Wie man 600.000 freie Experten dazu bringt, an einem Strang zu ziehen

In der Kategorie “Beste gesellschaftliche Kampagne” wurde die Agentur Blumberry für ihre Kampagne für die neue “Allianz für selbständige Wissensarbeit” mit dem Politikaward ausgezeichnet.

Worin bestanden die größten kommunikativen Herausforderungen bei der Konzeption und Umsetzung der Kampagne?

Ende 2015 wollte das Bundesarbeitsministerium nicht nur Zeit- und Werkverträge einschränken, sondern auch die Dienstverträge von rund 600.000 freiwillig Selbstständigen unterschiedlichster Branchen in Deutschland – dabei hatten die gar nicht um diesen besonderen Schutz gebeten. Im Gegenteil: Ihre Jobs waren durch die geplante Neuregelung in Gefahr. Die sogenannten selbstständigen Experten mussten deshalb raus aus der Gesetzesvorlage. Unser Auftraggeber: die neue “Allianz für selbständige Wissensarbeit” (ADESW) – und mit ihr eine heterogene Community, von der keiner wusste, ob und wie sie sich aktivieren lässt.

Was ist an der Kampagne innovativ?

Unter anderem das Grassroot Campaigning Modul von Blumberry: Ein eigens programmiertes Online-Tool, mit dem die betroffenen Freelancer mithilfe weniger Klicks Schreiben an ihre Wahlkreisabgeordneten sowie die entscheidenden politischen Ausschüsse generieren konnten. Und das haben sie getan: Allein in den ersten drei Kampagnentagen entstanden so 119.245 persönliche Mails und mehr als 11.000 postalische Briefe. Binnen einer Woche wusste jeder Abgeordnete, was wir wollen und warum.

Welche Ressourcen hatten Sie zur Verfügung?

Ein Zitat aus dem  “Handelsblatt”: “Die Allianz für selbständige Wissensarbeit hat für eine teure Kampagne […] die Agentur Blumberry engagiert […] Nahles dürfte das gar nicht schmecken.” Das mit Frau Nahles mag stimmen. Das mit dem Geld nicht. Die Herausforderung bestand darin, mit einem kleinen Mediabudget die Aufmerksamkeit der politischen Entscheider zu erhalten. Das haben wir geschafft.

Welche Erfolge konnten Sie verbuchen und an welchen Kriterien haben Sie diese gemessen?

Das politische Berlin sprach plötzlich von “Freien Experten”. Und davon, dass eine Überregulierung hunderttausende Selbstständige bedroht. Nur acht Tage nach Kampagnen-Start strich das Arbeitsministerium die strittigen Passagen und lancierte dies über “FAZ” und “Handelsblatt”. Um zu zeigen, dass 600.000 freie Experten auch künftig an einem Strang ziehen können, legten wir nach – und riefen zu einem Protesttag und einer “Streik”-Stunde auf. Betroffene sollten Protest-Foto samt Hashtag #stillstand posten. Tausende beteiligten sich.