine Tabuliste gibt es nicht.
Die „Heute-Show“ ist eine Comedy-Sendung, trotzdem hatte sie bereits politische Folgen. Mitte März musste der Pharma-Lobbyist Peter Schmidt zurücktreten, weil ihr Reporter Martin Sonneborn ihm vor der Kamera unglückliche Zitate entlockt hatte.
Martin Sonneborn hat ihm lediglich eine Bühne geboten, auf der sich Schmidt selbst in Schwierigkeiten gebracht hat. Ich muss aber sagen, dass unsere Sendung nicht der Entlassungsgrund war. Schmidt hat später noch dem „Handelsblatt“ ein Interview gegeben, was seinem Arbeitgeber nicht gefallen hat. Dann war Feierabend.
Haben Sie eigentlich Mitleid mit Leuten, die Sonneborn so öffentlich entlarvt?
Nein, überhaupt nicht. Das Geniale an Martin Sonneborn ist ja , dass er selbst nie zur Attacke übergeht oder jemanden verbal in eine Falle lockt. Die Kunst besteht darin, solchen Leuten eine Bühne zu bereiten, auf der sie sich dann selbst um Kopf und Kragen reden. Von daher hab ich da kein Mitleid. Andererseits: Der Lobbyist hat mir doch ein bisschen leidgetan. Für seinen Beruf war er einfach zu ehrlich.
Die US-Sendung „The Daily Show“ gilt als Vorbild für die „Heute-Show“. Orientieren sich an deren Moderator Jon Stewart?
Mit dem Wort „Vorbild‘ sind wir ganz vorsichtig. Sprächen wir es aus, würden wir die Latte brutal hoch legen. Die Sendung läuft seit zwölf Jahren und ist mittlerweile in einer Liga angelangt, von der wir noch meilenweit entfernt sind.
Stewart ist in den USA vor rund zwei Jahren zum vertrauenswürdigsten Nachrichtenmann gewählt worden. Können Sie sich das erklären? Stewart ist ein Comedian, ein Satiriker.
Das ist natürlich alarmierend. Stewart hat das in Interviews selbst schon oft gesagt, dass er das einerseits lustig und andererseits schrecklich findet. Er macht ja keinen Hehl daraus, dass er eine Unterhaltungssendung moderiert. Die Situation in den USA mit den politisch so eindeutig positionierten Nachrichtenkanälen wie Fox News und MSNBC ist so polarisiert, dass selbst eine Satiresendung glaubwürdiger wirkt als die Nachrichtenkanäle.
Sat.1 hat Ende März auf die guten Quoten der „Heute-Show“ reagiert: Demnächst müssen Sie direkt gegen die neu aufgelegte „Wochenshow“ antreten. Angst vor der Konkurrenz?
Erst einmal nehme ich das nicht persönlich. Sat.1 hat für eine solche Comedy-Sendung nur noch diesen einen Sendeplatz am Freitagabend zwischen 22.15 und 23.15 Uhr. Das heißt, sie hatten keine andere Wahl, als die Sendung zur gleichen Zeit wie unsere laufen zu lassen. Wir haben es in den vergangenen beiden Jahren jedoch geschafft, uns eine kleine, aber feine Anhängerschaft aufzubauen. Ich hoffe, dass der Kuchen groß genug für alle ist.
Mit Karl-Theodor zu Guttenberg hat jüngst ein polarisierender Politiker die Bühne verlassen. Trauern Sie ihm ein wenig nach?
Aus Sicht der Sendung habe ich da natürlich getrauert. Wer solche Emotionen auslöst, ist für uns ein absolutes Geschenk. Aber ich rechne fest mit einem Comeback. Alleine das ist ein Grund, mit der „Heute-Show“ weiter auf Sendung zu bleiben.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Obama schlagen – Geht das? Die US-Kampagnentrends. Das Heft können Sie hier bestellen.