Glück zu dritt

Schluss

Die drei ist eine heilige Zahl. Es gibt die heilige Dreifaltigkeit und die heiligen drei Könige. Wenn man beim Fußball gewinnt, bekommt man drei Punkte. Jetzt kommt noch die neue Ampelregierung dazu: Deutschland regieren jetzt drei Parteien. Was Beobachtern sofort auffiel: Zwischen den Parteien der Ampel herrscht tiefes Vertrauen, grenzenlose Eintracht – das große Wort Liebe wollen sie aber noch nicht in den Mund nehmen. Lieber sprechen sie von Verantwortung. Klingt wie eine typisch deutsche Ehe.

 

Dabei mangelt es nicht an Liebesbekundungen. Die Koalitionäre tauschten innige Blicke aus, sagten ganz liebe Dinge übereinander und ließen die ganze Welt daran teilhaben. Das klingt jetzt wieder wie eine Ehe aus einem Klatschmagazin. Für die Fotografen wird geturtelt. Und was hinter geschlossenen Türen passiert, ist hoch privat. Und so fragen wir uns: Wann gibt es im Bundeskabinett das erste Baby?

 

Der größte Erfolg der Ampelparteien steht jedenfalls schon fest. Von den Koalitionsgesprächen drang nichts nach außen. Das muss den Parteispitzen irrsinnig schwergefallen sein. Von einigen wussten wir während der Pandemie sogar, mit wem sie im Borchardt essen waren. Dem Vernehmen nach sollen sich die Verhandler zur Vorbereitung in ein Kloster begeben haben, wo das Schweigegelübde gilt. Angeblich stand Robert Habeck dort mehrfach vor dem Rauswurf. Wolfgang Kubicki war da längst rausgeflogen (Messwein ausgetrunken), berichten die Mönche mit Händen und Füßen. Reden durften sie ja nicht.

 

Jetzt jedenfalls stehen der Koalitionsvertrag und das Kabinett so ziemlich. Das Wort Kabinett geht aufs Hinterzimmer zurück. Historisch war das cabinet ein kleines privates Räumchen, das vom Flur aus nicht eigens erreichbar war. Man gelangte also nur durch die Haupträume hinein. Nun sitzt in Deutschland nur der Bundespräsident in einem Schloss. Trotzdem wurde auch das neue Bundeskabinett in Hinterzimmern ausbaldowert. Nach welchen Prinzipien die Reise nach Jerusalem genau ablief, wissen nur wenige. Jedenfalls ging Anton Hofreiter leer aus. Simone Peter sprach auf Twitter von einem Dolchstoß. Szenen einer Ehe, würden die Koalitionäre sagen. Na ja.

 

Eigentlich gehen alle Auswahlkriterien irgendwie auf Repräsentativität zurück. Verschiedene Regionen, Parteiflügel, Geschlechter (außer Männern) und einiges mehr müssen berücksichtigt werden. Mit der Ernennung von Cem Özdemir zum Minister schienen sich die Grünen zunächst untreu geworden zu sein. Immerhin holte Özdemir das beste Erststimmen-Ergebnis aller Grünenpolitiker. Die Partei wird doch nicht nach politischem Schwergewicht und Qualifikation entschieden haben? Die grüne Wählerschaft repräsentiert er auch nicht. Auf den zweiten Blick folgt die Erleichterung: Özdemir macht jetzt was mit Hühnern, Schweinen und Kühe melken. Anhand vergangener politischer Schwerpunkte hätte man eher damit gerechnet, Özdemir komme vom Völkerrecht her. Die Quote ist gerettet, auch wenn ätzende Zungen lästern, weniger Migrationshintergrund als bei Özdemir gehe gar nicht. Selbst die Mini-Migration von Schwaben nach Berlin: ein Klischee.

 

Nach Monaten der Pandemie hat die SPD die Möglichkeit, das Gesundheitsministerium fachlich mit einem Experten zu besetzen (auch wenn sie sich wahrlich nicht darum gerissen hat). Was müsste der mitbringen? Er bräuchte eine unbestrittene Expertise im Bereich. Ein Profil als Gesundheitspolitiker und eine gewisse Prominenz wären auch hilfreich. Schaut fast so aus, als käme da nur einer infrage. Ach ja – ganz vergessen –, und es darf nicht Karl Lauterbach sein. Pech gehabt. Der gilt den Parteifreu… Parteikollegen nämlich nicht als zuverlässig genug, weiß ein „Zeit“-Artikel. Dass er Probleme mit der Fraktionsdisziplin hat, hat Lauterbach gleich zu Beginn der neuen Legislatur unter Beweis gestellt. Als Einziger hat er die FFP2-Maske beim Gruppenfoto der Fraktion aufbehalten. Der Mann ist unkontrollierbar! Und das passt gar nicht in eine deutsche Ehe. Dass er es jetzt dennoch wurde, passt aber auch. Kanzler Scholz sagte ja, die meisten hätten sich das gewünscht – also die meisten außerhalb der SPD, versteht sich. Und manchmal bleibt man ja auch wegen der Kinder zusammen.
 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe N° 137 – Thema: Die neue Mitte?. Das Heft können Sie hier bestellen.