Herr Klüssendorf, freuen Sie sich darauf, in den Medien künftig magere Wahlergebnisse und Kompromisse mit der Union verteidigen zu dürfen?
Unser Anspruch ist selbstverständlich, künftig endlich wieder auf allen Ebenen bessere Wahlergebnisse zu erzielen. Dazu legen wir mit unserem Parteitag unter dem Motto „Veränderung beginnt mit uns“ jetzt den Grundstein und steigen in den kommenden Monaten tief in die inhaltliche, organisatorische und kommunikative Neuaufstellung der SPD ein. Unsere Programmatik erschöpft sich nicht im Abarbeiten des Koalitionsvertrages.
Ein Generalsekretär ist immer auch Ideengeber seiner Partei. Welche Ideen haben Sie?
Ich wünsche mir, dass wir uns wieder stärker als Bewegung verstehen. Wir müssen unsere Verbündeten wie z.B. die Gewerkschaften, uns nahestehende Vereine und Verbände sowie auch Bürger, viel stärker einbinden und nicht nur unter uns diskutieren. Und wir müssen die Wiedersprüche unserer Zeit aufgreifen. Der Wohlstand wächst, aber immer weniger Menschen haben etwas davon. Die digitale Vernetzung bringt uns zusammen wie nie zuvor, und trotzdem sind viele Menschen einsam und fühlen sich allein gelassen. Aus meiner Sicht müssen wir die grundsätzlichen Fragen stellen und uns dabei wieder als echte Reformpartei verstehen mit konkreten Ideen, wie wir unserer Vision einer gerechteren Gesellschaft näherkommen können.
Geben mit Bärbel Bas als Parteichefin, Matthias Miersch als Fraktionsvorsitzendem und Ihnen als Generalsekretär künftig die Parteilinken in der SPD den Ton an?
Nein, und darum geht es auch gar nicht. In Partei und Fraktion sowie im Kreise unserer Regierungsmitglieder eint uns, dass wir unsere Partei gemeinsam neu aufstellen wollen. Dafür stehen tolle Menschen mit ganz unterschiedlichen Lebensläufen, Ideen und thematischen Schwerpunkten, die aber alle gemeinsam zum Ziel haben, Vertrauen zurückzugewinnen.
Ist nach dem Parteitag am Wochenende die personelle Neuaufstellung der Partei abgeschlossen?
Seit der Bundestagswahl haben wir uns personell bereits in der Regierung und der Fraktion neu aufgestellt, nun folgt die Parteispitze. Aus meiner Sicht ist unser Team dann komplett – ein Team, das wirklich sehr viel mitbringt, um die SPD zu neuer Stärke zu führen.
Und wie sieht es mit der inhaltlichen Neuaufstellung aus?
Im Mittelpunkt steht hier der Prozess zur Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms. Einen Entwurf wollen wir dem Bundesparteitag 2027 vorlegen. Wir wissen um die Herausforderung, diesen Diskussionsprozess zu führen, während wir als Koalitionspartner in Regierungsverantwortung sind. Es wird darauf ankommen, dass wir immer wieder präzise kommunizieren. Kompromisse sind wichtig in einer Demokratie. Genauso wichtig ist jedoch, dass wir unser Profil wieder stärker herausarbeiten – dies beides gleichermaßen gut hinzubekommen ist unser Auftrag.