Im Kampf um die Delegierten

US-Vorwahl

Es waren wilde zwei Wochen in den US-Vorwahlen mit gleich zwei “Super Tuesdays”. Seit einigen Dekaden gibt es in jedem Vorwahlkalender – der ja von den beiden Parteizentralen in jedem Wahljahr aufs Neue zusammengestellt wird – einen Dienstag, an dem die meisten Delegierten vergeben werden. Ziel dieses Tags ist die Verkürzung des eigentlich bis Juni dauernden Vorwahlprozesses: Zwar sind noch nicht alle Delegierten festgelegt, aber ein Kandidat hat so viel Momentum gesammelt, dass es unmöglich scheint ihn einzuholen. 

Hieße der republikanische Kandidat nicht Trump, sondern Bush, Rubio, Kasich oder gar Cruz wäre das auch dieses Jahr eingetreten. Doch weil sich ein großer (oder zumindest lauter) Teil des republikanischen Establishments gegen diesen Kandidaten wehrt, ist plötzlich nicht mehr der symbolische Sieg relevant, sondern der tatsächliche: 1.237 Delegierte muss ein Kandidat sammeln, um am republikanischen Parteitag gewählt zu werden. Und seit vergangenem Dienstag – dem zweiten Super Tuesday – ist klar: Es gibt keine Möglichkeit Trump zu verhindern, außer zu hoffen, dass er eben diese Zahl nicht ganz erreicht. Dann kommt es zu einer Contested Convention, also zu einem Parteitag, in dem die Delegierten im ersten Wahlgang jenen Kandidaten wählen müssen, dem sie in den Vorwahlen zugeteilt wurden, aber ab dem zweiten Wahlgang frei sind. 

Delegate Math spielt also in diesen Vorwahlen eine wesentliche Rolle. Auf USA2016.de haben wir analysiert, wann völlig klar ist, dass Trump die Delegierten erreicht oder zumindest klar ist, wann Cruz es nicht mehr schafft, die Differenz einzuholen.

Clinton richtet ihren Fokus auf November

Je näher eine Contested Convention rückt, desto wichtiger werden auch zwei weitere Fragen: Wer sind eigentlich diese Delegierten und wie werden sie ausgewählt? Anders als in unseren Gefilden sind das nämlich nicht die üblichen Parteifunktionäre, sondern Menschen von der Basis, die sich in Mini-Kampagnen um die begehrten Plätze bewerben. Weil sich die Kampagnen ihre Delegierten nicht (in jedem Bundesstaat) selbst aussuchen können, können sie nicht sicherstellen, dass die Delegierten über den ersten Wahlgang hinaus loyal sind. Die Frage “Was passiert eigentlich mit Rubios Delegierten?” hat zu einer längeren Antwort geführt, die unter anderem auch das diskutiert.

Bei den Demokraten war der erste Super Tuesday nicht ganz so entscheidend, wie Hillary Clinton erhofft hatte – sie gewann zwar mehr Delegierte, aber nicht genug um Bernie Sanders zum Aufgeben zu bewegen. Sein überraschender Sieg in Michigan einige Tage später am 5. März beflügelte Sanders Hoffnungen sogar noch. Nach einem dominanten zweiten Super Tuesday, wo Clinton alle fünf Staaten gewann – unter anderem die so wichtigen Ohio und Florida – sind Sanders Ambitionen mathematisch zwar noch möglich und die kommenden Staaten stehen tatsächlich eher zu Sanders Gunsten. Aber durchgehend die nötigen 60 Prozent der Stimmen zu machen um den Delegiertenabstand zu schließen, scheint unwahrscheinlich.

Clinton beginnt daher langsam, ihren Fokus auf November zu richten, und sich ihre Winning Coalition zu bauen. Auf afroamerikanische Wähler kann Clinton jedenfalls bauen – ein Nutzer auf Reddit erklärt, warum diese Gruppe so loyal zu den Clintons ist. Ob die Hispanics unter den Wählern eher zu Clinton tendieren, ist noch etwas fraglich, aber auch diese Gruppe ist gewinnbar. Ohnehin wichtig, aber noch mehr, wenn ihr Gegenkandidat Trump heißt, ist für Clinton die weibliche Wählerschaft.

Wie 2008, als Clinton und Obama bis zum letzten Wahlgang in Puerto Rico fochten, wird auch der Vorwahlzyklus 2016 als einer in die Geschichte eingehen, bei dem um jeden einzelnen Delegierten bis zuletzt gekämpft wurde.