Einfach verkleinern

Kolumne

Deutschland diskutiert über das Bundestagswahlrecht. Das Problem ist kein neues: Unser Parlament ist mit aktuell 736 Sitzen deutlich größer als vorgesehen. Neu ist, dass beim aktuellen Reformentwurf der Ampelkoalition keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr vorgesehen sind. Manche Wahlkreissieger könnten den Einzug in den Bundestag daher verpassen.

Laut einer aktuellen Civey-Umfrage fordern 90 Prozent der Deutschen, die Zahl der Bundestagsabgeordneten künftig niedriger zu halten. Doch der Auftrag an die Politik ist nur auf den ersten Blick eindeutig.

Quelle: Civey

Was erwarten die Menschen konkret? Eine Umfrage zur Wahlrechtsreform ist kein einfaches Unterfangen. Dafür ist die Materie schlicht zu komplex. Hand aufs Herz: Ich muss mich jedes Mal wieder aufs Neue einlesen. Wir haben die Reform daher in ihre Einzelteile zerlegt und gefragt, welche Punkte besonders wichtig sind: Eine Reduzierung auf maximal 598 Sitze steht ganz oben auf der Wunschliste, gefolgt von der Beibehaltung der Fünf-Prozent-Hürde. Die Beibehaltung der Direktmandate fällt dagegen deutlich dahinter ab. Der Ampelentwurf trifft also genau ins Schwarze, oder?

Ganz so einfach ist es nicht. Drei von vier Befragten wünschen sich, dass sich bei der Reform möglichst viele Parteien auf einen Kompromiss einigen. Es dürfte ihnen dabei um mehr gehen als ein Zeichen der Harmonie aus Berlin. Das Vertrauen der Bürger in politische Institutionen geht seit Jahren zurück. Die Reform ist so gesehen eine Chance, verlorengegangenes Vertrauen in die Institution Bundestag zurückzugewinnen. Das setzt aber voraus, dass alle Akteure die Debatte darüber nicht nach parteipolitischen Interessen führen, sondern sich um eine nachvollziehbare, praktikable und verfassungskonforme Lösung bemühen.

Quelle: Civey

Diese Reform wäre die vierte seit dem Verfassungsgerichtsurteil von 2008. Es wäre wünschenswert, wenn ein erneuter Gang nach Karlsruhe ausbliebe. Und wenn die Art und Weise der Verkleinerung des Bundestags dann noch für jedermann nachvollziehbar wäre, wäre schon sehr viel gewonnen.

Die verwendeten Umfragen finden Sie hier.