Best Practice vom Paten

Praxis

Es gibt viele Lehren, die Sie aus dem Meisterwerk “Der Pate” ziehen können. Zum Beispiel, dass Sie potenziellen Widersachern niemals, aber auch wirklich niemals verraten sollten, welches Ihr bestes Pferd im Stall ist, möchten Sie nicht eines Morgens dessen totäugiges Haupt in Ihren Satinlaken finden. Und auch, dass eine katholische Taufe, Weihwasser und Satanabschwörung inklusive, nicht davor feit, sich auf die mafiöse Seite der Macht zu gesellen.

Wo wir beim Stichwort wären: Macht. Denn nur darum geht es Marlon Brando, alias dem Godfather, im Streifen von 1972. Er hat Einfluss, die richtigen Freunde in Politik und Justiz, ein gigantisches Dollar-Reservoir und ist Patriarch einer Großfamilie – er intrigiert und verwöhnt im Wechseltakt. Und: Don Corleone pflegt Grundsätze. Dazu gehört, nicht in das hässliche Rauschgiftgeschäft einzusteigen, wie es die konkurrierenden Clanchefs tun (“Denkt doch mal an die Kinder!”).

So sind die 523 Minuten der Trilogie ein anschauliches Telekolleg zum Thema Machtspielchen. “Irgendwann, möglicherweise aber auch nie, werde ich dich bitten, mir eine kleine Gefälligkeit zu erweisen”, krächzt der Don nach fünf Minuten Laufzeit –stilecht ein Kätzchen kraulend und mit Rose in der Brusttasche. Zwei Stunden später wird er Unterstützung einfordern. Eine Hand wäscht die andere (in diesem speziellen Fall handelt es sich um einen Bestatter, der ein Mordopfer zu waschen hat).

Hilfreiche Tipps für den politischen Alltag

Jetzt könnten Sie einwenden, im alltäglichen politischen Geschäft käme es doch recht selten zu Drohungen à la “Entweder kommt deine Unterschrift oder dein Gehirn auf den Vertrag”. Möglich. Dennoch sollte man in seinem rhetorischen Repertoire durchaus über solche Geschütze verfügen, oder besser noch, über Handlanger, die das tun. “Geld ist eine Waffe. Politik ist zu wissen, wann man abdrückt.” Mit einer solchen Haltung gelingt nicht unbedingt der Sprung in den Ethikrat, aber wer die Wahrheit darin erkennt, bringt es vielleicht doch noch zum Waffenschein. Mr. Corleones Ratschlag “Hüte dich, deine Feinde zu hassen, denn das trübt dein Urteilsvermögen”, klingt fast schon biblisch. Stehen Sie Gegenspielern emotionslos gegenüber und hassen Sie stattdessen Ihr Millionen-Dollar-Pferd – dann sind Sie zumindest unbestechlich.

Der für die Polit-Branche wohl nützlichste Aphorismus ist aber dieser: “Der reichste Mann ist immer der, der die mächtigsten Freunde hat.” Lassen Sie das einen Augenblick nachhallen. Loyalität ist keine Einbahnstraße! Sollten Sie also zu denen gehören, die sich selbst als den glänzendsten Goldfisch im Glas betrachten, na dann gute Nacht, liebe Macht! Schlussendlich kommt es darauf an, wer mit wem auf dem Sommerfest zu neunziger Jahre Synthie-Pop schunkelt. Oder welches illustre Duo nach der Fete der Glücksspiellobby gemeinsam den Jackpot heimwärts karrt.

Mein Tipp: Notieren Sie liebgewonnene Dogmen künftig in einem eigenen Paten-Tagebuch. Denn erst strenge persönliche Prinzipien machen einen Mann (mit Gendergerechtigkeit kann der gemeine Mafiabaron leider wenig anfangen) wahrhaft mächtig. Und wenn es dann doch einmal unappetitlich werden sollte, hilft den PatInnen dieser Welt sicher auch ein Pferde­magen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe politik&kommunikation II/2015. Das Heft können Sie hier bestellen.