Gepflegte Langeweile im Quadrell

TV-Kritik

Der Reporter plusterte kurz vor dem Start: „Jetzt schreiben wir Geschichte.“ Es wurde dann eine der langweiligeren Geschichten. Und das lag nicht an den Quadrellanten. Sondern an den Journalisten. Also an Pinar Atalay und Günter Jauch, der so gerne Journalist sein möchte, aber wieder einmal bewiesen hat, dass er es nicht ist.

So oft fürchten meine Klientinnen und Klienten in unseren Medientrainings die Interviews mit wirklich herausragenden Journalistinnen und Journalisten. Und wie oft sage ich dann: No worries! Ein guter Sieger braucht auch einen wirklich guten Gegner. Ein überzeugender rhetorischer Sieg muss erkämpft und darf niemals geschenkt sein.

Kampffreier Raum

In diesem Sinne war das Quadrell ein kampffreier Raum. Von den Moderatoren kam nichts von dem, was man an Journalistenschulen hoffentlich noch immer zum Führen eines Interviews lernt.

Infolgedessen hatten die Quadrellanten leichtes Spiel. Scholz konnte den Kanzler geben. Merz den Herausforderer – immer daran zu erkennen, dass er wirklich jede Silbe eines Wortes betont. Robert gab den Habeck. Und das machte er nicht schlecht. Und dass Alice Weidel niemals – wie sonst üblich, wenn es eng wird – Tonprobleme reklamierte und auch das Studio auch nicht frühzeitig verließ, kann als Indiz dafür gewertet werden, dass ihr das alles auch nicht über die Maßen unangenehm war.

So konnten alle Vier ihre Programme abschießen, ohne dass ihnen die Moderatoren in die Parade fuhren.

Diese ganze Fragerei war dermaßen langweilig, dass man zwischendurch das Gefühl hatte, Friedrich Merz würde nebenbei noch mit ruhiger Hand über die Banking-App sein Portfolio managen.

Hanseatischer Rabatz

Bis Olaf Scholz dann mal dachte, es sei der Moment für gepflegt-hanseatischen Rabatz. Dann trat er leicht neben das Pult, legte den Ellenbogen ab und ging in einen gemäßigten Angriff über. Das hat er immer gut gemacht. Voll leidenschaftlich, der Olaf. Im Gegensatz zum Merz-Duell hatte er heute seine Pfeile im Köcher und schoss diese in Richtung Merz und Weidel ab.

Kann ich auch – dachte dann wohl Merz. Und schoss vornehmlich gegen Habeck. Das wiederum motivierte diesen. Und so ging es dann hin und her. Aber hat es die Menschen intereressiert? Berührt? Überzeugt?

Komische Fragen

In diesem Sinne ist sicher Habeck der Sieger der Herzen in diesem Duell. Olaf kommt mit all seiner Leidenschaft einfach zu spät. Der Fritze wirkte, als fühle er sich unter seinem Niveau interviewt. Und Alice Weidel hatte sich wohl auf einen ungemütlicheren Abend vorbereitet.

„Was ist denn das für eine komische Frage?“ Damit brachte Robert Habeck den seltsamen Abend dann auf den Punkt. Was war das denn für ein komisches Quadrell?

Was bleibt? Journalismus-Alarm. RTL kann sowas nicht. Floskel-Alarm. Und damit kommt die AfD auf 20 Prozent. Kanzler-Alarm. Olaf muss ziemlich tösen, sonst wird das nix mehr. Und Kandidaten-Alarm. So ein Duell zwischen Habeck und Merz, dafür würde man nochmal einschalten. Aber bitte mit Fragen von Maybritt Illner.