Patriotismus – that’s hot!

Patriotismus

Patriotismus ist ein heißes Eisen. Viele fassen es an – und viele verbrennen sich daran. Das verwundert nicht, denn Grundlage dieser deutschen Ambivalenz ist meist nicht nur eine unklare Definition, sondern die Angst sich in den Salat zu setzen. Somit wird das Thema lieber umschifft, anstatt sich offen und optimistisch damit auseinanderzusetzen.

Sich von Extremisten vorschreiben zu lassen, wie wir unser Land positiv gestalten wollen, wäre fatal

Es steht völlig außer Frage; ein krankhaft übersteigertes Nationalgefühl führte in Deutschlands und Europas dunkelste Stunden. Nationalismus hat zu keiner Zeit und in keinem Land etwas Gutes bewirkt und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Doch es darf – es muss – eine glasklare Trennlinie zwischen Nationalismus und Patriotismus gezogen werden. Egal wie laut rechte Ränder rufen, sie seien doch Patrioten, obwohl sie stramme Nationalisten sind. Und egal wie laut linke Ränder rufen, dass Patriotismus nichts anderes als Nationalismus sei. Sich von Extremisten vorschreiben zu lassen, wie wir unser Land positiv und einladend gestalten wollen, wäre fatal.

Deshalb muss landauf, landab die Debatte geführt werden, was Patriotismus ist und wie er unsere Gesellschaft geeinter und inklusiver machen kann, unser Land stärkt und zu einem friedlichen Europa in einer friedlichen Welt beitragen kann.

Nationalismus und Patriotismus sind nicht nur andere Worte, sondern auch anderer Inhalt

Wird bei einem Fußballspiel die Deutschlandfahne geschwenkt, bei einer Veranstaltung die Deutschlandhymne gesungen oder schlicht bekundet, dass es deutsche Traditionen gibt, die einem lieb sind, werden schnell Stimmen laut, dass eine solche nationalistische Einstellung ausgrenzend ist. Ja, Nationalismus ist auch ausgrenzend. Nationalismus stellt das eigene Land und das eigene Volk über andere Gruppen und Völker. Nationalismus ist blind für Individualität, Empathie und eigene Fehler. Denn das Eigene ist das Größte. Es gibt wenig Verachtenswerteres als das pauschale Abwerten anderer Menschen. Genau das ist Nationalismus. Eine Deutschlandfahne schwenken ist es nicht.

Patrioten kritisieren ihr Land

Patrioten hingegen stehen zu ihrem Land und all dem, was sie daran gut finden. Patriotismus steht nicht über anderen, sondern Seite an Seite mit all jenen, die eine ebenso friedvolle Offenheit zeigen. Liebt man etwas, kritisiert man es auch. So gilt das auch für den Patriotismus. Wenn man sein Land und seine Gesellschaft besser machen möchte, muss kritisch geschaut werden, was alles besser laufen sollte. Und dann muss dafür gesorgt werden, dass es das auch tut. Dabei ist es unabdingbar, auch über den Tellerrand zu schauen, um zu sehen, wo gewisse Dinge vielleicht besser laufen und sich ein Beispiel daran zu nehmen.

Im Gegensatz zum blinden Nationalismus schaut Patriotismus ganz genau hin. Wie wichtig es ist, Augenhöhe mit anderen Kulturen, Nationen und Völkern zu wahren, wird allerspätestens dann deutlich, wenn man sieht, was die Folge von Krieg, eigener Überhöhung und dem Niedermachen anderer ist: Am Ende leidet auch das eigene Land. Und wie könnte man sich Patriot nennen, wenn man nicht in Frieden und Sicherheit leben wollte? Ein deutscher Patriot kann folglich nur sein, wer auch überzeugter Europäer ist. Und wer sagt, dass es nicht auch einen europäischen Patriotismus geben könnte?

Einigkeit, Recht, Freiheit

Liegt einem Deutschland am Herzen, dann pflegt man es und macht es für alle, die hier leben, zu einem besseren Ort. Das heißt auch, sich von allem abzugrenzen, was unserer offenen, freiheitlichen Demokratie schaden soll. Daraus resultiert selbstverständlich auch ein Wir und ein Die, aber das ist okay. Denn sich mit Kräften gemein zu machen, die unsere Grundwerte angreifen, ist keine Alternative.

Durch ein Wir etwas anderes auszugrenzen, kann folglich legitim sein und überhaupt erst Grundlage für eine offene, wertebasierte Gesellschaft. So kann Patriotismus seine einende Kraft entfalten. Er kann Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen zusammenbringen. Er kann uns in Deutschland (und darüber hinaus) dazu bringen, gemeinsam für Einigkeit, für Recht und für Freiheit zu kämpfen – niemals nationalistisch über anderen, sondern immer respektvoll, gleichwertig, offen und überzeugt.

Ist das einmal Konsens, wird sich am Patriotismus nur die Finger verbrennen, wer ihn für niedere Zwecke missbrauchen will. Für alle anderen ist er dann einfach nur hot!