Fünf Wege, um Wähler zu erreichen

Wähleransprache

Im vergangenen Jahr haben wir untersucht, wie man Gelegenheits- und Nichtwählende erreichen und zur Wahl bewegen kann. Dafür haben wir mehr als 1100 wahlberechtigte Internetnutzerinnen und Internetnutzer in Bayern repräsentativ zu Ihrem Informationsverhalten rund um die Landtagwahl befragt.

Diese fünf Lehren ziehen wir daraus für die Ansprache von Wählerinnen und Wählern im Superwahljahr 2024:

1. Nichts schreit so sehr „Es ist Wahl“ wie das klassische Wahlplakat

80 Prozent der Befragten in Bayern gaben an, dass ihnen Informationen zur Landtagswahl auf Wahlplakaten begegnet seien. Kein anderes Medium hat eine ähnliche Aufmerksamkeit für die Wahl generieren können. Spannend dabei: Die Plakate erreichten Jung wie Alt in ähnlichem Ausmaß. Alle Altersgruppen ähnlich gut abzudecken, schafft sonst nur das Radio. Plakate sind und bleiben somit trotz fortschreitender Digitalisierung unerlässlich, um Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit zu schaffen, nicht zuletzt auch, damit Wahlberechtigte nicht vergessen, dass Wahlen sind. Inwiefern sie Wählerinnen und Wähler inhaltlich beeinflussen, ist allerdings eine andere Frage.

2. Medienmix ist weiterhin ein Muss

Während die Altersgruppe 65 plus Informationen zur Bayerischen Landtagswahl vor allem im Fernsehen wahrnahm, erreicht das Medium bei den unter 25-Jährigen nicht mal jede und jeden Zweiten. Ein ähnliches Muster zeigt sich im Print-Bereich. Soziale Medien spielten hingegen bei jungen Zielgruppen die zentrale Rolle. Nach Wahlplakaten sind sie der zweithäufigste Kontaktpunkt, bei dem Jüngeren Informationen zu Wahlen begegneten. Es kommt also nach wie vor auf einen guten Mix an, um möglichst viele Menschen erfolgreich anzusprechen.

3. Soziale Medien nicht der AfD überlassen

Nicht nur wer in sozialen Medien Parteien, Politikerinnen und Politikern folgt, begegnet hier Informationen rund um Wahlen. Auch vermittelt über Influencerinnen und Influencern, Nachrichtenseiten oder vom Algorithmus in den Feed gespült, findet Politik auf den Plattformen statt. Welche Plattform dabei genutzt wird, ist primär eine Frage des Alters: Jüngere sind häufiger auf Instagram und TikTok, Ältere eher auf Facebook unterwegs. Die richtige Digitalstrategie berücksichtigt daher die unterschiedlichen Zielgruppen und Plattformlogiken. Keine Partei macht das aktuell so erfolgreich wie die AfD. Sowohl bei Facebook und YouTube als auch bei TikTok hat sie im Parteienvergleich die größte Reichweite. Im Wahljahr 2024 ist es also dringend an der Zeit, dass die anderen Parteien die sozialen Medien (zurück-)erobern und stärker Präsenz zeigen. Nicht zuletzt auch, um neue Wählergruppen zu gewinnen. Unsere Analysen der Nichtwählenden zeigen, dass mobilisierbare Wahlberechtigte positiv auf den Einsatz sozialer Medien in Wahlkampfzeiten blicken, da diese es schaffen, Politik im Alltag der Menschen sichtbar zu machen und als niedrigschwellige Erinnerungsmöglichkeit an Wahltermine wahrgenommen werden.

4. Auf in die Messenger-Kommunikation – auch wenn da noch niemand wartet

Die sogenannte Messengerisierung der Politik ist noch nicht in der Breite angekommen. Nur wenige informieren sich dort passiv oder gar aktiv – überdurchschnittlich häufig darunter: AfD-Wählende. Heißt also: Rein da jetzt, demokratische Parteien, und nicht auch noch diesen Kanal der AfD überlassen. Eine frühzeitige und strategische Nutzung könnte ab diesem Jahr entscheidend sein.

5. Auch außerhalb der Medien stattfinden

Rund 20 Prozent vermeiden auch in Wahlkampfzeiten Nachrichten, gut ein Drittel beklagt jeweils, dass Medien und Politik zusammenarbeiten, um die Bevölkerung zu manipulieren und glauben, dass die Bevölkerung von Medien systematisch belogen wird. Dieser erhebliche Teil der Gesellschaft hat sich aktiv vom gesellschaftlichen Diskurs abgemeldet und ist auf herkömmlichen Wegen kaum noch zu erreichen.

Langfristige und über Wahlkampfzeiten hinausgehende Aufgabe ist hier, Vertrauen (wieder) herzustellen. Um diese Menschen überhaupt noch zu erreichen, muss Politik zum einen dort stattfinden, wo Bürgerinnen und Bürger noch im halböffentlichen Raum zu finden sind; alltagsrelevant sein, um sichtbar zu bleiben sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in der Zivilgesellschaft finden. Persönliche Gespräche mit Bekannten, Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden sind insbesondere für Jüngere eine wichtige Informationsquelle im Vorfeld von Wahlen. Ebenso ist sozialer Druck aus dem unmittelbaren Umfeld für viele das wichtigste Wahlmotiv und wichtiger als klassische Wahlkampfinstrumente.

2024 sind also nicht nur professionelle Kampagnenleute, sondern wir alle dazu aufgefordert, Wahlkampf für Demokratie zu machen und eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen.