Filmreifes Deutschland

Jede größere Firma hat ihn, den Imagefilm. Ob Messeauftritt oder eigene Webseite: Die Werbung für sich selbst ist längst Teil der Markenstrategie. Auch Nationalstaaten sind seit einigen Jahren auf den Geschmack gekommen und präsentieren sich vermehrt im Kinoformat. Geschickt eingesetzt, sind solche Filme wirkungsvolle Instrumente einer Public Diplomacy, die Interesse am Land weckt und Sympathien einwirbt.

Für Deutschland war die Fußballweltmeisterschaft 2006 Initialzündung einer großangelegten filmischen Werbekampagne. „Willkommen in Deutschland – Land der Ideen“ warb mit schönen Landschaftsaufnahmen und prominenten Fürsprechern wie Oliver Bierhoff und Heidi Klum. Nun hat das Auswärtige Amt diesen Film grundlegend überarbeiten lassen. Wieder von der Kölner Produktionsfirma Broadview TV, die schon für den Vorläufer verantwortlich war. Die neue Fassung mit dem Titel „Deutschland – das Land für Ihre Ideen“ stellt das Land als attraktiven Ort zum Leben und Arbeiten dar, nicht zuletzt für hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland. Die Zielgruppe bleibt, allerdings lautet die Botschaft jetzt: Man kann bei uns nicht nur Urlaub machen oder mit uns Handel treiben, man ist auch herzlich eingeladen, hier zu studieren, zu arbeiten und sich auf Dauer daheim zu fühlen.

Der sechsminütige Film setzt auf eine dokumentarische Ästhetik. Er zeigt die Lebenswelten von Deutschen und in Deutschland lebenden Ausländern, die authentisch von Deutschland erzählen. Wir lernen eine russische Mathematikprofessorin im Lehrsaal der Humboldt-Universität kennen, begleiten eine brasilianische Ingenieurin auf ihrem Rundgang durch ein Plus-Energiehaus, schauen ins Atelier eines Künstlers im Schwarzwald und folgen einem japanischen Forscher zunächst in das Labor eines deutschen Chemiekonzerns – und danach in die Betriebskita. Mit seinem neuen Ansatz, Deutschland nicht als Reiseland, sondern als Ort für berufliche und private Selbstverwirklichung zu präsentieren, geht Deutschland einen Sonderweg im internationalen Vergleich.

So existieren von vielen westlichen Nationen lediglich Imagefilme, die im Wesentlichen eine touristische Klientel ansprechen, wie etwa die Filme von Polen, Schweden und Australien. Schwedens „Sweden – Open Skies, Open Minds“ verzichtet gänzlich auf Text und lässt Landschafts- und Städteaufnahmen für sich sprechen. Mit „Polska“ setzt das polnische Außenministerium auf umfangreiche Informationen aus dem Off. Und die „Where the bloody hell are you“-Kampagne Australiens versucht neben atemberaubenden Landschaftsaufnahmen einen humorvollen Tonfall anzuschlagen – was international eine lebhafte Diskussion auslöste: Filmsprache und Sehgewohnheiten zwischen den Kulturen unterscheiden sich eben oft stark.

Deutschlands neue Strategie bettet sich in ein multikanaliges Kommunikationskonzept. „Zu den Kommunikationsaufgaben des Auswärtigen Amts gehört auch die Vermittlung eines zeitgemäßen Deutschlandbildes im Ausland. Der neue Image-Film soll dazu einen Beitrag leisten“, sagt der Sprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Peschke. Angesiedelt im Auswärtigen Amt, im Referat für Auslandskommunikation der Abteilung für Kultur und Kommunikation, setzt man verstärkt auf Social Media. Neben dem Handbuch „Tatsachen über Deutschland“, dem „Magazin Deutschland“ und zahlreichen von der dpa produzierten Kurzfilmen zu Land und Leuten, geschieht das hauptsächlich über die Webseiten und facebook-Auftritte der Auslandsvertretungen, den frisch relaunchten Internetauftritt www.deutschland.de und den neuen Youtube-Kanal des Auswärtigen Amts.

Mit dem Film ging man auch ein neuen Weg der Feinanpassung: Bei den Veranstaltungen zum 3. Oktober in den deutschen Botschaften und Konsulaten wurde bereits der alte Imagefilm regelmäßig gezeigt. Ausgewählte Botschafter großer Vertretungen können den Film nun individueller gestalten und ihm ein persönliches Grußwort beifügen. Durch die erneute Anbindung an die gemeinsame Initiative von Wirtschaft und Bundesregierung „Land der Ideen“ verspricht man sich außerdem eine große Verbreitung bei deutschen Firmen im Ausland, die so als Multiplikatoren in Sachen Deutschlandbild wirken. Und: Ein weiterer Verbreitungsweg könnte das Inflight-Entertainment großer Fluggesellschaften sein – für den Landeanflug auf das Land der Ideen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Minilobbyisten – Kleinstverbände im Porträt. Das Heft können Sie hier bestellen.