Was blüht uns künftig in der Gesundheitspolitik, Frau Fischer?

Frau Fischer, die Gesundheitspolitik wird oftmals, auch von Ihnen, mit einem Haifischbecken verglichen. Warum?
Für mich passt der Begriff, um die Besonderheiten des Gesundheitsbereichs deutlich zu machen. Dass es nämlich ein Bereich ist, in dem ganz viele unterschiedliche Player agieren, die zum Teil sehr verschiedene Interessen haben, aber alle in erster Linie an den Finanztopf ran wollen. Das ist ein Problem. Denn eigentlich sollte es einen Wettbewerb um die Qualität und die besten Lösungen geben und nicht darum, wer das größte Stück vom Kuchen bekommt.

Wie kann man das erreichen?
In dem die Ergebnisse eine entscheidende Rolle spielen. Es müsste bestimmte Gesundheitsziele geben, die die einzelnen Player in diesem Bereich miteinander vereinbaren. Um die zu erreichen, trägt dann jeder, auch die pharmazeutische Industrie, mit seinen spezifischen Ressourcen und Kompetenzen zur Lösungsfindung bei.  
Darüber hinaus braucht es eine ganzheitliche Sicht auf die Politik, die nicht nur den Gesundheitsbereich, sondern auch die Wissenschaft und die Wirtschaft in den Blick nimmt. Denn diese Politikbereiche sind auch betroffen, wenn es um Gesundheitsthemen geht. Das sollte bei politischen Entscheidungen berücksichtigt werden.

Was heißt das konkret für Ihre Arbeit?
Für uns als Verband heißt das, dass wir sehr viel stärker diese Zusammenhänge aufzeigen und den Nutzen, den unsere Mitgliedsunternehmen liefern, mit Zahlen und Fakten belegen müssen. Und natürlich auch, dass wir mit Akteuren aus allen drei Bereichen ins Gespräch kommen müssen.

Und wie lautet Ihre Forderung an die Politik?
Die Politik kann und muss definieren, was für die Patienten erreicht werden soll, sie muss also die Ziele und den Rahmen setzen. Aber sie muss auf der anderen Seite damit Schluss machen, immer nur zu regulieren und versuchen zu wollen, Dinge zu begrenzen. Stattdessen braucht die Gesundheitsbranche eine Politik, die Gestaltungsspielräume eröffnet und den einzelnen Playern die Möglichkeit gibt – natürlich unter bestimmten Rahmenbedingungen – eigene Lösungen zu finden. Dafür muss man eben auch den Blick in Richtung anderer Politikbereiche öffnen.

Denken Sie, dass dieser interdisziplinäre Dialog im Politikfeld Gesundheit unter einer neuen Regierung vorankommen wird?
Er wird im Koalitionsvertrag stehen. Und betrifft dann übrigens nicht nur den Bereich Pharma sondern beispielsweise auch die Medizintechnik, sprich die gesamte industrielle Gesundheitswirtschaft.

Dann bewerten Sie die aktuellen Koalitionsverhandlungen positiv?
Die Vereinbarung zum interdisziplinären Dialog ist sicherlich der positive Teil. Wobei es auch da auf die Umsetzung ankommt. Es gibt aber andere Bereiche, die sind sicherlich sehr schwierig. Dazu zählt, dass das Preismoratorium für die pharmazeutischen Unternehmen fortgeschrieben werden soll und dass auch der Zwangsrabatt für Krankenkassen erst einmal bestehen bleiben soll. Da gibt es große Sorgen seitens der Industrie, dass je nach Kassenlage der Gesetzlichen Krankenversicherung die Industrie als Zahler herangezogen wird.

Beim Thema Gesundheit liegen CDU/CSU und SPD eigentlich weit auseinander. Sehen Sie daher überhaupt eine Chance, dass sich in der nächsten Legislaturperiode etwas verändert?
Ich glaube, dass man sich über die Kernthemen und die Schwerpunktsetzung relativ einig ist. Also dass das Thema Pflege eine zentrale Rolle spielt beispielsweise. Das war in den Koalitionsverhandlungen schon sehr einvernehmlich. Aber über die konkreten Lösungswege gingen die Meinungen dann wieder auseinander.
Bewegen kann sich schon etwas. Die Frage ist nur, ob der Mut besteht zu größeren Schritten in der Umsetzung oder ob man versucht einen Minimalkonsens zu erzielen. Sprich repariert man nur oder gestaltet man. Und ich würde mir wünschen, dass Politik gestaltet.