"Zuhören und verstehen"

p&k: Herr Urchs, ein Kapitel in Ihrem Buch „Digitale Aufklärung“ trägt den Titel „Jeder ist Pressesprecher“. Sind Status-Updates auf Facebook nichts anderes als die moderne Form der Pressemitteilung?

Ossi Urchs: Wenn sie in einem kommerziellen oder politischen Zusammenhang gemacht werden, sicherlich. Wo die Parteien früher Pressemitteilungen per Brief und Fax verschickt haben, ist es heute der sinnvollere und wirtschaftlichere Weg, das über Twitter zu tun oder eine Diskussion über Facebook zu führen. Die beiden Plattformen lassen sich natürlich wunderbar miteinander verbinden. Mit der Vernetzung kann man Zielgruppen auf unterschiedliche Art ansprechen.

Eignet sich jede Nachricht für alle Netzwerke?

Es kommt sehr auf den Inhalt an. Wenn es um aktuelle Informationen geht, die ich über Twitter verbreiten möchte, muss ich sie knapp und präzise formulieren. Wenn ich aber ein Thema diskutieren und debattieren möchte, eignet sich dazu Facebook sicherlich besser. Man muss also die Eigenheiten der Plattform, aber natürlich auch die Interessen der Nutzer berücksichtigen. Wenn man die Plattform verstanden hat und ihre spezifischen Regeln beachtet, kann man nicht viel verkehrt machen.

Dennoch wird Politikern oft nachgesagt, dass sie die Regeln der digitalen Kommunikation nicht verinnerlicht haben.

Gerade Politiker verstehen oft nicht den Unterschied zwischen den sozialen Medien und herkömmlichen Massenmedien. Viele sehen sich immer noch als Verlautbarer, die einen Inhalt rausgeben und darauf hoffen, dass man ihnen zuhört und glaubt. Das ist grundsätzlich verkehrt. In den sozialen Medien geht es darum, zuzuhören und zu verstehen, was die Nutzer eigentlich bewegt. Erst dann kann man mit eigenen Vorschlägen darauf reagieren.

Politiker, die in der Öffentlichkeit stehen, nutzen soziale Netzwerke manchmal auch privat. Ist das sinnvoll?

Wenn man das möchte, gibt es natürlich verschiedene Einstellungen, die das erleichtern. Dort kann man festlegen, ob man ein bestimmtes Bild allgemein zugänglich machen oder ob man es nur mit Freunden teilen will. In einer solchen Situation sollte man auch immer überlegen, ob man will, dass diese Bilder allgemein zugänglich sind. Politiker, die diese Medien privat nutzen, müssen sich immer fragen: Könnte das für meine Follower überhaupt interessant sein?

Gibt es Inhalte, die man grundsätzlich nicht teilen sollte?

Ich glaube, es gibt nichts, dass man auf sozialen Netzwerken überhaupt nicht verbreiten sollte. Aber man muss sich immer genau überlegen, an wen man es verbreitet. Nicht jede Nachricht ist für jeden Kontakt geeignet. Es gibt eine einfache Richtschnur auch für Kommunikation in den sozialen Medien. Das ist die direkte persönliche Kommunikation. Jeder weiß, dass es etwas anderes ist, sich mit Freunden in einer Kneipe zu unterhalten, als mit Kollegen am Arbeitsplatz oder mit Parteigenossen in einer Sitzung. Es gilt, diese Erfahrung auf die digitalen Plattformen zu übertragen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Bleibt alles anders? – Die Kampagnentrends 2014. Das Heft können Sie hier bestellen.