Frauen an der Macht

PS: Preppners Sicht

Sollte das ein Thema sein? Nach der Entlassung von Ursula von der Leyen als Verteidigungsministerin im Schloss Bellevue löste ein Foto mit drei Frauen auf drei Stühlen große Emotionen aus. Da saßen sie: die Parteivorsitzende und baldige Verteidigungsministerin, die Noch-Verteidigungsministerin und baldige EU-Kommissionspräsidentin und die Bundeskanzlerin.

Die Medien druckten das Bild auf ihre Titelseiten, viele nannten es “historisch” oder “ikonografisch”. “So haben wir uns das Ende des Patriarchats nicht vorgestellt”, titelte die “Taz”. Die “Bild” schrieb von “NDW – Neuer Deutscher Weiblichkeit” und meinte damit: “Selbstbewusstsein, Machtinstinkt, Machtwille und Machtstolz”. Angela Merkel habe “weibliche Machtgeschichte” geschrieben, befand die “FAZ”. Der “Focus” schrieb gar von der “Geburt einer neuen politischen Machtstruktur”.

Da war er, der bildliche Beweis, dass drei Frauen diese hohen Positionen haben können. Drei Männer mit denselben Posten, die nebeneinander sitzen, stehen oder einander womöglich anlächeln, hätten hingegen niemanden bewegt. Da muss schon die gesamte Führungsmannschaft eines Ministeriums ausschließlich männlich besetzt sein, damit es Schlagzeilen gibt.

Natürlich ist das Foto ein schönes Symbol dafür, dass Frauen auch die höchsten Ämter in der Politik erreichen können. Andererseits ist gerade die Euphorie über dieses Bild ein Symptom dafür, wie tief wir verinnerlicht haben, dass die Macht zwischen den Geschlechtern in der Politik eigentlich anders verteilt ist. Wie ist es um die Zahl der Frauen im Bundestag bestellt, in den Landtagen? Die sind ziemlich ernüchternd.

Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung haben sich die Parteien vorgenommen, die “gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Leitungsfunktionen des öffentlichen Dienstes” bis 2025 zu erreichen. Die Landtage in Brandenburg und Thüringen haben als bisher einzige Parlamente Paritätsgesetze beschlossen, die Parteien verpflichten, ihre Kandidatenlisten für Wahlen jeweils zur Hälfte mit Männern und Frauen zu besetzen.

Das Machtungleichgewicht zwischen den Geschlechtern ist eben nicht dadurch aufgehoben, dass da nun drei Frauen auf besagten Stühlen sitzen. Erst müssen sich die Strukturen ändern, und das ist eine politische Entscheidung. Dann wäre auch dieses symbolische, historische, ikonografische Bild nur ein ganz normales Foto und für die Medien kein besonderes Thema. Das wäre doch am schönsten.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe N° 128 – Thema: Wandel. Das Heft können Sie hier bestellen.