Kluge Köpfe gesucht

Sein Telefon klingelt schon wieder. Von der Krise ist bei Florian Busch-Janser nicht viel zu spüren. Der Personalberater aus Berlin zieht mehr Aufträge denn je an Land. Und tatsächlich: In Verbänden, Agenturen und Unternehmensrepräsentanzen gibt es mehr Stellen als früher. Zwar besetzen etwa Unternehmensrepräsentanzen ihre offenen Stellen immer noch vor allem intern, Verbände aber bieten einen großen Markt für Bewerber jeglicher Expertise – auch und gerade wegen der dort hohen Fluktuation. Eine hohe Wechselquote und ein dementsprechend steter Bedarf an Beratern herrscht auch bei Agenturen – für eine „Boom-Branche auf niedrigem Niveau“ hält Busch-Janser sie. Die Professionalisierung im Bereich Public Affairs (PA) zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass Beratungsagenturen, die Personal in diesem Bereich vermitteln, immer gefragter werden. Warum aber suchen Arbeitgeber aus Politik und Politikberatung verstärkt Unterstützung in Personalangelegenheiten?
Vor allem kleine Verbände und Agenturen, die keine Personalabteilung haben, wenden sich an Personalberater. Diese übernehmen dann die aufwändige Suche nach Mitarbeitern. Praktisch heißt das, den Bedarf an Arbeitskräften zu ermitteln und ein Stellenprofil zu fertigen. Anhand dessen sucht der Headhunter Kandidaten aus seinem Datenpool aus oder stellt durch die „Direktansprache“ Kontakt her. Auch wird die Suche über Stellenanzeigen immer beliebter. Schließlich begleitet er seine Kunden zu Vorstellungsgesprächen mit potenziellen Mitarbeitern.
Jedoch unterscheidet sich die Personalvermittlung im Lobbyismus von jener etwa in der PR-Branche und damit vom klassischen Headhunting. „Politik tickt ganz anders“, sagt Busch-Janser. Kandidaten für die Politikberatung müssten recht spezielle Erfahrungen mitbringen. Praktische Kenntnisse über Politik und Wirtschaft sowie deren Bedürfnisse seien unbedingt vonnöten. „Da hilft ein Praktikum im Bundestag manchmal mehr, den Gesetzgebungsprozess kennen zu lernen als Volljurist zu sein.“

FDP-nahe Berater sind gefragt

Dass in der politischen Kommunikation ein anderer Typ gefragt ist, bestätigt auch Ulrich Schuhmann, der eine Personalberatung in Köln betreibt. „Während ein PR-Mensch extrovertiert sein sollte, hält sich ein PA-Berater eher im Hintergrund“, sagt Schuhmann. Auch die Parteinähe der Kandidaten, die in Kommunikationsagenturen sonst keine Rolle spielt, ist von Bedeutung: Schließlich können etwa Verbände leichter Kontakte in Ministerien knüpfen, wenn ihre Interessenvertreter über ein entsprechendes Parteibuch verfügen. „Nach der Bundestagswahl wurde im Gesundheitswesen zum Beispiel vermehrt nach Public-Affairs-Beratern mit FDP-Nähe gefragt“, erklärt Jürgen Neumeyer, der sich vor kurzem als Personalberater in Berlin selbständig gemacht hat, nach 17 Jahren im Bundestag.
Das Besondere an der Tätigkeit von Personalvermittlern in der PA-Branche sind vor allem die Diskretion und die Schnelligkeit, mit der gearbeitet werden muss. In der sehr dynamischen Branche wird häufig erwartet, dass etwa für eine Kampagne innerhalb von 48 Stunden qualifizierte Kandidaten vorgestellt werden. „Dafür ist ein großes Netzwerk das A und O“, sagt Busch-Janser. Der Berater, der viele Kontakte durch langjähriges Engagement in der Union und einem Studentenverband aufgebaut hat, betont, wie wichtig letztlich die Überparteilichkeit des Vermittlers ist. Denn je größer das Netzwerk, desto mehr potenzielle Kandidaten gibt es – und Auftraggeber. Zudem bietet ein weitläufiges Netzwerk die Möglichkeit, schneller an Informationen zu kommen und wichtige Themen frühzeitig zu erkennen.
Zwar hat sich bisher nur eine überschaubare Zahl von Agenturen auf den Bereich Public Affairs spezialisiert. Doch inzwischen kann sich selbst für solche Agenturen ein Einstieg in das Feld lohnen, die bislang nicht politisch gearbeitet haben, bestätigt Christian Löcker, geschäftsführender Partner einer Unternehmens- und Personalberatung in Frankfurt am Main. Trotz der Distanz zur Politik in der Hauptstadt gewinne die Branche auch für seine Firma an Attraktivität. Seit der Wirtschaftskrise im vergangenen Jahr suchen immer mehr Unternehmen den direkten Draht zur Politik, da politische Entscheidungen stärker denn je wirtschaftliche Rahmenbedingungen prägen können. Die Krise hatte daher kaum Auswirkungen auf den Stellenmarkt im Public-Affairs-Zweig. „Besonders Verbände und mittelständische Unternehmen haben erkannt, dass Politik komplexer wird und es vorteilhaft ist, sich auszukennen und Präsenz zu zeigen“, sagt Jürgen Neumeyer. Da sei es sinnvoll, sich Beratungsagenturen zu leisten. Nicht nur in guten Zeiten.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Skandal! – was ist wirklich ein Skandal? und was wird bloss so genannt?. Das Heft können Sie hier bestellen.