Im Mai war ich beim OMR in Hamburg – Online Marketing Rockstars Festival 2023 – womit sicherlich die Timeline eines jeden auf Linkedin geflutet wurde. Wer es nicht kennt: Das OMR ist eine Digitalkonferenz mit 70.000 Besuchern.
Ich weiß, es ist schon alles gesagt zu dem Thema, aber eine kleine letzte Sache möchte ich dennoch in die Richtung politischer Kommunikator/innen schicken:
Politische Kommunikation findet dort nicht statt.
Deshalb ist meine heutige Kolumne ein Appell an jeden und jede, die dies aus dem politischen Berlin mitliest. Wo findet politische Kommunikation nicht statt? Das würde ich gerne an drei Punkten festmachen:
1. Auf den Panels
Beim OMR gab es ein einziges Panel zum Thema: „Politik und Medien in der Aufmerksamkeitsökonomie: Wie man junge Zielgruppen bei gesellschaftspolitischen Debatten erreicht“.
Teilnehmer waren Lilly Blaudszun (SPD), Philip Husemann (Join Politics) und Anja Reschke (NDR). Keine einzige konservative oder liberale Stimme war vertreten. Dabei lag das Thema doch auf der Hand. Mit nur einer parteipolitischen Vertreterin lässt sich keine Diskussion über politische Kommunikation führen, jedenfalls keine praxisnahe.
2. Bei den Social-Media-Plattformen
Da ich aktuell sehr neugierig bin, was Tiktok angeht, habe ich mich an dem Stand mit einem dortigen Vertreter unterhalten. Ich wollte wissen, wie politische Organisationen auf Tiktok erfolgreich sein können. Er entgegnete mir relativ kurz angebunden: Gar nicht.
Nach einigen Fragen stellte sich heraus: „Gar nicht“ bezieht sich darauf, dass politische Inhalte nicht von der Plattform unterstützt werden. Auch ist der Algorithmus kein Fan von politischen Themen. Werbeanzeigen sind nicht möglich.
Diese Entwicklung merkt man derzeit auf Facebook und Instagram, wo die Werberichtlinien auch weiterhin verschärft werden. Es verfestigt sich meine These, dass Profile von Parteien immer größere in den Weg gelegt bekommen, über Social Media groß zu werden. Hingegen können es Politiker/innen noch über die Schiene der Personalisierung und über das Community Building schaffen. Dasselbe gilt für Unternehmens-Accounts und CEO-Accounts.
3. Im Werbemarkt
Damit schließt sich auch der Werbemarkt an und all das, wie digitales Marketing heutzutage funktioniert: Es bildet sich derzeit eine völlig neue Creator Economy heraus, bestehend aus Carmen Kroll (Carmushka), Jeremy Fragrance, Lena Gercke, Lisa-Marie Schiffner, die alle ihre eigenen Social-Media-Profile und ihre Reichweite nutzen, um eigene Produkte und Werbekooperationen zu verkaufen.
Dass dabei Jahresumsätze von mehreren Millionen Euro von relativ kleinen Teams erwirtschaftet werden, ist längst gang und gäbe.
Daher meine Fragen an die Politik:
- Wo werden diese Themen besprochen?
- Wo wird erkannt, dass die Medienökonomie sich derzeit völlig verändert?
- An welchen Stellen werden große Creator, wie Herr Anwalt, Steuer Fabi und Carmushka… wirklich ernst genommen?
Meine Fragen an Public-Affairs-Vertreter:
- Cut the bullshit: Wie wird Luisa Neubauer entgegnet, die auf der OMR-Bühne aufruft, zu kündigen und dabei die Hauptsponsoren vom OMR zerlegt?
- Wie werden Themen wie Nachhaltigkeit und CSR mit politischer Arbeit verknüpft, um auch langfristig Arbeitsplätze zu sichern?
Aktuell ist es wichtiger denn je, dass politische Organisationen sich dieses Themas annehmen, um Veränderungen einordnen zu können.
Es wird nicht mehr die eine Medienorganisation geben. Für den Journalismus mag das vielleicht noch ein wenig so gelten, aber neben den großen Verlagen entstehen immer mehr unabhängige Creator und kleine Medienhäuser/Agenturen mit wahnsinnigem Einfluss. Dieser Einfluss wird nicht nur bei Kaufentscheidungen geltend gemacht, sondern auch bei gesellschaftspolitischen Themen. Verschließt davor nicht die Augen!
Best,
Theresa