NPD verbieten?

Pro und Kontra

Pro
von Joachim Herrmann

Die NPD ist eine verfassungsfeindliche Partei. Sie gehört verboten. Obwohl sich hierüber praktisch alle Demokraten einig sind, scheuen sich trotzdem immer noch viele, ein erneutes Verbotsverfahren in Angriff zu nehmen, weil sie ein Scheitern wie im Jahr 2003 befürchten. Aus dem damaligen Verfahren lässt sich heute aber kein zwingender Rückschluss auf die Erfolgsaussichten eines erneuten Verbotsantrags ziehen. Auch die V-Leute in der NPD müssten hierfür nicht abgezogen wer-den: Die Mehrheit des zuständigen Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte bereits 2003 fest, dass V-Leute kein Verfahrenshindernis bedeuten; die drei Richter, die damals anderer Auffassung waren – und sich als Minderheit nur aufgrund einer spezifischen Verfahrensvorschrift durchsetzen konnten – sind inzwischen alle aus dem Senat ausgeschieden.
Zwar liegt auf der Hand, dass ein Verbot allein das Problem des Rechtsextremismus nicht zu lösen vermag. Und selbstverständlich ergreift die bayerische Staatsregierung bereits heute alle möglichen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, unterstützt kommunales sowie bürgerschaftliches Engagement und leistet wirksame Aufklärungs- und Präventionsarbeit. Trotzdem ist nicht auf Dauer hinnehmbar, dass die NPD in den Genuss der besonderen Privilegien einer politischen Partei kommt.
Der erste und heute wichtigste Schritt, um dem ein Ende zu setzen, besteht in einer effektiven politischen Überzeugungsarbeit gegenüber Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, die allein berechtigt sind, einen Verbotsantrag zu stellen. Dort muss sich die Erkenntnis durchsetzen, dass ein Antrag – trotz der unvermeidbaren verfahrensmäßigen Risiken – erfolgversprechend sein kann. Dafür werde ich mich persönlich einsetzen. Wir brauchen hierüber Einigkeit. Ein Alleingang wäre der falsche Weg, da eine demonstrative Uneinigkeit der Verfassungsorgane ein fatales Signal böte, von dem die NPD – die es gerade zu verbieten gilt – nur profitieren würde.
 

Kontra
von Wolfgang Bosbach

Alle Jahre wieder – kommt nicht nur das Christuskind, sondern auch die Forderung, erneut einen NPD-Verbotsantrag zu stellen. Wenn man in regelmäßigen Abständen einen Verbotsantrag fordert und ihn dann aus guten Gründen doch nicht stellt, ist das wenig überzeugend. In der Beurteilung der NPD sind wir uns sicher rasch einig.Daran, dass diese Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, dürften ernsthafte Zweifel nicht bestehen. Aber dies genügt für ein Parteienverbot alleine nicht! Der Schluss „weil die NPD verfassungswidrig ist, muss sie auch verboten werden können“ ist ein Kurz-Schluss. Das Bundesverfassungsgericht verlangt über die bloße Verfassungswidrigkeit hinaus, dass die Partei gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung „aggressiv-kämpferisch“ agiert. So genügt der Umstand, dass ein NPD-Funktionär politisch motivierte Gewalttaten begeht, nicht zur Begründung eines Verbots. Diese Taten müssen auch der Partei zugerechnet werden können.
Nur die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder kennen alle Quellen und Beweismittel. Daher können nur sie die Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens abschließend beurteilen. Diesbezüglich überwiegt – bis zur Stunde – die Skepsis, weil das Bundesverfassungsgericht im März 2003 verlangt hat, dass der Staat vor einem erneuten Antrag alle V-Leute aus der NPD abzieht. Deren Tätigkeit wird jedoch gerade wegen der Gefährlichkeit der Partei als wichtig und unverzichtbar angesehen. Durch diese Forderung des Gerichts steckt der Staat in einem Dilemma: Wenn die NPD gerade wegen ihrer Gefährlichkeit für unsere Demokratie verboten werden soll, wäre es höchst riskant, auf wichtige Informationen aus dem Innenleben der Partei zu verzichten. Würde sich ein Verbotsverfahren auf wenige Monate erstrecken, wäre dieses Risiko vielleicht vertretbar. Ein erneutes Verfahren würde jedoch eher einige Jahre dauern, und während dieses Zeitraums wäre der Staat bei der Beobachtung des Innenlebens der NPD in einer Art Blindflug. Die damit verbundenen Risiken sind erheblich.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Querdenker – Zwischen Fraktionszwang und Gewissen. Das Heft können Sie hier bestellen.