Import sys, codecs.json
If ‚text‘ in data:
fp = codecs.open(filename, ‚a‘, ‚utf-8‘)
fp.write(json.dumps(data)+“n“)
fp close()
Das ist ein Bot. Seine Aufgabe besteht im Sammeln von Daten. Jürgen Pfeffer, Professor für Computational Social Science an der Hochschule für Politik München, stellte ihn in einem Seminar vor. Pfeffers Studenten programmieren Bots wie diese. Die Nutzung von Chat- und Social-Media-Bots steht immer wieder in der Kritik. Doch es gibt auch nützliche Bots wie den Google-Bot zum Beispiel – ein Skript, das automatisch Websites ausliest und für die Suche indexiert.
Geschwätzige Roboter
Ob sie nun Gutes bringen oder Schaden anrichten: Die künstlichen Intelligenzen sind da. In Gestalt von Chatbots, also kleinen Programmen, die sich auf „natürliche“ Weise mit Menschen unterhalten. Oder als digitale Butler, die, durch Texteingabe, Kurznachrichten oder Stimme gesteuert, für Menschen Dinge erledigen oder finden. Mit ihrer Hilfe kann man via Messenger ein Taxi bestellen, über Twitter eine Reise buchen oder im Chat aktuelle CNN-Nachrichten abfragen. Der Facebook-Gründer schwört darauf: Wenn Mark Zuckerberg Blumen verschicken will, tippe er diesen Wunsch neuerdings einfach in seinen Chatdienst namens Messenger ein, berichtet die „Wirtschaftswoche“.
Auch die Politik setzt auf diese Art der Unterstützung. Chatbots, von „Chat“ wie „chatten“, also plaudern, und „Bot“ für „Robot“ (kurz: geschwätzige Roboter), werden im Wahlkampf eingesetzt, um Daten zu sammeln, Fragen zu beantworten oder um personalisierte, aktuelle Nachrichten, Meldungen und Pressenews „frei Haus“ an den Nutzer auszuliefern. Mit einem Kurzbefehl können Medieninformationen oder Empfehlungen angefordert werden, personalisiert und individualisiert, perfekt auf den Empfänger zugeschnitten. Die kleinen Butler haben das Potenzial, in der politischen Kommunikation Suchmaschinen, Nachrichtendienste und andere Informationsintermediäre zu ersetzen. Dank Bots haben Internetunternehmen noch bessere Möglichkeiten als bisher, darauf Einfluss zu nehmen, welche Nachrichten wen wann erreichen.
Hartnäckige Roboter
Lange richtete sich der Vorwurf der Meinungsmanipulation und Stimmungsbeeinflussung ausschließlich an Blogs und Suchmaschinen. Denn durch die Entscheidung, ob eine bestimmte Information oder ihr Anbieter im Angebot platziert wird (Selektion) und falls ja, wie diese im Ranking der Empfehlungen eingeordnet wird (Sortierung), eröffneten sie den Betreibern – zumindest theoretisch – neue Möglichkeiten, zum Beispiel politische Wahlergebnisse zu beeinflussen. Dass das der Fall ist, bestätigten unter anderem 2011 das Hans-Bredow-Institut und 2015 die amerikanischen Wissenschaftler Robert Epstein und Ronald E. Robertson in Experimenten in zwei verschiedenen Ländern zum „Search Engine Manipulation Effect“. Auch für Unternehmen wie Microsoft oder Facebook ergeben sich mit den Bots weitere Möglichkeiten, sowohl wirtschaftliche als auch politische Entscheidungen ihrer Nutzer zu beeinflussen. Das geschieht, indem sie prägnante Inhalte und Aussagen noch gezielter selektieren und verknappen.
Doch was politische Parteien und Kandidaten im Wahlkampf einsetzen können, das können ebenso gut ihre Gegner verwenden. Mithilfe von Bots lassen sich Follower-Zahlen der Twitter- oder Facebook-Konten erhöhen – oder sie werden eingesetzt, um Spam zu produzieren. Im Internet verbreitete Gerüchte können Stimmungen beeinflussen, von Journalisten oder Politikern aufgenommen und in die Öffentlichkeit getragen werden. Eine an der University of Washington in Seattle durchgeführte Studie zeigte anhand von Twitter-Diskussionen, auf welche Weise im Internet Gerüchte entstehen und wie schwierig es ist, diesen entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang wird oft von Trollfabriken berichtet, die darauf spezialisiert sind, falsche Meldungen zu erzeugen und professionell zu verbreiten. Vermeintliche Flugzeugentführungen, falsche Vergewaltigungsvorwürfe gegen Flüchtlinge, aber auch Demontage politischer Gegner haben sie in ihrem Repertoire. Online-Gerüchte zu stoppen, sei zwar nicht leicht, meinen die Forscher, doch auch nicht unmöglich. Wenn offizielle Stellen rechtzeitig entsprechende Dementis veröffentlichen, könne die Diskussion sich wieder versachlichen und die Wahrheit sich durchsetzen, so das Ergebnis der Studie.
Mit den Chatbots erreicht das Phänomen Fake News eine neue Dimension, die mit rationalen Mitteln und Gegendarstellungen kaum noch zu beherrschen ist. Hier muss gegen einen Gegner argumentiert werden, der – anders als ein Mensch – nie seine Meinung ändert, sondern mit der Effektivität einer Maschine einfach weitermacht.
Bots, die bestimmte Meinungen unter die Menschen bringen, diese dann sehr hartnäckig vertreten und wieder verschwinden, sind in sozialen Netzwerken und über Twitter recht verbreitet. Wenn Wahlen oder wichtige politische Entscheidungen bevorstehen, verstärkt sich das Phänomen. Berühmtheit erlangten Chat- und Social-Media-Bots im Wahlkampf zur US-Präsidentschaft im Jahr 2016. Sie werden als ein Faktor genannt, der die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten ermöglichte beziehungsweise begünstigte. Noch sind es oft Menschen, die andersmeinende Nutzer, Politiker oder Unternehmen beschimpfen. Immer häufiger werden es aber als Menschen getarnte intelligente Roboter sein, die sich darauf spezialisiert haben, wie Menschen zu kommunizieren.
Bad Bots
Ihr Einsatz ist nicht verboten. Solange sie keine Hassreden oder andere strafwürdige Inhalte verbreiten, fallen Bots nicht unter die Löschpflichten gemäß Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Twitter gab zwar bekannt, wöchentlich circa zehn Millionen verdächtige Konten zu sperren oder zu entfernen, allerdings wegen Verletzung der Anti-Spam-Richtlinien und anderer „Hausregeln“ – nicht weil es sich dabei um Bots handelt. Hinzu kommt, dass die Aktion eines Bots kaum von der eines Menschen unterscheidbar ist: Nicht einmal relativ primitive Bots, wie sie die Studenten von Professor Pfeffer programmieren, werden von den in den sozialen Medien eingesetzten Suchalgorithmen, die „böse Bots“ identifizieren und gegebenenfalls blockieren sollen, erkannt.
Die Möglichkeit der Manipulation durch den Einsatz von Bots wird aber als eine Gefahr für die demokratische Willensbildung gesehen. In den USA wurden Wahlverfahren zur kritischen Infrastruktur erklärt – und auch soziale Netzwerke wecken inzwischen das Interesse der Regulierer. Im US-Bundesstaat Kalifornien, berichtete die „New York Times“, wird an einem Gesetzentwurf gearbeitet, der die verpflichtende Kennzeichnung von Bots einführen soll. Der kalifornische Senator Robert Hertzberg, der persönlich offenbar schlechte Erfahrungen mit Bots im politischen Wahlkampf gemacht hat und aktuell eine Wiederwahl anstrebt, sei davon überzeugt, so die „NYT“, dass jener „bot bill“ große Auswirkungen auf das gesamte Internet haben wird – schließlich hätten die meisten Tech-Konzerne ihren Sitz in Kalifornien.
Dass die Kennzeichnungspflicht für automatische Accounts im Ergebnis das bewirkt, was erwartet wird, nämlich, dass Menschen sich von den Bots abwenden oder sich durch die Fake News, die diese verbreiten, nicht beirren lassen, basiert vermutlich auf einer falschen Annahme: dass Menschen den Maschinen mehr misstrauen würden als anderen Menschen.
Digitale Kandidatin
Ganz so verhält es sich leider nicht, wie Michihito Matsuda, die digitale Kandidatin bei den lokalen Bürgermeisterwahlen der Stadt Tama in der japanischen Präfektur Tokio, eindrucksvoll bewies. Ihr Wahlslogan „Künstliche Intelligenz wird Tama verändern“ stieß bei den Wählern auf gute Resonanz. Die KI-Anwärterin versprach, eine „faire und ausgewogene“ Politik zu betreiben und „Richtlinien für die Zukunft“ zu erarbeiten, wobei sie großen Wert darauf legte, das Problem der alternden Bevölkerung zu lösen, teilte ein japanisches Nachrichtenportal in diesem Jahr mit.
Dass sich inzwischen ein Roboter bei einer Wahl aufstellen lassen kann, ist nicht das Interessanteste an dem Fall, sondern dass Michihito Matsuda rund 4.000 Stimmen sammelte. Der größte Teil der Wählerschaft gab schließlich Amtsinhaber Hiroyuki Abe den Vorzug. Die KI-Kandidatin landete allerdings auf einem präsentablen dritten Platz.
Die besseren Politiker?
Wenn Menschen Roboter als ihre politischen Repräsentanten wählen, sollten wir nicht überrascht sein. Roboter gelten als effektiv, unbestechlich, objektiv und nicht korrumpierbar. „Maschinen haben uns ohne Zweifel schon jetzt auf vielen Gebieten überholt“, schreibt der polnische Futurologe Stanislaw Lem und nennt als Beispiel die medizinische Diagnostik, in der „Maschinen keine schlechteren medizinischen Gutachten erstellen als gute Ärzte“.
„Könnte man einen Roboter erschaffen, der in der Lage wäre, einen hohen Regierungsposten einzunehmen, ich glaube, niemand würde ihm gleichkommen können“, sinniert die Roboterpsychologin in einer Erzählung des Science-Fiction-Schriftstellers Isaac Asimov. Anders als Menschen müssen sich Roboter und Maschinen an die moralischen Grundsätze halten, die man ihnen einprogrammiert hat. „Man kann dem System etwa die Pflicht auferlegen, nicht ohne Grund zu töten und zu verletzen oder niemanden aufgrund seiner Hautfarbe zu benachteiligen“, sagt der Maschinenethiker Oliver Bendel.
Irgendwann werden wir vielleicht einen besseren Politiker, Kanzler oder Minister erschaffen, als wir es selbst je hätten sein können. Die meisten heute im Einsatz befindlichen Bots, Maschinen oder Algorithmen entscheiden nicht frei, sondern werden per Anweisung gesteuert. Wenn man aus alldem, was in der Politik heute als künstliche Intelligenz oder algorithmisches Entscheiden gefeiert wird, das Wunschdenken und das Marketing herausnimmt, muss man erkennen: Wir sind bei Weitem nicht so weit, wie wir gerne wären.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe N° 125 – Thema: Gesichter der Zukunft. Das Heft können Sie hier bestellen.