Verheißungsvolle Verpackungen

PS: Preppners Sicht

Auf den ersten Blick ist die Idee naheliegend und gut: Anstelle sperriger Bezeichnungen, mit denen kein Fachfremder etwas anfangen kann, nennen Minister ihre Vorhaben seit Neuestem “Gute-Kita-Gesetz”, “Respektrente” oder “Geordnete-Rückkehr-Gesetz”. Das klingt schön positiv, und viele Journalisten übernehmen die Formulierung – häufig schlicht in Anführungszeichen, gelegentlich auch distanzierter als “sogenanntes Gute-Kita-Gesetz” oder “das von Giffey als Gute-Kita-Gesetz bezeichnete Gesetz”.

Manche Medien sind mit dem PR-Kniff jedoch ganz und gar nicht einverstanden: “Warum spricht die SPD zu uns, als wären wir Kleinkinder?”, fragt der “Südkurier” und mutmaßt, Franziska Giffey wolle mit dem “Gute-Kita-Gesetz” “auf den Trump-Effekt” setzen. In der “Süddeutschen Zeitung” heißt es über Horst Seehofers “Geordnete-Rückkehr-Gesetz”, der Name klinge “wie Weichspülerwerbung”. Und selbst im SPD-Organ “Vorwärts” witzelt Kabarettist Martin Kaysh: “‘Gute-Kita’, so ähnlich heißen diese Badezusätze, die als Quengelware für Erwachsene im Supermarkt angeboten werden.”

Kaysh erinnert in seinem Beitrag an den Plan von Peer Steinbrück, die kostenlose Kita für alle einzuführen: “Und dann verloren wir Jahre etwa durch die Abschaffung des ‘Elternbeitragsdefizitausgleichverfahrens’. Da lobe ich mir das ‘Gute-Kita-Gesetz’.” Sicher hat es Vorteile, kurze, eingängige Gesetzesnamen zu wählen, die Debatten über ein Vorhaben erleichtern, weil sie für größere mediale Aufmerksamkeit sorgen. Aber wenn Journalisten und Bürger das Gefühl bekommen, man rede mit ihnen wie mit Kleinkindern oder wolle sie gar manipulieren, dann sind die Schöne-Worte-Erfinder übers Ziel hinausgeschossen.

Zwar beziehen sich die positiven Adjektive auf die Kindertagesstätten, die “gut” sein sollen, auf die Rückkehr, die “geordnet” sein soll – nicht auf das Gesetz. Doch spätestens im Radio hört niemand den Unterschied, ob es um das gute Kita-Gesetz oder um das Gute-Kita-Gesetz geht. Und Framing funktioniert nicht nur im Rundfunk.

Natürlich versuchen Politiker schon immer, ihre Vorhaben in schöne Worte zu kleiden und den Framing-Effekt in ihrem Sinne zu nutzen. Es ist die Aufgabe von Journalisten, die wertenden Worte von den Fakten zu trennen. Ob die vielversprechenden Gesetzesnamen eine gute Idee sind, wird sich zeigen, wenn bei dem ein oder anderen Vorhaben Ernüchterung eingetreten ist, nachdem Journalisten die Verpackung aufgerissen und sich den Inhalt angeschaut haben. Ist die Verpackung zu bombastisch, kann der Inhalt fast nur enttäuschen. Auch in der politischen Kommunikation ist weniger manchmal mehr.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe N° 126 – Thema: Vor der Europawahl: Deutsche in Brüssel. Das Heft können Sie hier bestellen.