Political Branding beschreibt die strategische Positionierung politischer Akteure als erkennbare „Marke“ mit klaren Werten, Botschaften und visuellem Auftritt – ähnlich wie bei Unternehmen. Personal Branding hingegen fokussiert stärker auf die individuelle Person des Politikers, deren Charakter, Geschichte und Persönlichkeit als Alleinstellungsmerkmal. Beide Konzepte überschneiden sich im Wahlkampf und ergänzen einander.
Ein gutes Branding erleichtert den gesamten Wahlkampf erheblich. Es ermöglicht die Positionierung und Abgrenzung von anderen Kandidaten. Das Political Branding hat sich in den letzten Jahren zu einem eigenständigen Aufgabengebiet im Bereich der politischen PR-Arbeit entwickelt.
Politiker bedienen sich seither ausgeklügelter Branding-Strategien, die denen globaler Unternehmen ähneln, um mit der Wählerschaft in Kontakt zu treten und sich ihren Platz im Amt zu sichern. Gut umgesetzt sorgen diese Strategien für mehr Unterstützung im Wahlkampf und ermöglichen es einer Partei, Unentschlossene für sich zu gewinnen.
Individuelle Branding-Strategien als Wahlkampf-Muss
Politiker gestalten ihre öffentliche Persona heute mit der gleichen Präzision, mit der Firmen ihre Produkte positionieren. Sie setzen umfassende Markenarchitekturen ein, die von der visuellen Identität bis zum Messaging via Social Media alles umfassen.
Politisches Branding ist grundsätzlich kein neues Konzept. In der Vergangenheit nutzten Wahlkämpfer Buttons, Slogans und Plakate, um Kandidaten zu unterstützen.
In Zeiten von Instagram, TikTok & Co. hat sich jedoch die Art und Weise, wie Politiker sich selbst vermarkten, revolutioniert. Sie integrieren soziale Plattformen und Storytelling, um Wähler unmittelbar zu erreichen. In politischen Kampagnen entwickeln sie oft eine Geschichte über die Person des Kandidaten, seine Vision für die Zukunft und seine Führungsqualitäten.
Digitales politisches Branding nutzt gezielt Online-Plattformen, soziale Medien und Datenanalysen, um Botschaften individuell anzupassen. Das Motto lautet: direkt und persönlich mit Einzelpersonen in Kontakt treten und schnell auf sich ändernde öffentliche Stimmungen reagieren.
Deutsche Politiker setzen auf unterschiedliche Plattform-Strategien
Die praktische Umsetzung zur Bundestagswahl 2025 zeigte vielfältige Ansätze:
Grünen-Politiker Robert Habeck kehrte nach seinem früheren Abschied und dem Ampel-Ende auf Musks Plattform X zurück. Er präsentierte sich mit hochgekrempelten Ärmeln im Profilbild und erklärte in einem Video seine Kandidatur. Der Kanzlerkandidat postete regelmäßig von seiner Wahlkampftour quer durch Deutschland und positionierte sich mit einem 10-Punkte-Plan zur Migration.
CDU-Chef Friedrich Merz kämpfte gegen KI-manipulierte Videos in sozialen Medien, die ihm Worte in den Mund legten. Er nutzte eigene Empörung als Strategie, um den Abstand zu seinen Konkurrenten zu vergrößern. Dazu bezog er klare Position, wie beim letztlich gescheiterten Migrations-Befreiungsschlag. Zudem setzte er auf traditionelle Symbolik: Wie Trump, der im US-Wahlkampf bei McDonald‘s frittierte, zeigte sich auch Merz demonstrativ bei der Fast-Food-Kette.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz versuchte, durch Merz‘ Bundestagsanträge mit AfD-Stimmen neuen Schwung in den eigenen Wahlkampf zu bringen. Er sprach von einem „Tabubruch“ und zeigte mit eigenem Humor seine TikTok-Präsenz: „Ich tanze nicht. Versprochen #TikTok“. Geholfen hat das freilich nicht.
FDP-Chef Christian Lindner konzentrierte sich auf Instagram mit aufwendig produzierten Wahlkampfvideos und seinem werktäglichen Selfie-Video „WAKE UP CALL“. Er berichtete über die aktuelle Lage und seine Tour durch über 75 Städte in Deutschland.
BSW-Kanzlerkandidatin Sahra Wagenknecht baute aktive und reichweitenstarke Kanäle auf Tiktok, Youtube und Instagram auf. Die Parteivorsitzende nutzte diese Plattformen, um mit persönlichem Video-Content und Eindrücken ihrer bundesweiten Wahlkampftournee ihre Position gegenüber den etablierten Parteien zu stärken.
Andere Branding-Kultur in den USA
Die USA sind im Political Branding Lichtjahre voraus. Dort erkennen Politiker längst die Bedeutung von Plattformen wie TikTok für den Wahlkampf. In Deutschland dämmert den politisch Handelnden gerade erst allmählich, welches Potenzial diese Plattformen bieten.
Donald Trumps persönliche Marke baut auf seinem Image als Geschäftsmann, der den politischen Status quo verändert. Sein Slogan „Make America Great Again“ symbolisiert seine persönliche Marke. Trumps Markenzeichen ist sein ungefilterter Kommunikationsstil.
Das prägt auch seinen Umgang mit Medien: Die Trump-Administration öffnete den Press Briefing Room im Weißen Haus für Vertreter der „neuen Medien“, darunter Podcaster, Social-Media-Influencer und Content-Schaffende. Vertreter der klassischen Medien müssen dafür mittlerweile weichen – auch, um sie für zu bestrafen, wenn sie Strafregelungen des Weißen Hauses ignorieren. Im Wahlkampf gab Trump Dutzenden Podcastern Interviews, um Menschen zu erreichen, die kaum traditionelle Medien konsumieren.
Soziale Medien dienen nicht nur zum Teilen, sondern auch zum Einbinden. Dazu gehören regelmäßige Beiträge, die Beantwortung von Kommentaren und der Austausch persönlicher Geschichten, um eine Community aufzubauen. Plattformen wie Twitter, Facebook und Instagram ermöglichen es Politikern, ihre Erfahrungen, Erkenntnisse und sogar persönliche Momente mitzuteilen, wodurch der politische Prozess für die Wählerschaft zugänglicher wird.
4 Faktoren sind entscheidend:
1. Storytelling: Eine persönliche Erzählung entwerfen
Die Grundlage einer starken politischen Marke bildet die persönliche Erzählung des Kandidaten. Diese Geschichte umreißt den Hintergrund, die Werte und die Vision des Politikers auf nachvollziehbare und inspirierende Weise. Barack Obamas „Hope and Change“ und Donald Trumps „Make America Great Again“ sind Paradebeispiele für Narrative, die die amerikanische Wählerschaft in ihren Bann gezogen haben und jeweils unterschiedliche Segmente der Gesellschaft ansprechen.
2. Konsistenz als verlässliche Quelle
Eine einheitliche visuelle Identität macht die Marke des Politikers leicht erkennbar. Dazu gehören Logo, Farbschemata und Typografie in allen Wahlkampfmaterialien. Die Konsistenz visueller Elemente schafft Vertrautheit und Professionalität, die für das Vertrauen der Wähler unerlässlich ist. Auch das Wording sollte einheitlich sein und einen erkennbaren Stil pflegen.
3. Digitale Präsenz und soziale Medien
Eine solide Online-Präsenz ist heute entscheidend. Politiker kommunizieren über Social-Media-Plattformen direkt mit Wählern, teilen ihre Ansichten zu aktuellen Themen und mobilisieren Unterstützung. Die interaktive Natur sozialer Medien ermöglicht unmittelbares Feedback und Engagement, was sie zu einem leistungsstarken Instrument für die Gestaltung und Anpassung politischer Botschaften macht.
4. Emotionale Bindung
Effektives politisches Branding geht über Logik und Politik hinaus; es zapft den emotionalen Kern der Wählerschaft an. Politiker nutzen Storytelling, Rhetorik und Bilder, um Emotionen wie Hoffnung, Angst, Stolz oder Wut zu wecken, die das Wahlverhalten beeinflussen. Der Schwerpunkt liegt nicht auf eingängigen Phrasen, sondern auf starken und individuellen Motivatoren.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe N° 150 – Thema: Aufbruch ins Machbare. Das Heft können Sie hier bestellen.