„Das Korsett aufgeschnürt“

p&k: Herr Kloeppel, nach langwierigen Verhandlungen stand Mitte August fest, dass sich auch in diesem Jahr die beiden Kanzlerkandidaten zu einem TV-Duell treffen werden. Warum diese späte Entscheidung?
Peter Kloeppel: Das wissen wir so genau auch nicht – an den Fernsehsendern lag es jedenfalls nicht. Da wir früh genug um ein und sogar zwei TV-Duelle angefragt haben, war das Thema bei allen Beteiligten präsent. Die Arbeitsbelastung der beiden Politiker und Koordinationsschwierigkeiten haben vielleicht dazu geführt, dass Union und SPD diese Frage erst im August entscheiden konnten. Die Sender standen jedoch seit einiger Zeit untereinander in Kontakt, um produktionstechnische Details und mögliche Sendeplätze zu besprechen.

Wie im Jahr 2005 wird es wieder nur ein TV-Duell geben. Was sind die Gründe?
2005 haben die CDU-Unterhändler klar gesagt, dass die damalige Kanzlerkandidatin Angela Merkel nur ein TV-Duell wünsche. Als Gründe nannte uns die Partei Terminprobleme. RTL und Sat1 hatten auch in diesem Jahr zwei Duelle angefragt und auch vorgeschlagen, die beiden Sendungen in unterschiedlichen Formaten zu produzieren. Ein Duell hätte im klassischen Format stattfinden können. Im zweiten Duell hätten wir gerne auch Bürger zu Wort kommen gelassen. Dieser Vorschlag wurde abgelehnt. Es wird eine Sendung geben, die der aus dem Jahr 2005 formal stark ähneln dürfte.

Vor vier Jahren kritisierten viele Beobachter des Duells die mangelnde Kommunikation zwischen den beiden Kandidaten.
Wir hoffen darauf, dass dieses Format in diesem Jahr mehr Duellcharakter bekommt. Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier sollen nicht nur unsere Fragen beantworten, sondern auch in einen Dialog miteinander treten.

Können Sie das als Moderator fördern?
Da sind unseren Möglichkeiten auch Grenzen gesetzt. Wenn die beiden Kandidaten nicht miteinander reden oder sich streiten wollen, ist es für uns Moderatoren schwierig, sie zum Jagen zu tragen. Wir werden jedoch alles versuchen, einen Schlagabtausch zwischen Merkel und Steinmeier zu fördern.

Sie haben für RTL auch die beiden TV-Duelle 2002 und 2005 moderiert. Was hat sich im Lauf der Jahre verändert?
Das Duell 2002 war in dieser Form eine deutsche TV-Premiere und hatte – weil man nichts falsch machen wollte – ein sehr enges Korsett. Das haben wir im Jahr 2005 deutlich aufgeschnürt. Die Regeln und die festgelegten Abläufe wurden immer flexibler. Das setzen wir in diesem Jahr fort. Wir wollen bei den Zuschauern nicht den Eindruck hinterlassen, dass wir eine Art Schablonensendung haben, in der es immer nur zu den gleichen Frage-und-Antwort-Sequenzen kommt. Es soll spontane Nachfragen geben, auf die die Kandidaten reagieren müssen. Wir haben uns auch von den Zeitkorsetten für beide Kandidaten verabschiedet, die es im ersten Duell gab. Aber natürlich messen wir im Hintergrund die Zeit und achten darauf, dass beide Politiker den gleichen Rede-Anteil haben.

Das Fünfparteiensystem hat die politische Lage in Deutschland verändert. Macht ein TV-Duell überhaupt Sinn?
Ich denke ja. Wir haben die beiden Kandidaten zu Gast, die überhaupt die Chance haben, Bundeskanzler zu werden. Diese Möglichkeit haben die Spitzenkandidaten der Oppositionsparteien nicht.  

In diesem Jahr setzen viele Politiker auf den Online-Wahlkampf. Welche Rolle spielt die Berichterstattung im Fernsehen noch?
Eine viel, viel größere Rolle, als viele Journalisten ihr zuschreiben. Das Fernsehen ist immer noch das Medium, das am prägendsten für die Meinungsbildung ist. Natürlich findet auch im Internet und in Blogs eine wichtige Diskussion statt. Und natürlich spielen politische Web-Seiten in der Informationsvermittlung eine wichtige Rolle. Aber wenn wir vom TV-Duell 2005 ausgehen, dann können wir auch in diesem Jahr wieder mit einer Zuschauerzahl von bis zu 20 Millionen rechnen. Das gibt es in dieser Ballung auf keiner Webseite.

In diesem Jahr findet das erste TV-Duell ohne Gerhard Schröder statt. Glauben Sie, dass Merkel und Steinmeier ihn adäquat ersetzen können?
Das kann ich erst dann beantworten, wenn das Duell vorbei ist. Auch Gerhard Schröder hatte sich in so einer Sendung gut unter Kontrolle. Aber er erkannte sehr schnell die Gelegenheiten, in denen er punkten konnte.

Zum Beispiel seine Liebeserklärung an seine Frau im Jahr 2005.
Ich glaube nicht, dass so etwas in diesem Jahr bei Merkel und Steinmeier vorkommen wird. Vielleicht eher eine Liebeserklärung an Deutschland. Ich lasse mich gerne überraschen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Jetzt aber los! – Endspurt zur Bundestagswahl. Das Heft können Sie hier bestellen.