One Million strong for Hillary

KOLUMNE

Bis zu den Senats- und Kongresswahlen, die darüber entscheiden werden, wie viel (mehr) Gegenwind Obama in den letzten zwei Jahren seiner Präsidentschaft zu spüren bekommt, sind es noch fünf Monate. Doch das Gesprächsthema in Washington ist schon längst die darauffolgende Wahl: “Will she or won’t she?”, ist die Frage, die DC bewegt. Viel Zeit kann sich Hillary Clinton nicht mehr lassen, bis sie endgültig ihre Entscheidung trifft: Die ersten Interessenten werden Anfang des nächsten Jahres ihre Kandidatur ankündigen. Zur Referenz: Für das Kampagnenjahr 2008 stieg sie bereits im Januar 2007 in den Ring, Barack Obama wenige Wochen später. Clinton lässt sich jedenfalls alle Optionen offen und macht diese Woche einen wichtigen Schritt in Richtung Kandidatur: Sie veröffentlicht ein Buch. 

Von erfolgreichen Kandidaten wie Barack Obama bis hin zu solchen, die nur wenige Wochen im Rennen waren, etwa New Mexicos Gouverneur Bill Richardson – sie alle gingen zuerst unter die Memoirenschreiber, bevor sie ihr Glück in der härtesten Kampagne der Welt versuchten. Selbst der nicht gerade als Wortkünstler verschriene George W. Bush veröffentlichte ein Jahr vor seiner Kandidatur die 250 Seiten starke Autobiografie “A Charge to Keep”.

Wenige Monate vor Beginn einer Wahlkampagne ein Buch zu präsentieren, hat nur Vorteile. Es ist ein ausgezeichnetes Vehikel, um nicht nur wieder in den medialen Diskurs zu kommen, sondern vor allem, um den Diskurs zu bestimmen. Etwa im Fall von Hillary Clinton und dem Attentat von Benghazi: Im Buch kann sie sich Raum nehmen, ihre Sicht der Ereignisse darzustellen, die Republikaner seit Monaten versuchen, zu einem von Clinton verantworteten Skandal zu machen. Die Promotiontour führt außerdem vor allem in TV-Studios diverser Talkshows, von denen man sich ohnehin keine besonders kritischen Fragen erwarten muss. Im besten Fall lässt sich damit auch das Kampagnenbudget schon mal ein wenig auffüllen. Für neue Kandidaten ist es außerdem eine gute Taktik, um mal das Wasser zu testen und um zu sehen, wie interessant man für Menschen und Medien ist. Darüber muss sich Clinton keine Gedanken machen: Nach einem Vorabdruck in “Variety” war die erste Ausgabe von einer Million Exemplaren ausverkauft. Die Buchhandlungen haben bereits eine weitere Million bestellt.

Die Veröffentlichung zeigt wieder einmal, wie geschickt Clinton und ihr Team kommunizieren. Der Vorabdruck, die Veröffentlichung des Vorworts im Netz – gratis im Austausch für die für eine moderne Kampagne enorm wichtige Emailadresse – und die (nicht) beantwortete Frage “Will I run for President in 2016?” (Clinton hat sich noch nicht entschieden, wird es aber kurz nach den Midterms tun), die Journalisten gezielt zugespielt wurde: Jeder Schritt ist strategisch geplant und erzielt maximale Aufmerksamkeit. Doch wie immer bei Clinton steht ihr ihre kommunikative Professionalität im Weg und der Hype vor der Veröffentlichung ebbt ab: Langweilig soll das Buch sein, nichts Neues enthalten und jede heikle Frage gekonnt umschiffen.

Clinton ist übrigens nicht die einzige Politikerin dieser Tage, die ein Buch herausbringt: auch die Senatorin und Hoffnungsträgerin der progressiveren Kräfte, Elizabeth Warren, hat kürzlich ihre Memoiren veröffentlicht. Sie versichert allerdings in jedem Interview, dass sie nicht plant zu kandidieren. Wir werden sehen.