30 Jahre Neujahrsansprachen

Staatstragend, wichtig und austauschbar kommen sie daher die – Neujahrsreden. Besonders aufgefallen ist dies an Sylvester 1986. Erst bei den letzten Sätzen der Neujahrs-Rede Helmut Kohls – als er ein „friedvolles und glückliches Jahr 1986“ wünschte – fiel es auf, dass diese Rede aus dem vergangenen Jahr stammte. Bereits seit 1970 hält der oder die Bundeskanzlerin die Rede an die lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger zu Neujahr. Davor sprach der Regierungschef an Weihnachten an das Volk. Zu Neujahr 2010 jährt sich die Neujahrsrede des Bundeskanzlers zum 30. Mal. Das sind 30 Reden, kurz, einschläfernd und vorhersagbar. Dennoch verfolgt das Bundesdeutsche Volk diese Rede in der großen Mehrzahl. Die Rede des Bundeskanzlers gehört zu Neujahr, wie „Dinner vor One“- oder das Neujahrskonzert aus Wien zum ersten Tag des Jahres.  Worin liegt der Zauber dieser Rede?
Aber gerade weil die gesamt Bevölkerung parteiübergreifend mit der Rede angesprochen werden muss, gerät sie zu einem Einheitsbrei: einer „Freundschaft, Liebe, Eierkuchen-Soße“, wie Thilo von Trotha, als ehemaliger Redenschreiber von Helmut Schmidt Mitverfasser mehrerer Neujahrsansprachen eines Bundeskanzler es bezeichnet. Irgendwie müssen eben alle integriert werden, alte, junge, kranke und gesunde. „Die Neujahrsansprache muss vor allem vereinen. Gemeinsamkeit, Partnerschaft, Solidarität, das muss diese Rede leisten.“, so Thilo von Trotha. Dennoch ist die Einschaltquote ein Traum und aufnem Nieau mit Fußballspiele

Priorität: Repräsentation

In meiner Arbeit gibt es klare Prioritäten. Das wichtigste ist immer die Vertretung des Ministerpräsidenten oder auch des Ministers. Das kann in Berlin, Brüssel, oder Baden-Württemberg sein. So nimmt zuerst Ministerpräsident Günther Oettinger regelmäßig eine Priorisierung seiner Termine vor, auf die der Minister Reinhart zu reagieren hat. Danach kann ich dann meinen Kalender planen. Nicht nur deshalb sind für mich Laptop und Handy wichtige Arbeitsmittel, beides ist immer dabei. So bleibe ich in Verbindung mit meinem Minister und kann ihm auch schnell mal eine SMS zu atmosphärischen Stimmungen in Berlin zukommen lassen. Mein Handy ist grundsätzlich an, allerdings schalte ich es manchmal stumm, um die Veranstaltungen nicht zu stören. Die Herausforderung ist, immer ans Telefon gehen zu müssen: Sowohl der Ministerpräsident als auch der Minister rufen ohne Absenderkennung an. Da nimmt man auch Anrufe an, die man sonst an dieser Stelle nicht als wichtig erachtet hätte. E-Mails checke ich oft zwischen den Terminen oder auch noch abends, bevor ich ins Bett gehe – quasi als Gute-Nacht-Lektüre. Ich bekomme täglich um die 10.000 Mails und mir ist noch keine Möglichkeit untergekommen, wie man Mails ungelesen gefahrlos löscht. Außerdem wird davon ausgegangen, dass ich die Dinge kenne, die ich per Mail bekommen habe. Meine Sekretärin hat zwar ebenfalls Zugriff, aber die politische Einschätzung kann ich nicht delegieren. Das ist etwas, das ich aus meiner Arbeit als Bürgermeister von Pforzheim mitgebracht habe. Diese elf Jahre, an der Nahtstelle zwischen Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit, haben mich für die Bedeutung politischer Einschätzungen sensibilisiert. Aus der Arbeit als Bürgermeister konnte ich aber noch mehr mitnehmen. Das Organisieren von Mehrheiten war auch da wichtig. Gerade bei internen Vorschlägen für den Bundesrat hilft es, sich vorstellen zu können, wie dort die Mehrheitsfindung laufen könnte. Von administrativer Seite fordert mich mein jetziges Amt eher weniger. Als Bürgermeister hatte ich 10 Ämter, 50 Abteilungen und rund 2250 Mitarbeiter in meiner Verantwortung. In der Landesvertretung haben wir dagegen nur 2 Abteilungen und ich arbeite mit 60 Leuten zusammen. Nach 1 ½ Jahren kenne ich alle persönlich. In Pforzheim musste ich dagegen ständig mit Mitarbeitern telefonieren, die ich auf der Straße gar nicht erkannte hätte – das jetzt ist ein völlig neues Gefühl.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Zu Guttenberg – Politiker des Jahres. Das Heft können Sie hier bestellen.