Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bewegt sich im aktuellen Wahlkampf auf einem schmalen Grat zwischen populistischer Zuspitzung und dem Anspruch, als seriöse politische Kraft wahrgenommen zu werden.
Im Mittelpunkt der Kampagne steht unübersehbar die Namensgeberin selbst: Sahra Wagenknecht inszeniert sich als Galionsfigur gegen das Establishment und scheut dabei auch die direkte Konfrontation nicht. Ihr markanter Ausspruch beim Bundesparteitag in Bonn in Richtung ihrer politischen Gegner – „Euer Zorn ehrt uns und euer Hass spornt uns an“ – verdeutlicht diese Strategie der bewussten Polarisierung.
Die Partei bedient sich eines Narrativs, das sich am populistischen Rand bewährt hat: Deutschland wird als Land in der Krise dargestellt, dessen Bürger unter hohen Energiepreisen und sozialer Unsicherheit leiden. Das BSW positioniert sich als „einzige konsequente Friedenspartei“ (womit allerdings Russlands Verständnis von Frieden gemeint ist) und verspricht, die Interessen der „normalen Leute“ gegen eine vermeintlich abgehobene Elite zu verteidigen. Diese Botschaft zielt gezielt auf Menschen mit Abstiegsängsten und Existenzsorgen, aber auch auf Industriearbeiter und konservative Wähler. Die Münchner Werbeagentur Iconemy wurde mit der Gestaltung der BSW-Kampagne beauftragt. Die Agentur ist fast ein Vierteljahrhundert alt und hat für namhafte Kunden wie Siemens gearbeitet.
In der praktischen Umsetzung zeigt sich eine bemerkenswerte Diskrepanz zwischen digitaler Präsenz und klassischer Kampagnenführung. Trotz aufsehenerregender Großspenden kämpft die Partei mit finanziellen Engpässen. Statt der ursprünglich geplanten sechs Millionen Euro stehen für den Bundestagswahlkampf nur vier Millionen zur Verfügung. Die Fünf-Millionen-Spende des Unternehmer-Ehepaars Stanger ist bereits aufgebraucht, und die staatliche Parteienfinanzierung kommt für den Wahlkampf zu spät.
Besonders auffällig ist die emotionale Tonalität der BSW-Kommunikation. Die Partei setzt bewusst auf negative Gefühle wie Wut und Enttäuschung, die sie als Katalysator für politischen Wandel zu nutzen versucht. Diese Strategie mag kurzfristig Aufmerksamkeit generieren, birgt aber das Risiko, konstruktive Lösungsansätze zu überdecken.
Bei den Landtagswahlen 2024 erzielte das BSW bemerkenswerte Erfolge in allen drei wählenden ostdeutschen Bundesländern: In Thüringen erreichte die Partei 15,8 Prozent der Stimmen, in Brandenburg 13,5 Prozent und in Sachsen 11,8 Prozent. In Thüringen und Brandenburg gelang dem BSW sogar der direkte Sprung in die Regierungsverantwortung. Die Wählerschaft kam dabei besonders stark von der Linkspartei – allein in Sachsen wechselten 73.000 ehemalige Linken-Wähler zum BSW.
Doch der anfängliche Aufwind scheint nachzulassen: Bundesweit liegt die Partei in Umfragen nur noch bei vier bis fünf Prozent. Anders als die Linkspartei kann das BSW kaum auf drei Direktmandate hoffen, sondern muss die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Parteichefin Sahra Wagenknecht selbst verzichtet sogar komplett auf eine Direktkandidatur und tritt nur auf Platz eins der nordrhein-westfälischen Landesliste an.
Die Adaptionsfähigkeit der Kampagne zeigt sich bisher als begrenzt. Sinkende Umfragewerte werden eher defensiv kommentiert, statt sie zum Anlass für strategische Anpassungen zu nehmen. Das mag auch den begrenzten Ressourcen einer jungen Partei geschuldet sein. Dennoch: Will das BSW nachhaltig Erfolg haben, wird es seine Kampagnenfähigkeit professionalisieren und seine Botschaften differenzierter ausarbeiten müssen. Die bloße Inszenierung von Opposition und das Schüren von Unzufriedenheit könnten sich langfristig als unzureichend erweisen.