Was ihr wollt!

Kolumne

Plattformspezifität – über diesen kleinen aber feinen Zungenbrecher möchte ich in dieser Ausgabe gerne mit euch sprechen. Vor allem in der politischen Kommunikation, also der Parteien- und Politiker/innen-Kommunikation, wird der Begriff für die Social-Media-Kommunikation immer bedeutender.

Es geht darum, über verschiedene Social-Media-Plattformen unterschiedliche Zielgruppen im Rahmen der eigenen Kommunikation zu erreichen. Dafür müssen Botschaften pro Plattform unterschiedlich aufbereitet werden.

„One size fits all“ funktioniert nicht mehr. Diese Binse habt ihr sicherlich schon oft gehört. Mir fällt aber immer mehr auf, dass über die Parteigrenzen hinweg das Thema noch nicht so richtig durchdrungen wurde.

Immer derselbe Fehler

Um es ein wenig bildlicher und überspitzt darzustellen: Politiker/in XYZ macht einen Unternehmensbesuch und möchte, dass im Nachgang auf den eigenen Kanälen darüber berichtet wird. Noch zu oft sehen User am Ende dasselbe Bild: Politiker/in aufgereiht mit den wichtigsten Unternehmensvertretern, das Bild sprengt bei Instagram die Maße (weil 3 Personen abgeschnitten sind), der Text ist immer gleich: „Heute habe ich XXX besucht…. Danke für den Austausch.“. Resultat: zehn Likes bei Instagram, fünf bei Facebook.

Ich will diese Aufbereitungsform gar nicht verpönen, aber ich denke: Da geht noch mehr.

Woran liegt das? Über zwei mögliche Gründe habe ich mir in der vergangenen Zeit die meisten Gedanken gemacht: Das Verständnis seitens der Entscheider/innen und die personellen Ressourcen in einer Organisation.

Mehr als Beiwerk

In der Praxis nehme ich wahr, dass der klassischen Pressearbeit nach wie vor eine höhere Bedeutung zugeschrieben wird. Pressestatements werden akribisch vorbereitet. Social-Media-Arbeit läuft immer so nebenbei mit.

Plötzlich erreicht ein Clipping auf den eigenen Social-Media-Kanälen mit Glück, einer knackigen Botschaft und und wegen des Algorithmus eine Millionen-Reichweite. Sollten wir an dieser Stelle nicht einmal darüber diskutieren, wie viel wichtiger der Einsatz von Social-Media sein kann und wie passgenauer Zielgruppen erreicht werden? Presse und die digitale Arbeit sollten in jedem Fall als gleichwertig gesehen werden.

Die politische Kommunikation priorisiert Social Media oftmals immer noch als „Beiwerk“, obwohl so viel mehr Potenzial dort drin steckt.

Die personellen Ressourcen

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Social-Media-Arbeit für einen Politiker oder eine Partei sehr zeitaufwändig ist. Viele sehen nicht, was hinter einem Posting steckt, aber das hat es oftmals in sich. Um ein Reel von einer Veranstaltungsbegleitung zu schneiden, brauche ich etwa eine Stunde für ein 20-sekündiges Kurzvideo. Eine schnellere Möglichkeit für einen Politiker, um Content aufzunehmen, sind Clippings oder Q&A-Formate. Aber auch hier die Nachbereitung zeitintensiv. Was ich damit sagen will: Wenn es gut werden soll, braucht man Zeit. Wie bei allem im Leben.

Für das trendige Tiktok, das angestaubte Facebook, die Hoffnung Linkedin, den Marktschreier Twitter oder das „Dazwischen-Ding“ Instagram: Jede Social-Media-Plattform hat ihre Eigenarten und verlangt damit auch nach unterschiedlicher Aufbereitung. Als Mitarbeiter/in kann man nicht jede Plattform von oben bis unten durchdrungen haben.

Aber nur Mut: Meiner Meinung nach überwiegen die Potenziale der vielen verschiedenen Gestaltungsmöglichkeitender einzelnen Plattformen für die politische Kommunikation. Zum Beispiel ein eigenes LinkedIn-Format, Q&A und Live-Formate auf Tiktok, authentische Einblicke in den Arbeitsalltag über Instagram und Twitter als Pressekanal.

Es lohnt sich

In der klassischen Pressearbeit stellt man selbstverständlich im Interview mit der Bunten andere Inhalte nach vorne, als im Streitgespräch in der FAZ. Genauso erfordern auch soziale Medien strategisches Denken. Einzelne Plattformen müssen aufgedröselt und mit passenden Formaten für eine bestimmte Zielgruppe bespielt werden. Das ist sehr zeitaufwändig und bindet Ressourcen.

Das lohnt sicher aber, denn digitale Kommunikationsformen sind am Ende kostengünstiger produziert, versprechen höhere Reichweiten und sind global abrufbar.

Also, mein neues Lieblingswort ist: Plattformspezifität. Lasst es uns gemeinsam leben!

Best,

Theresa