Wie geht die Arbeit der Margot Friedländer Stiftung jetzt weiter, Herr Dreinhöfer?

Interview

Lieber Herr Dreinhöfer, am Mittwoch war die Gedenkfeier für Margot Friedländer in der Berliner Philharmonie. Welche Bedeutung hat das Gedenken für die Stiftung, aber auch für ganz Deutschland?

Das Gedenken als solches ist sicherlich eine Ehrerbietung gegenüber Frau Friedländers Leben und ihrer Aktivitäten. Am wichtigsten war aber eigentlich, dass wir nicht nur ihrer gedenken wollten, sondern eben auch klar machen wollten, dass ihre Mission weiter geht. Wir als Stiftung sehen uns in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass weitergeht was sie angestoßen hat, was sie verkörpert hat und was sie vorgelebt hat.

Die Gästeliste am Mittwoch war wirklich sehr beeindruckend, natürlich viel Politik, aber auch rund 500 Schülerinnen und Schüler. Mögen Sie uns etwas zur Auswahl der Gäste erzählen, sind das alles Wegbegleiter von Margot Friedländer?

Es waren tatsächlich nur geladene Gäste vor Ort, also Menschen, die Margot Friedländer kannten. Das waren einerseits Menschen, mit denen Sie auf der privaten oder auf der gesellschaftlichen Ebene verkehrte, andererseits waren das vor allem auch Schulklassen und andere Organisationen, in denen sie in den letzten zwei bis drei Jahren gelesen hat – neben Schulen etwa auch bei Journalistenakademien und Sportvereinen. Wir haben versucht, Menschen aus allen Bereichen, mit denen Margot Friedländer Kontakt hatte, die Möglichkeit zu geben, von ihr Abschied zu nehmen.

Sie sind hauptberuflich eigentlich Chefarzt. Wie kamen Sie in die Rolle des Vorsitzenden des Vorstandes der Margot Friedländer Stiftung?

Ich habe Sie als Patientin in der Klinik kennengelernt und sie bat mich, sie und ihre Arbeit weiter zu unterstützen. Daraus entstand in den letzten Jahren eine zunehmende Freundschaft und ein Vertrauen. Als Sie vor zwei Jahren die Stiftung gründete, bat sie mich, den Vorsitz des Vorstandes zu übernehmen.

Neben Ihnen sitzen unter anderem Monika Grütters, Mathias Döpfner und Joachim Gauck im Stiftungs-Vorstand. Wie wurde der Vorstand zusammengestellt und wie eng arbeiten Sie zusammen?

Margot Friedländer hat im Alter von 101 entschieden, die Stiftung zu gründen und hatte zu dem Zeitpunkt schon alles vorbereitet. Sie nahm die Gästeliste ihres letzten Geburtstages und schrieb hinter die jeweiligen Namen ein kleines „v“ oder ein kleines „k“: für „Vorstand“ und für „Kuratorium“. Jedes Mitglied ist ein persönlicher Freund und Wegbegleiter von ihr und Sie hat sich ausgiebig Gedanken darüber gemacht, wer in der Stiftung welche Rolle übernehmen könnte. Die Besetzung von Vorstand und Kuratorium der Stiftung ist also Ausweis davon, wie viele Menschen aus den unterschiedlichen Facetten der Gesellschaft Margot Friedländer kennengelernt hat und sich mit ihnen angefreundet hat.

Wie geht die Arbeit der Stiftung jetzt weiter? Welche Projekte planen Sie, um das Lebenswerk von Margot Friedländer weiterzuführen?

Sie hat die Stiftung gegründet, um ihre Mission fortzuführen. Sie wusste, dass sie nicht ewig in die Schulen wird gehen können, um ihre Geschichte zu erzählen und für ihre Werte einzustehen. Diese Aufgabe hat nun die Stiftung. Das ist natürlich eine große Herausforderung. Ohne Margot Friedländer müssen wir jetzt neue Wege finden und versuchen das mit einigen Projekten, die wir mit ihr auch noch diskutieren konnten.

Der Margot-Friedländer-Preis wird auch weiterhin vergeben, dieses Jahr am 16. September. Wir hatten dieses Mal 320 Einreichungen, die Margot Friedländer auch noch mitbekommen hatte. Daraus hat eine Jury unter Vorsitz von Elke Büdenbender fünf Projekte ausgewählt, die im September präsentiert werden. Als Stiftung werden wir auch weiterhin Initiativen und Persönlichkeiten auszeichnen, die sich für Demokratie, Toleranz, Respekt und Menschlichkeit in Deutschland einsetzen.

Um die Mission von Margot Friedländer fortzuführen, möchten wir auch moderne technische Mittel nutzen, um sie weiterhin in Schulen auftreten zu lassen. Wir arbeiten grade an verschiedenen computeranimierten Möglichkeiten, an denen wir erproben, dass wir Margot Friedländer mit ihrer Stimme in Schulen und anderen Organisationen auftreten lassen könnten.

Mit ihr gemeinsam haben wir uns außerdem ein Zweitzeugen-Programm angedacht, im Rahmen dessen ihre Geschichte durch geschulte Moderatoren und Botschafter auch weiterhin in gesellschaftliche Bereiche getragen werden kann, um nicht nur die Erinnerung, sondern vor allem auch ihre Werte hochzuhalten.