Manchmal ist man selbst sein größtes Handicap

Serie "Und sonst so?"

Mit einem Handicap von 21 kann sich Alexandra Dinges-Dierig als gute Golferin bezeichnen. Abschlagen, chippen, putten – alles kein Problem? Zeit für eine neue Herausforderung! Es ist Sommer in Berlin, Sommerpause im Parlament und ein Termin für eine Runde Cross-Golf schnell gefunden.

Die Augustsonne steht hoch überm Platz der Republik, als die Abgeordnete aus Lübeck ihr Golfbag auf der Reichstagswiese abstellt. Fürs Shooting hat die 61-Jährige ihre Schläger extra mit nach Berlin gebracht. In Sitzungswochen fehlt sonst die Zeit. Nun also Cross-Golf, mitten im Regierungsviertel. Für mehr Authentizität bitten wir um einen Abschlag. “Bitte wie? Hier, wo die Menschen sind?”, fragt Alexandra Dinges-Dierig. “MdB schlägt Passanten mit Golfball tot – die Schlagzeile möchte mein Büroleiter nicht erleben”, sagt sie. Sie lacht nur kurz. “Im Ernst. Das ist viel zu gefährlich.”

19 Jahre ist es her, dass die CDU-Politikerin zum ersten Mal einen Golfschläger in die Hand nahm. Zehn Jahre lang hatte ihr Mann sie bearbeitet. Dann machten sie einen Schnupperkurs. Viele Trainerstunden, Fortschritte und Rückschläge folgten. “Da lernt man sich gut kennen, vor allem die eigenen Unzulänglichkeiten”, sagt die studierte Volkswirtin und Handelslehrerin, die als Quereinsteigerin in die Politik kam.

Ob als Hamburger Sportsenatorin, als unterlegene Kandidatin ums Lübecker Bürgermeisteramt oder als Abgeordnete im Bundestag: Sieg und Niederlage liegen oft nah beieinander. Das sei in der Politik wie beim Golfen: “Manches läuft einfach nicht: falsche Maßnahme, falscher Zeitpunkt”, sagt Dinges-Dierig, den Blick aufs Reichstagsgebäude geheftet, und holt aus. Ein guter Schwung.

Noch schnell drei Fragen, bevor es zum Putten ins Paul-Löbe-Haus geht. Welcher MdB wäre ein guter Caddy? “Wolfgang Bosbach, weil er sich traut, unbequem zu sein.” Wen würde sie gern zum Turnier bitten? Verkehrsminister Dobrindt, um mit ihm um die Verlängerung norddeutscher Autobahnen zu spielen. Und gegen wen gewinnt sie am liebsten, rein sportlich gefragt? “Gegen Männer.” Nachfrage: Gegen Männer? “Für die meisten ist es eine unglaubliche Belastung, wenn ihr Ball nicht so weit fliegt wie der einer Frau.”

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Frauen und Macht. Das Heft können Sie hier bestellen.