Wir? Dienen? Deutschland?

Kolumne

Deutschlands Verteidigungsfähigkeit ist zurück auf der politischen Agenda. In Zeiten globaler Unsicherheit wird auch hierzulande wieder diskutiert, ob ein Wehrdienst eingeführt werden soll – und wenn ja, ob freiwillig oder verpflichtend. 

Im Koalitionsvertrag schlagen Union und SPD vor, dass der Dienst freiwillig bleiben soll. Doch die Bevölkerung ist gespalten: Jeweils knapp die Hälfte hält das Prinzip der Freiwilligkeit für richtig beziehungsweise falsch.

Grafik Civey

Deutlicher fällt das Meinungsbild bei der allgemeinen Wehrpflicht aus: Rund zwei Drittel sprechen sich dafür aus – für Männer und Frauen in Uniform. Mehr als ein Jahrzehnt nach ihrer Aussetzung ist die Idee eines verbindlichen gesellschaftlichen Beitrags offenbar wieder anschlussfähig. Doch eine Rückkehr zur Wehrpflicht wäre nicht nur ein politischer Kraftakt, sondern auch eine verfassungsrechtliche Herausforderung – keine bloße Fußnote.

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Wer über Wehrdienst spricht, sollte jene hören, die ihn erlebt haben. Ehemalige Wehrdienstleistende wissen aus erster Hand, was dieser Dienst bedeutet – körperlich, mental, gesellschaftlich. Eine Civey-Erhebung zeigt: Rund 80 Prozent dieser Gruppe blicken positiv auf ihre Dienstzeit zurück. Das ist bemerkenswert – zeigt es doch, dass der Wehrdienst im Rückblick oft als prägende Lebenserfahrung wahrgenommen wird, trotz aller Härten.

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Doch die Diskrepanz zwischen Erinnerung und Gegenwart wird deutlich, wenn es konkret wird: Nur etwas mehr als 40 Prozent wären bereit, im Fall eines militärischen Angriffs auf einen NATO-Partner erneut in der Bundeswehr zu dienen. 

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Wer den Wehrdienst reformieren und die Verteidigungsfähigkeit stärken will, muss nicht nur Strukturen modernisieren, sondern Erwartungen klären. Wer fordert, dass Menschen im Ernstfall ihr Leben einsetzen, muss darlegen, wofür – und mit welcher Unterstützung sie rechnen können. Verteidigung ist nicht nur Aufgabe der Streitkräfte, sondern eine gesamtgesellschaftliche Frage – von zivilem Engagement bis zur Resilienz kritischer Infrastrukturen. Nicht alle werden Uniform tragen. Aber alle sollten sich fragen: Was bin ich bereit, beizutragen? In einer Zeit, in der Sicherheit nicht mehr selbstverständlich ist, entscheidet sich an dieser Frage auch, wie viel Zusammenhalt unsere Gesellschaft noch hat. 

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