Alleskönner Wahlplakat

Serie

Mit Facebook-Auftritt, Website, Twitter, einem Internetfernsehkanal, einer digitalen Zeitung lässt sich eine eigene kleine Medienwelt aufbauen, ein sicherer Raum für Anhänger schaffen. Hier kann das Weltbild verfestigt werden, ohne viele Gegenargumente zu hören. Hat man eine starke Botschaft, ist auch der Mangel an Kontrolle von Kampagnen im Web nicht das Problem. Gerade Oppositionsparteien können hier experimentierfreudig sein.

Und doch: Eine übersteigerte Erwartungshaltung an die sozialen Medien scheint nicht angebracht. Noch werden Wahlen offline gewonnen – oder verloren. Man muss im Wahlkampf das dominante Medium dominieren. Es gab noch keinen Wahlkampf in Deutschland, bei dem das dominante Medium das Internet war. Wichtig bleibt die Übertragung in die analoge Welt, eine gute Kampagne hat immer Offline-Wirkung.

Plakate können nicht nur kleben

Der “Polit-Klassiker“, das Plakat, hat seine Rolle behauptet. Plakate sind das in der Öffentlichkeit und von den Medien am stärksten beachtete Werbemittel. Als Transportmittel der politischen Botschaften wirken Plakate unmittelbarer und öffentlicher als jedes andere Werbemittel. Sie waren und sind ein unverzichtbarer Erfolgsfaktor für modernes (Wahlkampf-)Medienmanagement. Als Medium sind Plakate bei öffentlich-relevanten Themen traditionell von großer Bedeutung, übernehmen gesellschaftspolitische Funktionen. Sie erzeugen das erforderliche politische Klima, dem sich Passant und mobile Bevölkerung nicht entziehen können, stärken den Wahlkämpfern auf der Straße den Rücken.

Ein Plakat kann heute nicht nur kleben, es weiß auch die Neuen Medien für sich zu nutzen. Es wird zur zeitgemäßen Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Welt – via aufgedrucktem QR-Code lassen sich klassische und digitale Medien miteinander vernetzen, bieten vertiefende Information an. Und das Plakat kann sogar sprechen. Mit einer App lässt sich eine persönliche Videobotschaft abspielen. Überraschende Effekte, die auch auf Anzeigen funktionieren und aufmerksamkeitsstark wirken.

Die Plakatierung macht auch die Dramaturgie sichtbar, lässt die Phasen eines Wahlkampfs erkennen. Hier nur ein mögliches Beispiel, im jeweiligen Einzelfall müssen die Phasen den konkreten zeitlichen Bedingungen und der Ausgangslage eines Wahlkampfes aus Amt oder Opposition folgen:

1. Sympathie-Werbung noch vor der heißen Phase: Kandidat ganz privat, mehr Mensch als Amt. Anlassbezogene Emotionalisierung in der Adventszeit, zu Weihnachten, zum Jahreswechsel oder auch zur Sommer/Ferienzeit.

2. Sensibilisierung für die Ausgangsstimmung, die den Wahlkampf eröffnet. Die Wähler dort abholen, wo sie der Schuh drückt, die Kernbotschaft und die (wenigen!) wirklich relevanten Themen (mit oder ohne Kandidat) kommunizieren.

3. Personalisierung, Politisierung und Polarisierung. Kandidaten geben Antworten für die Zukunft. Angriffe auf den politischen Gegner erfolgen auf separaten Plakat-Sujets.

4. Mobilisierung mit souveränem Schluss-Auftritt. Die Plakatierung in der letzten Dekade vor der Wahl verdichtet die emotionale und informative Wähler-Ansprache zu einem mobilisierenden Wahlaufruf. Der Kandidat beziehungsweise die Kandidatin selbst ist gewinnend und zwingend, Garant für eine erfolgreiche Zukunft. Im Endspurt, nur noch wenige Tage vor der Wahl, polarisiert ein sichtbar großer Aufkleber und gibt Handlungsanweisung für die Stimmabgabe. Auch wenn der Wahlkampf wirkt, darf die Stimmung nicht in trügerische Sicherheit umschlagen, die ein Wählengehen scheinbar unnötig macht. Zudem sind viele Wähler zunehmend noch unentschlossen – die letzten 72 Stunden sind entscheidend!

Wichtig zu beachten: Das erste Plakat zu Wahlkampfbeginn steht immer im Mittelpunkt des medialen Interesses und vermag die Medienberichterstattung für den gesamten Wahlkampfverlauf redaktionell zu beeinflussen, zu bestimmen. Gerade für Oppositions-Parteien muss hier das Schlüsselwort des Wahlkampfs bereits thematisch und personalisiert aufgeladen kommuniziert werden.

Auch tagesaktuelle Botschaften (“Message of the Day”) lassen sich zur Unterstützung der Medienarbeit mit der Enthüllung von Sondergroßflächen vor Pressevertretern trefflich inszenieren.

Personality-Prospekte verbinden Person und Politik

Die Kandidaten-Broschüre verbindet Person mit Politik, ist redaktionelle Plattform für den vertrauenswürdigen Image- und Kompetenztransfer, die Visitenkarte. Was hat die Kandidatin, den Kandidaten geprägt, was ist der Antrieb, was als Mensch wichtig, was als Mandatsträger? Der Auf- oder Ausbau von Bekanntheit und Image geht einher mit der Botschaft der Kernthemen, erzählt in starken Bildern und persönlichen Texten. Starke Bilder! Nicht nur inszeniert, immer aber professionell realisiert. Wird die fotografische Dokumentation der politischen Arbeit über die Legislaturperiode vernachlässigt, fehlt dem zu bebildernden Leistungsnachweis Authentizität.

Die Medienlandschaft im Printbereich ist geprägt durch eine Fülle an Zeitungen und Zeitschriften für unterschiedlichste thematische Interessen, Zielgruppen und Platzierungsangebote, die auffallen. Doch seit vielen Jahren feststellbar ist eine rückläufige Tendenz im Umfang der Schaltung von Anzeigen im Wahlkampf auf Bundes- und Landesebene. Wurden früher thematischen Botschaften weite Inserat-Strecken eingeräumt, so ist die Anzeige heute eher taktisches Medium. Für die Schlussoffensive auf allen kommunikativen Kanälen oder auch die Schaltung eines pointierten Motivs in einem Medium, das nicht unbedingt die Parteiinteressen vertritt – und so von sich reden macht. Mittelbegrenzung und Kosten/Nutzen-Überlegungen haben sich zugunsten digitaler Botschaften verlagert, die redaktionelle Qualität der schaltkostenfreien Medienarbeit hat hier ihren Zugang gefunden.

Im medial überschaubarem Raum, auf kommunaler Ebene, in der örtlichen Presse, die nicht nur die regionalen Mantel-Ausgaben großer Verlage, sondern im besonderen auch die lokalen Stadtteil-Anzeigenblätter umfasst, hat die Anzeige im Kontext politischer, wirtschaftlicher und sozialer Stadt(teil)-Berichterstattung noch Gewicht. Hier kann sie informieren, argumentieren, korrigieren, den Leser für sich einnehmen. Und nicht zuletzt hilfreich sein, Verlage und Redaktionen in ihrer fairen Berichterstattung zu unterstützen.

Film- und Radio-Spots punkten mit Emotionen

Der Faktor “Emotion” spielt bei Wahlwerbespots im Fernsehen die größte Rolle, die Selbstdarstellung der Parteien und insbesondere ihrer Spitzenkandidaten steht dabei im Mittelpunkt des reichweitenstarken und bei nationaler Ausrichtung nach Zielgruppen zu selektierendem Medium. Auf kommunaler Ebene können Wahlwerbespots im Kino das fehlende TV-Medium ersetzen, allerdings muss Spielfilmqualität und/oder ein Höchstmaß an Kreativität gewährleistet sein, um im Umfeld der Industrie-Produktionen bestehen zu können. Gelingt dies, so ist die emotionale Ansprache aufgrund der audio-visuellen Eigenschaften des cineastischen Mediums um ein Vielfaches stärker als im Fernsehen.

Auch der Hörfunk-Spot ergänzt die Wahlkampfwerbung im Kommunikationsmix. Drei Eckpfeiler definieren den Stellenwert des Radio-Spots: die Gewährleistung von Massenkommunikation, die Regionalisierungs- und die Mobilisierungsfunktion. Niedrige Produktions- und Schaltkosten ermöglichen insbesondere auch bei Kommunal- und Bürgermeisterwahlen die Nutzung des regional stark zu begrenzenden Mediums. Auch auf Veränderungen des politischen Klimas im Laufe des Wahlkampfes kann im Hörfunk schneller und kostengünstiger reagiert werden. Hohe Reichweite und Flexibilität ermöglichen es dem Radio-Spot in der entscheidenden Schlussphase mobilisierend zum Urnengang aufzurufen. Ohne visuelle Reize fehlt dem Wahlwerbespot allerdings ein Teil der emotionalen Wirkkraft audio-visueller Medien, was durch eine besonders aufmerksamkeitsstarke Kreativ-Konzeption auszugleichen ist. Die politische Zuordnung stellt, wenn nicht die bekannte Politikerstimme, die phonetische Fokussierung von Slogan und Parteinamen sicher.

Nichtwähler per Anruf mobilisieren

Direktwerbung ist ein erfolgreiches Kommunikationsmittel, um persönliche, interaktive Kontakte zu Bürgern herzustellen. Mit Instrumenten wie Telefonanrufen oder Mailings werden Wähler direkt angesprochen. Da es politischen Parteien nur erlaubt ist, Wähler anzurufen, die vorher bereits angeschrieben wurden, sind Mailings im Wahlkampf von besonderer Bedeutung. Die zentralen Themen des Wahlkampfs müssen aufgegriffen und das Erscheinungsbild konsequent eingehalten werden. Die weiteren Bestandteile des Mailingkonzepts variieren je nach Situation und Zielsetzung der Aktion.

Grundsätzlich ist der Einsatz von Mailings in verschiedenen Phasen des Wahlkampfs denkbar: vom ersten Brief zu Beginn des Wahlkampfs, der den Dialog eröffnet bis zur Dramatisierung der Relevanz des Wahlentscheides kurz vor dem Wahltag. Aber allen strategischen Überlegungen voran steht die Frage nach der Zielgruppe, die themenspezifisch, nach sozio-demografischen Faktoren oder nach Stadtteilen beziehungsweise Wahlbezirken, zum Beispiel Hochburgen der eigenen Partei, selektiert werden kann.

Das Telefon ermöglicht den Parteien einen noch direkteren Kontakt. Aber nicht alle Wähler oder Bürger können, auch nicht bei Wahlen in überschaubaren Regionen, über das Telefon erreicht werden, da bei Wahlen die zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind. Daher müssen sich die Parteien beim aktiven Telefonmarketing auf bestimmte Zielgruppen beschränken. In der Regel sind Zielgruppe von Telefonaktionen Wähler in Wahlbezirken mit niedriger Wahlbeteiligung, aber hohen Stimmanteilen der jeweiligen Partei. In diesen Regionen verspricht Telefonmarketing zur Mobilisierung besonders effizient zu sein.

Folge 1: Nach der Wahl ist vor der Wahl

Folge 2: Ohne Emotionen geht es nicht

Folge 3: Von Massenmedien zu Medienmassen

Folge 5: Bürgergespräch und Exkurs in Kommunale