„Kanzler für den Klimaschutz“ – die Älteren erinnern sich vielleicht? Mit solchen Plakaten hat Olaf Scholz 2021 die Wahl gewonnen. Oder hat Armin Laschet sie vielmehr verloren, weil er in einer der größten Klimakatastrophen des Landes (Ahrtalflut) gelacht hat? So oder so: Vor nur dreieinhalb Jahren hat die Kommunikation rund um die Klimakrise noch die Bundestagswahl entschieden. Jetzt spielt das Thema im Wahlkampf kaum noch eine Rolle. Im Gegenteil – der Tenor lautet: Wir müssen erst mal die Wirtschaft in den Griff kriegen und Klimaschutz ist nur ein weiterer Klotz am Bein. Was die meisten Parteien aber doch erkannt haben: Klima, Energie und Wirtschaft sind untrennbar miteinander verbunden. Anders als im Wahlkampf spielt das Thema in den Wahlprogrammen durchaus eine Rolle.
CDU/CSU: Klimaschutz und Wirtschaft im Spannungsfeld
Der 6. November ist ein denkwürdiger Abend: In den USA wird gewählt und nur rund 24 Stunden später zerbricht in Deutschland die Ampel-Regierung. Und: Jens Spahn und Andreas Jung laden zur Vorstellung der neuen Energieagenda der Union. „Deutschland braucht eine neue Strategie für eine effektive und verlässliche Energiepolitik. Neben einer sauberen und sicheren Energieversorgung rückt insbesondere die Kostenfrage in den Mittelpunkt“, heißt es damals in der Einladung. Diese Energieagenda ist heute zentraler Bestandteil des Wahlprogramms.
Die Union plant zwar, den Kohleausstieg umzusetzen, Kohlekraftwerke sollen aber nur abgeschaltet werden, wenn ausreichend Alternativen im Netz vorhanden sind. Außerdem will die Union den Wiedereinstieg in die Atomkraft prüfen, obwohl kaum jemand noch wirklich an eine Rückkehr zur Atomenergie in Deutschland glaubt. Die politischen Risiken und Kosten sind zu hoch. Im Sinne des Klimaschutzes ist nukleare Energie aber kaum hilfreich und kann sogar kontraproduktiv sein, da die Debatte von den tatsächlichen Lösungen immer wieder ablenkt. Und auch um die Energiepreise zu senken eignet sich Atomenergie (insbesondere kurzfristig) nicht. Aber Atomenergie hat immer auch eine militärische Komponente und es kann durchaus sinnvoll sein, sich an der Forschung weiter zu beteiligen und zum Beispiel in Partnerschaft mit Frankreich insbesondere im Bereich der Kernfusion mitzuarbeiten.
Geht es nach der Union, soll der Markt den Klimaschutz steuern, und zwar über den CO2 Preis. Seit 2021 wird auf fossile Brennstoffe eine CO₂-Steuer erhoben, die jährlich steigt. Wer eine Tonne CO₂ ausstößt, muss seit dem Jahreswechsel 55 Euro zahlen, 10 Euro mehr als im vergangenen Jahr. Je höher der Preis, desto größer der Anreiz auf klimafreundliche Technologien umzusteigen. Und je höher der Preis, desto größer die Einnahmen für den Staat. Deutschland hat aus dem Verkauf von CO₂-Verschmutzungsrechten 2024 rund 18,5 Milliarden Euro eingenommen, die komplett in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließt. Die Union will mit diesen Mitteln die Netzentgelte und die Stromsteuer senken – und würde damit unkompliziert zur Senkung der Stromkosten beitragen. Kritiker warnen jedoch, dass die Senkung der Stromsteuer nicht automatisch zu niedrigeren Preisen für Verbraucher führt, sondern auch zu Mitnahmeeffekten. Sollte von den Einnahmen aus dem CO2-Preis noch etwas übrigbleiben, will die Union dieses Geld als pauschalen Klimabonus auszahlen. Ein wichtiges Mittel, auch für die Akzeptanz von Klimaschutz, an dem die Ampel zuletzt aber gescheitert ist.
Um die Kosten der Energiewende weiter zu senken, will die Union Freileitungen anstelle von teuren Erdverkabelungen bauen. Sogar Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat sich dafür ausgesprochen – die neuen Projekte betreffen aber auch vor allem Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.
Das sogenannte Heizungsgesetz kritisiert die Union als „bürokratisches Reinregieren in den Heizungskeller“ – und will es abschaffen. Zur Erinnerung: Es war die große Koalition, die das Gebäudeenergiegesetz ursprünglich eingeführt hatte. Die Rücknahme des Gesetzes in der jetzigen Form würde die Heizungsbauer erheblich treffen; viele haben sich bereits umorientiert. Und klar ist: Der Gebäudesektor bleibt eine der größten Herausforderungen für die Klimaziele Deutschlands. Ohne eine Wärmewende wird das nicht gelingen. Es ist davon auszugehen, dass es hier vor allem um Symbolpolitik geht, denn das GEG enthält inzwischen viele Elemente, die die Union selbst so umsetzen möchte.
Die Union spricht sich für die Beibehaltung einer Stromgebotszone und einen entschlossenen Netzausbau aus. Expertinnen wie die Wirtschaftsweise Veronika Grimm weisen jedoch darauf hin, dass eine Zweiteilung der Strompreiszonen Deutschland der Energiewende zugutekommen würde. Im Norden gibt es mehr günstigen Windstrom als im Süden. Wenn der mittlere Preis durch teuren Strom aus dem Süden zu hoch ist, werden die Windräder abgeschaltet, und wir kaufen den günstigen Windstrom aus Norwegen. Dies führt zu einer künstlichen Verknappung des Stromangebots und macht den Strom insgesamt in Europa teurer. Eine Zweiteilung könnte dieses Signal vermeiden und die deutschen Windkapazitäten besser ausschöpfen.
Neben Wind- und Solarenergie möchte die Union auch auf Biomasse und Geothermie setzen. Hier braucht es tatsächlich eine eindeutigere Definition und bessere gesetzliche Rahmenbedingungen.
Die Ladeinfrastruktur für E-Autos soll ausgebaut werden, jedoch sieht die Union darin nicht die alleinige Zukunft auf der Straße. Das Verbrenner-Verbot, das für 2035 Neuzulassungen in der EU verbietet, will die Union kippen. Im Sinne de Klimaschutzes ist das problematisch, denn Klimaneutralität bis 2050 (EU-Ziel) wird nicht erreichbar sein, wenn bis dahin noch Diesel oder Benzin auf den Straßen verbrannt wird. Auch der Großteil der Automobilindustrie wünscht sich hier ein klares Signal und Richtung E-Mobilität.
Unterm Strich hat sich die Union klar positioniert: Klimaschutzmaßnahmen dürfen die Wirtschaft nicht beeinträchtigen. Nach intensiven internen Diskussionen hat die Partei trotzdem beschlossen, sich zum Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu bekennen. Dieser Zeitrahmen ist entscheidend, um Deutschlands Beitrag zu den EU-Klimazielen zu leisten. Aber im Programm steht auch, dieses Ziel dürfe den „Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft“ nicht gefährden.
SPD: Soziale Gerechtigkeit als Leitlinie
Auch die SPD hat sich klar zu den Klimazielen Deutschlands und der EU bekannt. Sie betont, dass Klimaschutz sozial gestaltet werden muss. Die Spielräume dafür will die SPD, anders als die Union, durch eine Reform der Schuldenbremse schaffen und indem Milliardäre höher besteuert werden. Insgesamt betrachtet die SPD Klimaschutz als vordringlich staatliche Aufgabe, will aber „pragmatisch gestalten“. Der Staat soll die Rahmenbedingungen schaffen, damit die klimafreundliche Alternative für Bürgerinnen und Bürger besser, bequemer und günstiger wird.
Ein zentrales Element ihrer Strategie ist das angekündigte Klimageld, das Geringverdiener von den finanziellen Belastungen durch CO₂-Preise entlasten soll.
Statt „Wärmepumpen in jedem Haus“ setzt die SPD auf zentrale Wärmenetze, um Endverbraucher vor hohen Umbaukosten zu schützen. Diese öffnen aber Tür und Tor für willkürliche Preissetzung, deswegen will die SPD eine bundesweite Preisaufsicht für Fernwärme einsetzen. Ärmeren Haushalte sollen mit Heiz-Mietmodelle (soziales Wärmepumpen-Leasing) bei der Wärmewende unterstützt werden.
Außerdem sollen Dorfgemeinschaften und Kommunen mehr Möglichkeiten erhalten, an Wind- und Photovoltaikanlagen beteiligt zu werden. Dies könnte die Akzeptanz der Energiewende erhöhen und die Bürger aktiv in den Prozess einbeziehen.
Mit den Autobauern wollen sich die Sozialdemokraten aber nicht anlegen. Hier zeigt die SPD eine nachsichtige Haltung gegenüber den deutschen Herstellern. Diese sollen keine Strafen zahlen müssen, wenn sie die Brüsseler CO2-Flottengrenzwerte nicht einhalten. Das bedeutet, dass alle neu zugelassenen Autos eines Herstellers straffrei im Schnitt mehr Abgase ausstoßen dürfen als vereinbart. Klimaziele im Verkehr will die SPD etwa über ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen erreichen. Das Deutschlandticket soll bestehen bleiben, um den öffentlichen Nahverkehr zu fördern.
Die Grünen: Klimaschutz als Sicherheitsfrage
Auch bei den Grünen steht im Moment „Bezahlbarkeit“ noch vor „Klimaschutz“. Trotzdem zieht sich letzteres durch das gesamte Programm. Sie betrachten die Klimakrise als eines der größten Sicherheitsrisiken des 21. Jahrhunderts. Insgesamt setzen die Grünen dabei stärker auf Ordnungsrecht und Förderinstrumente. Ein zentrales Ziel ist beispielsweise die Etablierung von sogenannten Leitmärkten für klimafreundlich hergestellten Zement und Stahl in Europa. Damit könnte man diese Industrien in Deutschland halten – es bräuchte aber starke Kontrollmechanismen, damit ein solcher Markt funktioniert.
Im Verkehrsbereich wollen die Grünen den Kauf und das Leasing von E-Autos sozial ausgewogen unterstützen und halten am Verbrenner-Aus ab 2035 fest. Gleichzeitig sollen die Flottengrenzwerte der EU beibehalten werden, wobei die Partei vorschlägt, etwaige Strafzahlungen für deutsche Autohersteller zeitlich zu strecken. Die Forderung nach einem Tempolimit auf Autobahnen ist genauso wenig neu, wie die Förderung des ÖPNV.
Auch die Grünen sprechen halten den Emissionshandel für ein entscheidendes Instrument. Einen Großteil der Einnahmen wollen sie als „sozial gestaffeltes Klimageld“ an Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen zurückgeben. Etwas, woran Robert Habeck zuletzt gescheitert war – auch weil das Geld aus dem KTF gebraucht wurde, um die die Löcher im Haushalt zu stopfen. Fraglich, wann sich das ändern wird.
Die Energiewende wollen die Grünen mit Fördermitteln weiter beschleunigen. Bis 2035 soll Strom komplett klimaneutral hergestellt werden. Dies sei jedoch nur möglich, wenn enorm in Netzausbau, Speicher und Biogaskraftwerke investiert wird, die mit Abfall- und Reststoffen betrieben werden. Anders als die Union, die den Wiedereinstieg in die Atomkraft diskutiert, halten die Grünen am Atomausstieg fest.
Schwammig bleiben die Grünen dagegen beim Gasausstieg. Schrittweise soll die Nutzung reduziert werden, neue Gasfelder (etwa vor Borkum) lehnen die Grünen ab. Man wolle einen „Plan für eine Gasunabhängigkeit“ vorlegen, dabei aber die Auswirkungen auf die Gesellschaft berücksichtigen. Auf einen Gasausstieg bis 2035, den die Klimawissenschaft fordert, konnten sich die Grünen allerdings nicht einigen. Und auch die Grünen sprechen sich nun dafür aus, Kohlendioxid abzuscheiden und zu speichern (CCS). Die LNG Infrastruktur, die insbesondere Robert Habeck massiv ausgebaut hat, soll regelmäßig überprüft werden, um Lock-in Effekte zu vermeiden.
FDP: Marktmechanismen im Fokus
Die FDP setzt im Kampf gegen die Erderwärmung auf den „Entwicklergeist“ von Unternehmen und Ingenieuren. Anders als Union, Grüne und SPD wollen die Liberalen das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 kippen, mit dem Argument, sich an das EU-Ziel anzupassen. Das hieße Klimaneutralität bis 2050. Problematisch daran: Deutschland leistet mit dem früheren Ziel seinen Anteil an den EU-Klimazielen. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist die Energiewende hier weiter fortgeschritten und außerdem sind wir der größte Emittent von CO2 in Europa.
Ein klares Bekenntnis der FDP ist die Ablehnung eines Tempolimits. Stattdessen möchte die Partei die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ausbauen, jedoch ohne Kaufprämien für E-Autos einzuführen. Das sogenannte Verbrenner-Aus würde die FDP am liebsten revidieren, nachdem sie auf EU-Ebene mit dem Abstimmverhalten schon ordentlich für Chaos gesorgt hat. Ein Auto, das mit E-Fuels betrieben wird, braucht allerdings etwa fünf Mal so viel Strom wie ein E-Auto. E-Fuels sind zudem knapp und werden dringender in anderen Bereichen, zum Beispiel im Flug- und Schiffsverkehr und in der chemischen Industrie gebraucht. Wer nach 2035 noch mit Diesel oder Benzin betriebene Autos verkaufen möchte, nimmt also in Kauf, dass die EU-Klimaziele nicht erreicht werden, da viele dieser Fahrzeuge mehr als 15 Jahre lang auf den Straßen bleiben dürften.
Noch stärker als die Union setzen die Freien Demokraten auf den Emissionshandel und die CO₂-Bepreisung als entscheidende Anreize für den Klimaschutz. Die Frage der sozialen Abfederung und damit auch der Akzeptanz der Bevölkerung bleibt offen.
Um Energiepreise in Deutschland zu senken, wollen die Liberalen zudem auf heimische Gasförderung, zum Beispiel vor Borkum oder durch Fracking-Methoden setzen. Auch hier befürchten Klima- (und Umweltschützer) einen Lock-in Effekt, da nicht nur die Gasindustrie ein Interesse hätte, möglichst lange an neuen Gasfeldern zu profitieren.
AfD: Radikale Ablehnung des Klimaschutzes
„Windräder der Schande“ – ein viel diskutiertes Zitat von Alice Weidel auf dem AfD-Parteitag, das zum Programm passt. Die AfD leugnet den menschengemachten Klimawandel und spricht von „Klimahysterie“. Sie fordert einen Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen und eine Rückkehr zu fossilen Brennstoffen. Ein zentrales Element des Wahlprogramms der AfD ist die Ablehnung des Ausbaus erneuerbarer Energien, insbesondere der Windenergie und der Installation von Solarmodulen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Stattdessen setzt die AfD auf eine Rückkehr zur Atomkraft und will die Nord-Stream-Pipelines wieder nutzen, um günstiges Gas aus Russland zu beziehen und somit die Energiepreise zu senken.
Die AfD behauptet, der Klimawandel habe vor allem positive Auswirkungen. CO2 helfe zum Beispiel bei der Bekämpfung des Welthungers, heißt es im Programm. Tatsächlich kann CO2 eine düngende Wirkung auf Pflanzenwachstum haben. Diese wird allerdings durch die zunehmende Trockenheit, Hitze und immer mehr Extremwetterereignisse mehr als zunichte gemacht.
Die Linke: Soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz
Die Linke setzt auf staatliche Förderungen und Infrastrukturprogramme, um die Klimaziele zu erreichen, und strebt sogar eine Klimaneutralität bis 2040 an. Superreiche sollen dabei mehr zum Klimaschutz beitragen. Sie hält am Kohleausstieg bis 2030 fest und plant auch den Abschied von Erdgas. Ein zentrales Anliegen ist die Reduzierung des Energieverbrauchs sowie die Steigerung der Energieeffizienz. Auch beim Atomausstieg geht die Linke weiter als alle anderen Parteien und fordert dafür sogar einen europaweiten Plan.
Bei der Forderung nach einem Klimageld geht die Linke am weitesten: Ab Januar 2025 soll es eine Direktzahlung von zunächst 320 Euro pro Jahr geben, die danach an die Entwicklung des CO₂-Preises angepasst wird. Zudem sollen Reiche einen Energie-Soli zahlen. Die Linke kritisiert das bestehende Heizungsgesetz als „sozial unausgewogen“ und fordert eine umfassende Förderung von bis zu 100 Prozent der Umbaukosten, die nach Einkommen gestaffelt sein soll. Entscheidend ist hier die Ausgestaltung des Instruments, da die Förderung in Deutschland bislang auch dazu geführt hat, dass Wärmepumpen hierzulande deutlich teurer sind als im europäischen Ausland.
Auch die Linke will ein Tempolimit. Zusätzlich möchte sie das Dienstwagenprivileg abschaffen und für „große, schwere Autos“ sollen höhere Kfz-Steuern fällig werden. Um den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr zu fördern, plant die Partei die Wiedereinführung des Neun-Euro-Tickets und möchte die Pendlerpauschale durch ein Mobilitätsgeld ersetzen, das für verschiedene Verkehrsmittel eingesetzt werden kann.
Für die Linke sind es vor allem die Superreichen, die die Verantwortung für den Klimaschutz übernehmen sollen. Privatjets und Megayachten will sie verbieten. Und es stimmt: Die 10 Prozent reichsten Deutschen stoßen fast ein Drittel der Emissionen aus. Trotzdem ist die Akzeptanz für Verbote und eine höhere Besteuerung in der Gesellschaft typischerweise gering. Wer aus Klimaschutz einen Gesellschaftskampf macht, könnte der Sache am Ende mehr schaden als nutzen.
Klimapolitisch geht die Linke in vielen Aspekten am konsequentesten vor. Ein Wachstumspaket für die Wirtschaft ist das aber nicht. Für den globalen Klimaschutz ist es allerdings von zentraler Bedeutung, dass die Transformation im Industrieland Deutschland gelingt. Viele Länder dürften sich daran ein Beispiel nehmen. Da Deutschland heutzutage nur noch einen geringen Anteil an den globalen Emissionen hat, ist vor allem die Signalwirkung und der damit verbundene technologische Fortschritt entscheidend.
Bündnis Sarah Wagenknecht
Das Bündnis Sarah Wagenknecht sieht im Klimawandel zwar eine „ernste Herausforderung“, erkennt jedoch offenbar keine Notwendigkeit, diese in Deutschland konsequent anzugehen. Das Ziel, bis 2045 völlig klimaneutral zu werden, sei „Wunschdenken“. Die Partei will deshalb fossile Energieträger weiterhin nutzen und das „Heizungsgesetz“ kippen.
Den Ausbau von Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland sieht das BSW aufgrund der enormen Kosten kritisch. Stattdessen sollen in Regionen mit hohem Strombedarf regionale Gaskraftwerke gebaut werden. Gleichzeitig soll die Regierung die günstige Gasversorgung durch langfristige Verträge sicherstellen, wozu auch die Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines für russisches Erdgas zählt. Alles, was Energie günstiger gemacht, soll genutzt werden. Auch erneuerbare Energien wie Photovoltaik, Windkraft und Biomasse sollen ausgebaut und gefördert werden.
Den Emissionshandel will das BSW globalisieren oder aussetzen, da er sonst Wettbewerbsnachteile für Europa bringe. Dass die Förderung von Klimatechnologien und die Verfügbarkeit von Erneuerbaren Energien aus Sicht vieler Ökonomen ein entscheidender Standortvorteil für Europa ist, wird hier völlig außer Acht gelassen.
Im Verkehr betont das BSW die Rolle des Autos als wichtigstes Transportmittel; es müsse technologieoffen und bezahlbar sein. Das Verbrenner-Aus soll abgeschafft werden. Stattdessen soll ein „Volksleasing“ Anreize für den Kauf innerhalb der EU produzierter E-Autos und sparsamer Verbrenner fördern. Gleichzeitig spricht sich das BSW für den Erhalt des Deutschlandtickets und eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs aus.
Fazit
Es geht voran beim Klimaschutz in Deutschland – aber es geht nicht schnell genug. Das ist die Bilanz des Zweijahres-Gutachtens, das der Expertenrat im Auftrag der Bundesregierung gerade erstellt hat. Ähnliches gilt auch für die Betrachtung der Wahlprogramme: Es steckt einiges drin, aber insgesamt werden die Programme der bevorstehenden Herausforderung nicht gerecht.
Die große Trennlinie verläuft entlang der Frage, wie die Lasten der Transformation verteilt werden sollen und ob Marktmechanismen allein ausreichen. Dabei sollten Klimaschutz und Wirtschaftswachstum nicht gegeneinander ausgespielt werden, ansonsten ist die Akzeptanz vieler Maßnahmen massiv gefährdet.
Kaum betrachtet werden in den Programmen zudem die massiven Kosten, die bevorstehen, wenn der Klimaschutz nicht gelingt. Wetterextreme zerstören schon heute Milliardenwerte. Und es sind vor allem demokratische Prinzipien, die unter der Klimakrise leiden. Klimaschutz muss auch als Demokratieschutz betrachtet werden.