Rhetorikcheck: Frank-Walter Steinmeier

In der ZDF-Sondersendung “Was nun” vom 19. August fragen Chefredakteur Peter Frey und Hauptstadtstudio-Leiterin Bettina Schausten den Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD): Wie viel Verantwortung soll Deutschland in den Krisen weltweit übernehmen? Zu Beginn wirkt Steinmeier noch freundlich gelassen, selbst als Frey die vergangenen Tage zusammenfasst: Besuch der kurdischen Flüchtlinge im Irak, der Krisenherd Ukraine-Russland, Israel und die Palästinenser. “Wird das alles auch für so einen erfahrenen Mann wie Sie, Herr Außenminister, nicht manchmal zu viel?”

In der Mitte der Zuschauer

Doch Steinmeier ist nicht Steinbrück, nimmt diese Art der journalistischen Zuspitzung nicht persönlich. Im Gegenteil. Er wird ernster und stellt sich in seiner Antwort in die Mitte der Zuschauer: “In der Tat. Ich meine, dass die Zuschauer den Eindruck haben müssen, dass die Welt aus den Fugen geraten ist.” Dann erst kommt seine eigene Sicht und Bewertung: “Und dieser Eindruck ist ja auch nicht ganz falsch: Die Krisen im Nahen und Mittleren Osten, Israel-Palästina, Syrien, Irak, der Iran-Konflikt, der nicht gelöst ist, das Ukraine-Russland-Problem und viele Bürgerkriegskonflikte in Afrika mit vielen Toten täglich, wöchentlich, monatlich. Das in der Tat erweckt den Eindruck, dass diese Welt nicht mehr in Balance ist, dass sie aus den Fugen geraten ist.” Dann im letzten Abschnitt seiner Antwort das grundsätzliche Prinzip: “Aber Befindlichkeiten sind nicht das, was einen Außenminister steuern darf, sondern: Wir müssen uns den Krisen mit Verantwortung stellen und versuchen, trotz mancher Rückschläge, Lösungen zu finden.”

Deutliche Worte

Steinmeiers Antworten offenbaren eine Haltung, die verantwortliches Handeln als einen gemeinsam in der Regierung und in Europa zu erringenden Prozess beschreibt. Der wichtigste Grundsatz dabei lautet: Humanitäre Hilfe für Menschen in Not. Für den zweiten Grundsatz ergründet Steinmeier die Folgen einer Nichteinmischung: “Doch was wäre, wenn die Kurden sich weiter gegen die ISIS wehren und in drei oder vier Wochen keine Munition mehr haben?” Doch erst unter dem Fragedruck der Journalisten bekennt er mehr Farbe: Auf das hypothetische Erörtern folgen deutlichere Worte: “Schulterklopfen alleine reicht nicht!” Eine emotional wirkende Redewendung fasst seine Haltung zusammen und dann endlich: “Wir müssen den Kurden die Möglichkeit geben, sich zur Wehr zu setzen.”

Seine Stärke ist zugleich seine Schwäche: Steinmeiers Exkurse sind für das Fernsehen recht lang. Doch Geschichte braucht auch Geschichten und Personen. Genscher konnte das. Dennoch: Die meisten Zuschauer werden es ihm positiv auslegen. Steinmeier wirkt in seiner Art sachlich und verlässlich, als einer, bei dem Reden und Handeln übereinstimmen: verantwortlich, integrierend und ausgewogen.

Mimik, Gestik, Körpersprache:

Lebendiger Ausdruck:

Redeaufbau: